Europäische Kommission: 2023 soll "Europäisches Jahr der Kompetenzen" werden

Verstärkte, wirksamere und inklusiv ausgerichtete Investitionen in die Aus- und Weiterbildung – Neue Impulse zur Förderung des lebenslangen Lernens – Vizepräsidentin der Kommission, Margrethe Vestager: "Das Europäische Jahr wird uns gezielt dabei helfen, die Lernkompetenz der Menschen zu fördern "

2023 European Year of Skills

Die Europäische Kommission hat am 12. Oktober 2022 den Vorschlag veröffentlicht, 2023 zum "Europäischen Jahr der Kompetenzen" zu machen. Der Vorschlag folgt auf eine entsprechende Ankündigung von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihrer diesjährigen "Rede zur Lage der Union" (SOTEU). Die Maßnahmen zielen darauf ab, dem Fachkräftemangel in Europa entgegenzuwirken.

In Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament, den Mitgliedstaaten, Sozialpartnern und Stakeholdern sollen dem lebenslangen Lernen neue Impulse verliehen werden:

  • Förderung von Investitionen in die Aus- und Weiterbildung,
  • Gewährleistung arbeitsmarktrelevanter Kompetenzen,
  • Abstimmung der Ziele, Wünsche und Kompetenzen der Bürgerinnen und Bürger auf die auf dem Arbeitsmarkt gebotenen Chancen,
  • Anwerbung von Drittstaatsangehörigen mit den in der EU benötigten Kompetenzen.

"Wir haben uns Ziele gesetzt, nun müssen wir zur Tat schreiten"

Die für das Ressort "Ein Europa für das digitale Zeitalter" zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin, Margrethe Vestager, erklärte dazu: "Kompetenzen sind eine wesentliche Voraussetzung, wenn wir die Technologie zielgerichtet einsetzen wollen. Wir als Bürgerinnen und Bürger benötigen die entsprechenden Kenntnisse, um die digitalen Aspekte unseres Lebens – etwa die Bezahlung von Rechnungen, die Beantragung von Parkausweisen und so weiter – bewältigen zu können. Damit technologische Lösungen, die uns in unserem Alltag helfen, entwickelt werden können, braucht es Fachwissen. Wir haben uns Ziele gesetzt, nun müssen wir zur Tat schreiten. Das Europäische Jahr wird uns gezielt dabei helfen, die Lernkompetenz der Menschen zu fördern."

Der für die "Förderung unserer europäischen Lebensweise" zuständige Vizepräsident der Kommission, Margaritis Schinas, ergänzte: "Unsere Union ist ein weltweit einzigartiger Raum der Freiheit, der Werte, der Chancen und der Solidarität. Die Anwerbung von Menschen mit den in der EU nachgefragten Kompetenzen, unter anderem durch eine leichtere Anerkennung ihrer Qualifikationen, wird eine zentrale Priorität des 'Europäischen Jahres der Kompetenzen' sein. Außerdem können in Europa erworbene Kompetenzen auf andere Länder übertragen werden, und Europa kann eine wichtige Rolle dabei spielen, dass Wissen und neue Kenntnisse dorthin gelangen, wo sie am dringendsten benötigt werden."

60 Prozent der Erwachsenen in Europa sollen an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen

Nach Angaben der Kommission sind aktuell 75 Prozent der Unternehmen in der EU mit Schwierigkeiten bei der Suche nach qualifizierten Arbeitskräften konfrontiert. Der Anteil der erwachsenen Bevölkerung, welche sich regelmäßig weiterbildet, liegt laut Daten von Eurostat (Statistisches Amt der EU) bei nur 37 Prozent. 4 von 10 Erwachsenen und jede dritte Arbeitskraft in Europa verfügen laut dem diesjährigen Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI) nicht über grundlegende digitale Kompetenzen.

Um diesen Umständen entgegenzuwirken, haben sich die Mitgliedstaaten zum sozialpolitischen Ziel gesetzt, dass bis 2030 jedes Jahr mindestens 60 Prozent der Erwachsenen an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen sollten, und bereits ihren nationalen Beitrag zur Erreichung dieses Ziels vorgelegt. So soll auch das Ziel einer Beschäftigungsquote von mindestens 78 Prozent bis 2030 erreicht werden. Im Digitalen Kompass 2030 ist das EU-Ziel festgehalten, dass bis zum Jahr 2030 mindestens 80 Prozent aller Erwachsenen über grundlegende digitale Kompetenzen verfügen und in der EU 20 Millionen Fachkräfte im Bereich Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) beschäftigt sein sollten. Gleichzeitig sollen mehr Frauen in diesem Sektor tätig sein.

"Europäisches Jahr der Kompetenzen" 2023: Konkrete Vorschläge zur Kompetenzentwicklung

Vor diesem Hintergrund schlägt die Kommission im Rahmen des "Europäischen Jahrs der Kompetenzen" 2023 vor, in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament, den Mitgliedstaaten, den Sozialpartnern, öffentlichen und privaten Arbeitsvermittlungsstellen, Industrie- und Handelskammern, Einrichtungen der allgemeinen und beruflichen Bildung, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Unternehmen, dem lebenslangen Lernen neue Impulse zu verleihen.

Die Vorschläge zielen ab auf:

  • die Förderung verstärkter, wirksamerer und inklusiver ausgerichteter Investitionen in die Aus- und Weiterbildung, um das volle Potenzial der Arbeitskräfte in Europa zu nutzen und die Bürgerinnen und Bürger beim Übergang von einem Arbeitsplatz zum nächsten zu unterstützen,
  • die Gewährleistung arbeitsmarktrelevanter Kompetenzen, auch in Zusammenarbeit mit Sozialpartnern und Unternehmen,
  • die Abstimmung der Ziele, Wünsche und Kompetenzen der Menschen auf die auf dem Arbeitsmarkt gebotenen Chancen – insbesondere diejenigen, die sich aus dem ökologischen und dem digitalen Wandel und der wirtschaftlichen Erholung nach der Covid-19-Pandemie ergeben. Ein besonderer Schwerpunkt soll darauf liegen, mehr Menschen, insbesondere Frauen und junge Menschen und vor allem diejenigen, die weder arbeiten noch eine Schule besuchen oder eine Ausbildung absolvieren, auf den Arbeitsmarkt zu bringen,
  • die Anwerbung von Drittstaatsangehörigen mit den in der EU benötigten Kompetenzen, unter anderem durch bessere Lernangebote, die Stärkung der Mobilität sowie die leichtere Anerkennung von Qualifikationen.

Um diese Ziele zu verwirklichen, möchte die Kommission gezielt Weiterbildungs- und Umschulungsmöglichkeiten fördern. Zusätzliche sollen EU-weite Veranstaltungen und Sensibilisierungskampagnen organisiert werden, um für Best Practice-Sharing und Erfahrungsaustausch der Weiterbildungs- und Umschulungspartner zu werben. Des Weiteren soll das "Europäische Jahr der Kompetenzen" auch dazu beitragen, Instrumente zur Erfassung von Daten über Kompetenzen sowie Instrumente für mehr Transparenz und eine einfachere Anerkennung von – auch außerhalb der EU erworbener – Qualifikationen weiterzuentwickeln.

Die nächsten Schritte

Nach Annahme durch die Kommission erörtern das Europäische Parlament und der Rat den Vorschlag unter Berücksichtigung der Stellungnahmen des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, eine nationale Koordinatorin beziehungsweise einen nationalen Koordinator für das "Europäische Jahr der Kompetenzen" zu benennen, um die Koordinierung der Tätigkeiten auf nationaler Ebene zu gewährleisten.

Hintergrund: Europäisches Jahr der Kompetenzen 2023

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte in ihrer "Rede zur Lage der Union" am 14. September 2022 vorgeschlagen, 2023 zum auf die Aus- und Weiterbildung ausgerichteten "Europäischen Jahr der Kompetenzen" zu machen, mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu stärken, Investitionen gezielter auszurichten, mit Unternehmen zusammenzuarbeiten und diese Notwendigkeiten besser mit den Zielen und Wünschen der Menschen in Einklang zu bringen sowie Talente für Europa zu gewinnen. Der Vorschlag für ein "Europäisches Jahr der Kompetenzen" ist auch in der Absichtserklärung zur "Lage der Union" als Initiative für 2023 angeführt.

Das "Europäische Jahr der Kompetenzen" 2023 kann auf bereits laufenden EU-Initiativen zur Förderung der Kompetenzen und des Kompetenzerwerbs aufbauen. Dazu zählen unter anderem die "Europäische Kompetenzagenda", der "Kompetenzpakt", der "EU-Talentpool", die neue "Europäische Innovationsagenda", die neue "Europäische Hochschulstrategie", die "Europäische Plattform für digitale Kompetenzen und Arbeitsplätze" sowie die "EU-Koalition für digitale Kompetenzen und Arbeitsplätze".

Um die Investitionen der Mitgliedstaaten in Weiterbildung und Umschulung zu fördern, stehen EU-Mittel sowie technische Unterstützung zur Verfügung. EU-Mittel und EU-Unterstützung für Investitionen in Kompetenzen werden unter anderem durch den "Europäischen Sozialfonds Plus" (ESF+) mit einem Budget von 99 Milliarden Euro für den Zeitraum 2021 bis 2027, im Rahmen des EU-Aufbauplans, in dem rund 20 Prozent Sozialausgaben für "Beschäftigung und Kompetenzen" vorgesehen sind, durch das Programm "Digitales Europa" mit einem Budget von über 580 Millionen Euro für die Entwicklung fortgeschrittener digitaler Kompetenzen, durch "Horizon Europe" zur Stärkung von Kompetenzen in der Forschung sowie durch das Programm "Erasmus +", mit einem Budget von 26,2 Milliarden Euro für die persönliche und berufliche Entwicklung bereitgestellt.

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