Kommission veröffentlicht Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI) 2022

Insgesamt Fortschritte, aber EU-weit Verbesserungspotenzial bei digitalen Kompetenzen und 5G-Netzen – Österreich unter den EU-27 auf Platz 10 – Staatssekretär Tursky: "Klarer Auftrag, Österreich in der Digitalisierung bis 2025 unter die Top 5 zu bringen" – Kommission betont Bedeutung der Aufbau- und Resilienzfazilität für den digitalen Wandel in der EU

The usage of Wi-Fi and roaming in train and metro stations, and in public spaces

Die Europäische Kommission hat am 28. Juli 2022 die Ergebnisse des Index für digitale Wirtschaft und Gesellschaft 2022 (Englisch: "Digital Economy and Society Index", DESI) veröffentlicht. Der jährlich veröffentlichte Index misst die Fortschritte der EU-Mitgliedstaaten bei der digitalen Wettbewerbsfähigkeit. Er enthält Länderprofile, die den Mitgliedstaaten helfen sollen, die Bereiche zu ermitteln, in denen besonders dringender Investitions- und Handlungsbedarf besteht.

Österreich bei fast allen Indikatoren über EU-Durchschnitt und insgesamt an 10. Stelle

Österreich steht im DESI 2022 unter den 27 EU-Mitgliedstaaten insgesamt an 10. Stelle. Im Bereich "Humankapital" liegt Österreich bei nahezu allen Indikatoren über dem EU-Durchschnitt: So verfügen laut DESI 63 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher mindestens über grundlegende digitale Fähigkeiten – im Vergleich zu 54 Prozent im EU-Schnitt. Die Quote von Absolventinnen und Absolventen von Studien im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) liegt mit 4,4 Prozent in Österreich ebenfalls über dem EU-Schnitt von 3,9 Prozent. Verbesserungspotenzial besteht laut Index im Bereich "Unternehmen, die eine IKT-Weiterbildung anbieten", bei dem Österreich mit 18 Prozent leicht unter dem EU-Durchschnitt mit 20 Prozent rangiert. Im Bereich Konnektivität erzielt Österreich gemischte Ergebnisse: Bei der 5G-Netzabdeckung liegt Österreich mit 77 Prozent über dem EU-Durchschnitt (66 Prozent), bei der Abdeckung mit Festnetzen mit sehr hoher Kapazität und deren Nutzung dagegen mit 45 Prozent weiterhin unter dem EU-Durchschnitt von 70 Prozent.

Insgesamt starke Werte erzielt Österreich in dem Bereich der Integration der Digitaltechnik bei den Indikatoren "Elektronischer Informationsaustausch" (45 Prozent in Österreich im Vergleich zu 38 Prozent im EU-Schnitt) und "Soziale Medien" (38 Prozent in Österreich im Vergleich zu 28 Prozent im EU-Schnitt). Im Bereich "Digitale öffentliche Dienste" erzielt Österreich im EU-Vergleich überdurchschnittlich hohe Werte bei E-Government-Nutzerinnen und -Nutzern (79 Prozent in Österreich im Vergleich zu 65 Prozent im EU-Schnitt) und bei "Open Data" (92 Prozent in Österreich im Vergleich zu 81 Prozent im EU-Schnitt).

Staatssekretär Tursky: "Für Österreich essenziell, dass wir zu den Digitalisierungs-Gewinnern gehören"

Florian Tursky, Staatssekretär für Digitalisierung und Telekommunikation, betonte anlässlich der Präsentation des DESI 2022: "Österreich erreichte wie im Vorjahr den 10. Platz. Dies ist zwar ein hervorragendes Ergebnis, jedoch ist auch klar, dass es hier noch viel zu tun gibt. Ich sehe es als meinen klaren Auftrag, Österreich bis zum Jahr 2025 in der Digitalisierung unter die Top 5 zu bringen und so in eine digitale Zukunft zu führen." Um dieses Ziel zu erreichen, werde sowohl in den Breitbandausbau als auch in die die digitale Verwaltung und Bildung investiert, so Tursky, der weiter erklärte: "Jede technologische Neuerung bleibt wertlos, wenn sie der Mensch nicht nutzen kann." Zudem werde man Bemühungen im Bereich der Infrastruktur weiter verstärken und mit dem Ausbau der Breitbandinfrastruktur Innovation und Chancengleichheit im ländlichen Raum nachhaltig fördern. "Die zweite Breitbandmilliarde wird hier für einen Boost sorgen. Für Österreich ist es essenziell, dass wir zu den Digitalisierungs-Gewinnern gehören", betonte Staatssekretär Tursky abschließend.

Pandemie führt zu Fortschritten in allen EU-Mitgliedstaaten – dennoch weitere Anstrengungen erforderlich

Aus dem diesjährigen Index geht hervor, dass alle EU-Mitgliedstaaten während der Covid-19-Pandemie Fortschritte gemacht hätten, aber das Gesamtbild der Digitalisierung in den Mitgliedstaaten divergiere. So nimmt der Grad der Konvergenz zwischen den Mitgliedstaaten laut DESI 2022 zu, die Kluft zwischen den "Spitzenreitern" der EU und jenen mit den niedrigsten Werten sei jedoch hoch. Demnach hätten die meisten EU-Mitgliedstaaten in den letzten 5 Jahren in Bezug auf Verbesserungen gute Fortschritte erzielt, doch werden nach Angaben der Kommission alle EU-Staaten weiterhin konzertierte Anstrengungen unternehmen müssen, um die Lücken bei den digitalen Kompetenzen zu schließen sowie den digitalen Wandel von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und den Ausbau fortgeschrittener 5G-Netze umzusetzen.

Mehrere EU-Staaten – insbesondere Italien, Polen und Griechenland – hätten ihre DESI-Werte in den vergangenen 5 Jahren erheblich verbessern können. Verantwortlich dafür seien vor allem nachhaltige Investitionen und ein verstärkter Fokus auf den digitalen Bereich. Das Ranking führen vor allem Mitgliedstaaten aus dem skandinavischen Raum in mehreren digitalen Schlüsselbereichen an: So erzielen Finnland, Dänemark, die Niederlande und Schweden im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedstaaten in den untersuchten Bereichen "Humankapital", "Konnektivität", "Integration der Digitaltechnik" und "Digitale öffentliche Dienste" Spitzenwerte. Doch seien nach Angaben der Kommission auch sie mit Lücken in bestimmten Schlüsselbereichen konfrontiert.

Weitere Bemühungen erforderlich, um EU-weitem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und Potenzial von KI oder Big Data zu nutzen

Die Verbreitung fortgeschrittener digitaler Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) und Big Data liege EU-weit noch deutlich unter 30 Prozent – und damit fernab vom in der digitalen Dekade verankerten 75-Prozent-Ziel bis 2030. Als ein Grund dafür wird der weitverbreitete Fachkräftemangel genannt, der den Fortschritt insgesamt verlangsame und zu digitaler Ausgrenzung führe. Obwohl zwischen 2020 und 2021 500.000 IKT-Fachleute in den Arbeitsmarkt eingetreten sind und es aktuell 9 Millionen IKT-Spezialistinnen und Spezialisten in der EU gibt, sind laut DESI weitere Anstrengungen – etwa Umschulungen oder Weiterbildungen – erforderlich, um das EU-Ziel von 20 Millionen Fachkräften bis 2030 zu erreichen. Die Kommission betont in diesem Zusammenhang, dass auch die Bemühungen um die Verwirklichung der Ziele des "Green Deals", durch den Fachkräftemangel gehemmt werden würde. Zusätzliche Maßnahmen sind zudem bei KMU erforderlich: Laut Index verfügen 55 Prozent der KMU in der EU über ein Mindestmaß an Digitalisierung – das angestrebte Ziel liegt bei mindestens 90 Prozent bis 2030.

Weiters geht aus dem Index hervor, dass nur 54 Prozent der Europäerinnen und Europäer im Alter zwischen 16 und 74 Jahren über grundlegende digitale Kompetenzen verfügen. Das dabei angestrebte Ziel der "digitalen Dekade" liegt bei mindestens 80 Prozent.

Größere Fortschritte sieht der Index im Bereich der Gigabit-Konnektivität in Europa: Demnach beläuft sich die Netzabdeckung von Gebäuden mit Glasfaseranschluss in der EU auf 50 Prozent der Haushalte, was einer Gesamtabdeckung mit Festnetzen mit sehr hoher Kapazität von bis zu 70 Prozent entspricht (Zielvorgabe von 100 Prozent bis 2030). Die 5G-Abdeckung sei im Jahr 2021 auf 66 Prozent der besiedelten Gebiete in der EU gestiegen, so der DESI – jedoch seien auch hier weitere Anstrengungen nötig, um das Potenzial von 5G vollständig freizusetzen.

Vizepräsidentin der Kommission, Margrethe Vestager: Investitionen und Reformen müssten "optimal" genutzt werden

Die für das Ressort "Ein Europa für das digitale Zeitalter" zuständige Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Margrethe Vestager, erklärte dazu: "Der digitale Wandel nimmt an Fahrt auf. Die meisten Mitgliedstaaten machen Fortschritte beim Aufbau widerstandsfähiger digitaler Gesellschaften und Volkswirtschaften. Seit Beginn der Pandemie haben wir erhebliche Anstrengungen unternommen, um die Mitgliedstaaten beim Übergang zu unterstützen – sei es durch die Aufbau- und Resilienzpläne, den EU-Haushalt oder in jüngerer Zeit auch durch den strukturierten Dialog über digitale Bildung und Kompetenzen. Wir müssen die Investitionen und Reformen, die zur Verwirklichung der Ziele der digitalen Dekade bis 2030 erforderlich sind, optimal nutzen. Daher muss es bereits jetzt zu Veränderungen kommen."

Aufbau- und Resilienzfazilität: 127 Milliarden Euro für den digitalen Wandel in der EU

Zur Unterstützung des digitalen Wandels hat die EU im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität rund 127 Milliarden Euro für digitale Reformen und Investitionen in den 25 nationalen Aufbau- und Resilienzplänen vorgesehen, die bisher vom Rat gebilligt worden sind. Im Durchschnitt werden 26 Prozent der Mittel aus den nationalen Aufbau- und Resilienzplänen in den digitalen Wandel investiert. Neben Österreich (mit knapp 53 Prozent) haben sich Deutschland, Luxemburg, Irland und Litauen dafür entschieden, mehr als 30 Prozent ihrer Mittel aus der Aufbau- und Resilienzfazilität in den Bereich Digitales zu investieren. Zu den Initiativen, für die in Österreich auch EU-Mittel eingesetzt werden, zählen "Breitband Austria 2030" sowie öffentlichen Investitionen in Glasfasernetze in ländlichen Regionen.

Hintergrund: Der Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft und der "Weg in die digitale Dekade"

Die Daten, auf deren Grundlage der DESI-Bericht veröffentlicht wird, stammen vom statistischen Amt der EU ("Eurostat") und aus Fachstudien sowie speziellen Erhebungen. Der Bericht ist ein wichtiges Instrument zu Analyse der digitalen Aspekte im Europäischen Semester.

Der im September 2021 vorgestellte "Weg in die digitale Dekade" sieht zur gemeinsamen Verwirklichung der Ziele, Vorgaben und Grundsätze einen neuartigen Governance-Mechanismus in Form eines Zyklus der Zusammenarbeit zwischen den europäischen Institutionen und den EU-Mitgliedstaaten vor. Im "Weg in die digitale Dekade" ist vorgesehen, dass die Beobachtung der Ziele der digitalen Dekade anhand des DESI erfolgen soll, weshalb die DESI-Indikatoren nun an den 4 Kernpunkten des "Digitalen Kompasses 2030" ausgerichtet worden sind.

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