Binnenmarkt, Wettbewerbsfähigkeit, Digitalisierung, Verkehr und Euro

Wie sieht der EU Binnenmarkt aus und wie entwickelt er sich?

Der gemeinsame Binnenmarkt ist ein integraler Bestandteil der EU und seit 1993 Garant für den freien Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr, den sogenannten 4 Grundfreiheiten. Sie garantieren Bürgerinnen und Bürgern der EU prinzipiell in einem anderen Mitgliedstaat zu wohnen, zu arbeiten oder den Ruhestand zu verbringen und ermöglichen zudem, dass Waren und Kapital im gesamten Binnenmarkt frei zirkuliert und grenzüberschreitend Dienstleistungen erbracht werden können. Den Unternehmen bietet der Binnenmarkt eine solide Basis für ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität für ausländische Investorinnen und Investoren. Einheitliche Märkte bedeuten mehr Innovation und eine reibungslosere Internationalisierung von Unternehmen.

Neben den Mitgliedstaaten der EU sind auch die Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) Norwegen, Island und Liechtenstein Teil des Europäischen Binnenmarktes. Mit dem Ende der Übergangsperiode am 31. Dezember 2020 ist das Vereinigte Königreich aus dem Binnenmarkt ausgeschieden.

Der Binnenmarkt ist mittlerweile zwar eine Selbstverständlichkeit, jedoch in vielen Bereichen noch nicht vollendet. Aus diesem Grund forderten die Staats- und Regierungschefs im Rahmen des Europäischen Rates vom 26./27. Oktober 2023 die Erstellung eines unabhängigen, hochrangigen Berichts zum Binnenmarkt ein. Der ehemalige italienische Premier- und Außenminister Enrico Letta wurde mit dessen Erstellung beauftragt und legte am 18. April 2024 seinen Bericht "Weit mehr als ein Markt" vor.

Der Bericht enthält Empfehlungen im Hinblick auf die die weitere Vertiefung des Binnenmarktes, bessere Anpassung der EU an den globalen Wettbewerb sowie aktuelle geopolitische Herausforderungen. Hervorgehoben werden die Bereiche Finanzierung (Vollendung der Kapitalmarktunion), Energie (Vollendung der Energieunion; Resilienz), Verkehr (Ausbau von high-speed Eisenbahnverbindungen) und elektronische Kommunikation (unter anderem Künstliche Intelligenz, Telekommunikation). Gerade in diesen Bereichen bedarf es eines starken Binnenmarktes aber auch einen vereinfachten Regulierungsrahmen. Zudem soll als Maßnahme gegen den Brain-Drain ein Recht zu bleiben formuliert und die fünfte Freiheit im Zusammenhang mit Innovation und Bildung eingeführt werden. Weiters wird auf die Notwendigkeit eines Binnenmarkts für Verteidigungsindustrie und die Steigerung industrieller Kapazitäten in der EU hingewiesen. Im Zusammenhang mit der Erweiterung sollen die Kandidatenländer schrittweise an den Binnenmarkt herangeführt werden.

Die Staats- und Regierungschefs haben den sogenannten Letta-Bericht während des außerordentlichen Europäischen Rates vom 17./18. April 2024 eingehend analysiert und mit Enrico Letta diskutiert. Dabei wurden folgende Schlüsse gezogen: Abbau bestehender Hürden im Binnenmarkt, insbesondere im Dienstleistungssektor, mehr Transparenz bei Lieferketten, Stärkung von Mobilitätslinks, Bekämpfung unlauterer Geschäftspraktiken sowie Vorlage einer horizontalen Strategie für einen modernisierten Binnenmarkt bis Juni 2025. Zudem soll an der Vollendung der Kapitalmarktunion gearbeitet, eine wirksame Industriepolitik entwickelt und umgesetzt sowie ein innovationsfreundliches Umfeld geschaffen werden.

Wie kann die europäische Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden?

Die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit ist eine der wichtigsten politischen Prioritäten der EU. Eine wettbewerbsfähige Wirtschaft ist eine Wirtschaft, deren nachhaltige Produktivität das Wachstum und damit auch Einkommen und Wohlstand fördert.

Die Vollendung des Binnenmarkts ist für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der EU von entscheidender Bedeutung. Der Binnenmarkt fördert Wachstum und Wettbewerb und schafft neue Chancen für EU-Unternehmen, die Zugang zu einem Markt mit 449 Millionen Verbraucherinnen und Verbrauchern haben.

Angesichts der Herausforderungen einer zunehmend globalisierten Welt ist es unerlässlich, den Fokus auf zentrale Wachstumsfaktoren zu legen. Die EU-Institutionen und Akteurinnen und Akteure haben in den letzten Jahren gezielte Maßnahmen gesetzt, um ein grünes, digitales und widerstandsfähiges Europa zu schaffen.

Der Europäischen Rat forderte im April 2024 in seinen Schlussfolgerungen einen neuen Deal für die europäische Wettbewerbsfähigkeit (NECD), der in einem vollständig integrierten Binnenmarkt verankert sein soll. Wichtige Maßnahmen umfassen:

  • Vertiefung des Binnenmarkts durch Beseitigung verbleibender Hindernisse
  • Verbesserter Zugang zu Kapital für europäische Unternehmen
  • Entwicklung und Umsetzung einer wirksamen Industriepolitik
  • Senkung der Energiekosten
  • Verbesserung der Qualifikation der Arbeitskräfte
  • Stärkung des Handels mit Drittstaaten

Zusätzlich soll der Verwaltungsaufwand für Unternehmen substantiell verringert werden.

Im Juli 2024 präsentierte PEK Ursula von der Leyen die politischen Leitlinien, die als Grundlage für die Arbeit der Europäischen Kommission in den nächsten 5 Jahren dienen werden. Diese beinhalten unter anderem einen "Neuen Plan für nachhaltigen Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit in Europa".

Mario Draghi, der ehemalige Präsident der Europäischen Zentralbank, wurde von PEK Ursula von der Leyen beauftragt, einen Bericht über die Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit zu erstellen. Dieser Bericht wird als Grundlage für die weitere Arbeit der Europäischen Kommission in der Legislaturperiode 2024-2029 im Bereich der Wettbewerbsfähigkeit dienen.

EU-Digitalpolitik: für ein souveränes digitales Europa

Am 19. Februar 2020 legte die Europäische Kommission die Mitteilung zur Gestaltung der digitalen Zukunft Europas vor. Es handelt sich hierbei um die Nachfolge der "Digitalen Agenda für Europa" aus dem Jahr 2000 und der "Digitalen Binnenmarktstrategie für Europa" aus 2015. Die neue Strategie basiert auf 3 Pfeilern: (1) Technologie im Dienste der Menschen, (2) eine faire und wettbewerbsfähige digitale Wirtschaft sowie (3) eine offene, demokratische und nachhaltige Gesellschaft.

Am 11. März 2021 wurde die Europäische Kommission-Mitteilung "2030 Digital Kompass: der europäische Weg in die Digitale Dekade" vorgelegt mit Vorgaben für einen digitalen Wandel Europas bis 2030. Dem folgte die Vorlage und Annahme des Beschlusses "Weg in die digitale Dekade" (DDPP) der konkrete Digitalziele (zum Beispiel 20 Mio. IKT-Spezialisten bis 2023, 80 % der EU-Bürgerinnen und Bürger haben digitale Grundkompetenzen, Gigabit-Netzanschlüsse, erster Quantencomputer bis 2050 für alle etc.) verpflichtend vorgibt. Der Beschluss sieht auch ein regelmäßiges Monitoring vor. In diesem Zusammenhang wurde am 27. September 2023 der 1. Bericht zum Stand der Digitalen Dekade seitens der Europäischen Kommission präsentiert. Er zeigt auf, wo wir EU-weit in der Umsetzung der Digitalziele stehen und wo die Mitgliedstaaten nachbessern müssen. Am 2. Juli 2024 wurde der 2. Bericht zum Stand der Digitalen Dekade veröffentlicht.

Die Mitgliedstaaten sind im Rahmen des Beschlusses "Weg in die Digitale Dekade" dazu angehalten, nationale Fahrpläne zur Zielerreichung bis 2030 zu erstellen. Österreich hat den nationalen Fahrplan am 30. November 2023 an die Europäische Kommission übermittelt. Basierend unter anderem auf dem 2. Bericht zum Stand der Digitalen Dekade, sind die Mitgliedsstaaten aufgefordert, bis 2. Dezember 2024 ihre nationalen Fahrpläne zu adaptieren.

Am 30. August 2024 übermittelte das BKA ein Non-Paper an die Europäische Kommission, in dem Anliegen und Forderungen zu bestimmen Digitalthemen für die künftige Europäische Kommission dargelegt werden.

Im Rahmen der Umsetzung der EU-Digitalstrategie wurden seitens der Europäischen Kommission eine Reihe von Legislativvorhaben und Initiativen vorgelegt, die unterschiedliche Themenbereiche betreffen. Im Bereich der BKA-Zuständigkeit angenommene EU-Rechtsakte: Künstliche Intelligenz (KI), Europäische Digitale Identität, Interoperable Europe Act, Data Act, Data Governance Act, Single Digital Gateway, Webaccessibility-Richtlinie, eIDAS-Verordnung.

Zudem wurde am 15. Dezember 2022 die Europäische Erklärung zu den digitalen Rechten und Grundsätzen unterzeichnet. Sie geht auf einen Vorschlag der Europäischen Kommission zurück und hat das Engagement der EU für einen sicheren und nachhaltigen digitalen Wandel, bei dem die Menschen im Mittelpunkt stehen, zum Gegenstand.

Was die Finanzierung anbelangt, wurde das EU-Programm "Digitales Europa" (DIGITAL) ausgearbeitet. Sein Schwerpunkt liegt auf der Bereitstellung digitaler Technologien für Unternehmen, Bürgerinnen beziehungsweise Bürger und öffentliche Verwaltungen. "Digitales Europa" soll die Lücke zwischen digitaler Technologieforschung und Markteinführung schließen. Dieses Programm ist insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) von großer Bedeutung.

Welche Verkehrspolitik verfolgt die EU?

Der Verkehr ist ein wichtiger Motor für Wachstum, Beschäftigung, Handel und Mobilität. Standen zu Beginn in der EU die Öffnung und Liberalisierung der Verkehrsmärkte im Vordergrund, so gewinnen heute andere Themen, wie etwa eine nachhaltige und klimafreundliche Mobilität, Vernetzung und Sicherheit, an Bedeutung.

Mit dem EU-Ziel der Klimaneutralität bis 2050 liegt der Fokus nun auf möglichen Emissionsreduktionen im Verkehrssektor. Neben den Maßnahmen zur Förderung der Energieeffizienz und der Nutzung erneuerbarer Energien wurden verschiedene neue politische Instrumente eingeführt, so werden Treibhausgasemissionen des Straßenverkehrssektors ab 2027 durch ein neues Emissionshandelssystem abgedeckt, welches auch Gebäude umfassen wird. Auch Emissionsnormen für neue Fahrzeuge oder Mindeststandards für die Infrastruktur für alternative Kraftstoffe sowie Maßnahmen zur Dekarbonisierung im Luft- und Seeverkehr sollen zum Klimaschutz beitragen.

Weitere Aktivitäten zielen auf die Schaffung eines nachhaltigen, intelligenten, sicheren und widerstandsfähigen Verkehrsnetzes (Transeuropäisches Verkehrsnetz für Straße, Eisenbahn und Anbindung der Flug- und Seehäfen) ab. Der Einsatz digitaler Technologien soll für mehr Effizienz, Sicherheit und Komfort sorgen, auch um die Bedingungen für Reisende und Verkehrsbeschäftigte in der EU zu verbessern.

Beim Eisenbahnverkehr hat die EU es zugelassenen Eisenbahngesellschaften ermöglicht, ihre Dienste überall in der EU anzubieten. Fahrgäste können bei Schäden, Verspätungen oder Annullierungen besondere Rechte geltend machen.

Ende der 1990er Jahre hat die EU einen Luftverkehrsbinnenmarkt geschaffen. Die EU baut die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Luftverkehrs aus, verhandelt umfassende Luftverkehrsabkommen mit Drittstaaten, fördert Passagierrechte und sorgt für ein hohes Niveau bei der Flugsicherheit. Ein verbessertes Flugverkehrsmanagement ist ebenso ein wichtiges Ziel.

Im Seeverkehr werden Dienstleistungsfreiheit und Wettbewerb sichergestellt und Sicherheitsstandards für Schiffe geschaffen. Die Ausbildung von Seeleuten, die Digitalisierung von Meldeformalitäten und Hafenauffangeinrichtungen für Schiffsabfälle sind aktuelle Themen. Die Binnenschifffahrt wird als Bestandteil des kombinierten Verkehrs gefördert.

Welche Rolle spielt der Euro in der EU?

Geschichte

In der Nachkriegszeit waren schwankende Wechselkurse dem innereuropäischen Handel wenig förderlich. Um diese zu stabilisieren wurde 1972 der Europäische Wechselkursverbund gegründet und 1979 das Europäische Währungssystem. Die gemeinsame Verrechnungseinheit European Currency Unit, auch ECU genannt, bildete somit den Grundstein zum heutigen Euro.

Seit 1. Juli 1990 gilt zwischen den EU-Staaten der freie Kapitalverkehr, womit eine der ersten Grundvoraussetzungen für den Euro geschaffen wurde. Die im Maastricht-Vertrag von 1992 festgelegten EU-Konvergenzkriterien schufen die "Spielregeln" für die einzelnen Staaten, die der Eurozone beitreten wollten. Das am 1. Jänner 1994 geschaffene Europäische Währungsinstitut, der Vorläufer der Europäischen Zentralbank (EZB), prüfte die Staatshaushalte der beitrittswilligen Staaten. In Dublin wurde 1996 der Stabilitäts- und Wachstumspakt beschlossen, der die Stabilität der Gemeinschaftswährung gewährleisten soll.

Am 31. Dezember 1998 wurden unter österreichischem EU-Ratsvorsitz die Wechselkurse festgelegt. Einen Tag danach galt der Euro als gesetzliche Buchungswährung in der EU. Die Einführung des Euros als Bargeld-Währung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion fand am 1. Jänner 2002 statt und umfasste die Staaten: Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal und Spanien. Andorra, Monaco, San Marino und der Vatikan übernahmen zur selben Zeit den Euro aufgrund der Währungsunion mit Staaten der neu geschaffenen Eurozone. Der Euro wurde 2007 in Slowenien, 2008 in Malta und Zypern, 2009 in der Slowakei und 2011 in Estland eingeführt. Lettland trat der Eurozone zu Jahresbeginn 2014 bei, Litauen 2015 und Kroatien 2023.

Die Mitgliedstaaten Bulgarien, Polen, Rumänien, Schweden, Tschechische Republik und Ungarn gehören zur Zeit nicht dem Euro-Währungsgebiet an, werden der Europäischen Währungsunion aber beitreten, sobald die Konvergenzkriterien erfüllt sind. Dabei handelt es sich um die 1992 im Vertrag von Maastricht festgelegten wirtschaftlichen und rechtlichen Voraussetzungen (die sogenannten "Maastricht-Kriterien"), die ein Mitgliedstaat erfüllen muss, um dem Euro-Raum beitreten zu können. Dänemark wiederum hat das Recht auf Nichtteilnahme am Euro durch ein sogenanntes Opt-Out-Recht wahrgenommen.

Vorteile des Euro

Durch die Beseitigung von Wechselgebühren und schwankender Wechselkurse wird der Handel innerhalb der EU erleichtert. Dadurch vergrößert sich das Angebot für Verbraucherinnen und Verbraucher, die mehr Auswahl zu besseren Preisen bekommen. Reisen und Einkaufen in anderen Mitgliedstaaten werden durch Wegfall des Geldwechsels erleichtert. Der Vergleich von Warenpreisen wird transparent. Eine gemeinsame Währung trägt zu wirtschaftlicher Stabilität bei und stärkt das Wachstum der Mitgliedstaaten.

Der Euro ist mittlerweile nach dem US-Dollar die zweitwichtigste internationale Währung und verleiht so der EU auf internationaler Ebene einen größeren Einfluss. Der Euro dient auch als Symbol der gemeinsamen europäischen Identität.

Weiterführende Informationen

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EU-Digitalpolitik

Verkehr

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