Europäische Union investiert über 1,8 Milliarden Euro in Projekte für saubere Technologien

Finanzhilfen aus dem Innovationsfonds fließen in 17 Projekte – Innovative Technologien sollen Unternehmen EU-weit bei den Bemühungen um Dekarbonisierung unterstützen – Fokus liegt unter anderem bei der Erzeugung und Nutzung von Wasserstoff, Offshore-Windenergie oder der Herstellung von Photovoltaik-Modulen und Biokraftstoffen

Solarpark in Dessel

Am 12. Juli 2022 gab die Europäische Kommission bekannt, im Rahmen des Innovationsfonds über 1,8 Milliarden Euro in 17 innovative Großprojekte für saubere Technologien zu investieren. Die aus dem EU-Innovationsfonds gewährten Finanzhilfen sollen dabei unterstützen, bahnbrechende Technologien – in den Bereichen energieintensive Industrien, Wasserstoff, erneuerbare Energien, Infrastruktur für die Kohlenstoffdioxid (CO2)-Abscheidung und -Speicherung sowie Herstellung von Schlüsselkomponenten – für die Energiespeicherung und erneuerbare Energien auf den Markt zu bringen. Die ausgewählten Projekte befinden sich in Bulgarien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Island, den Niederlanden, Norwegen, Polen und Schweden. Der EU-Innovationsfonds fördert von 2020 bis 2030 Demonstrationsvorhaben im Bereich innovativer Technologien und bahnbrechender industrieller Innovationen zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes.

"Die Finanzhilfen werden innovative Unternehmen in ganz Europa bei der Entwicklung von Spitzentechnologien unterstützen, die wir brauchen, um den ökologischen Wandel voranzutreiben. Der Innovationsfonds ist ein wichtiges Instrument zum Ausbau von Innovationen im Bereich erneuerbarer Wasserstoff und anderer Lösungen für die europäische Industrie. Im Vergleich zur ersten Auszahlungsrunde stehen 60 Prozent mehr Mittel zur Verfügung, was es uns ermöglicht, doppelt so viele Projekte zu unterstützen. Dies ist ein großer Impuls für die Dekarbonisierung der energieintensiven Industrie in der Europäischen Union", erklärte der Exekutiv-Vizepräsident der Europäischen Kommission, Frans Timmermans.

Projekte sollen Dekarbonisierung in energieintensiven Industrien wie Chemie oder Wasserstoff vorantreiben

Die 17 Projekte waren von unabhängigen Sachverständigen daraufhin bewertet worden, ob sie im Vergleich zu herkömmlichen Technologien Treibhausgasemissionen senken und über den Stand der Technik hinausgehende Innovationen schaffen können. Gleichzeitig wurde geprüft, ob sie ausgereift genug für die Einführung sind. Weitere Auswahlkriterien waren die Skalierbarkeit und Kostenwirksamkeit der Projekte. Die ausgewählten Projekte decken ein breites Spektrum von Sektoren ab, die zu den Dekarbonisierungsbemühungen der EU beitragen: Erzeugung, Verteilung und Nutzung von grünem Wasserstoff, Wasserstoff aus Abfall, Offshore-Windenergie, Herstellung von Photovoltaik-Modulen, Batteriespeichertechniken und -recycling, CO2-Abscheidung und -Speicherung, nachhaltige Flugkraftstoffe und fortschrittliche Biokraftstoffe. Insgesamt können durch diese Technologien in den ersten 10 Jahren ihrer Nutzung 136 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent eingespart werden.

Darüber hinaus wird die Europäische Investitionsbank im vierten Quartal 2022 die Projektentwicklung für bis zu 20 Projektvorschläge unterstützen, die vielversprechend, aber noch nicht so ausgereift sind, dass sie für eine Finanzhilfe in Frage kämen.

Die finanzielle Unterstützung aus dem Innovationsfonds wird für die folgenden Projekte beziehungsweise Industrien ausbezahlt:

  • Zement (4 Projekte): Im Rahmen eines Projekts in Deutschland wird in einer Zementfabrik ein CO2-Abscheidungsprozess der zweiten Generation im Oxyfuel-Verfahren eingeführt, der Rohstoff für die Weiterverarbeitung zu synthetischem Methanol liefern wird. Ein weiterer Projektstandort befindet sich in Polen: Dort wird ein durchgängiges Verfahren für die CO2-Abscheidung und -Speicherung umgesetzt: von der CO2-Abscheidung und -Verflüssigung in einem Zementwerk bis zur Speicherung in Offshore-Lagerstätten. Mithilfe eines dritten Projekts werden die CO2-Emissionen aus Abgasen, die bei der Kalkherstellung entstehen, abgeschieden und dauerhaft in geologischen Formationen in Offshore-Lagerstätten in Frankreich gespeichert. Bei einem weiteren Projekt schließlich handelt es sich um das erste Projekt zur durchgängigen CO2-Abscheidung und -Speicherung in Bulgarien, bei dem CO2-Abscheidungsanlagen in einem Zementwerk über ein Onshore- und Offshore-Pipelinesystem mit einer dauerhaften Offshore-Speicherung in einem erschöpften Gasfeld im Schwarzen Meer verbunden werden.
  • Chemikalien (3 Projekte): In Finnland wird ein Projekt Kunststoffe chemisch recyceln, die als Ausgangsstoffe für Raffinerien verwendet werden sollen. Durch ein Projekt in Schweden wird eine neuartige Methanolfabrik errichtet, in der CO2, Reststoffströme, Wasserstoff und Biogas in Methanol umgewandelt werden sollen. Im Rahmen eines weiteren Projekts in Schweden wird eine neue Faser aus Zellstoff hergestellt werden, die Polyester in Textilanwendungen ersetzen soll.
  • Wasserstoff (3 Projekte): Ein Projekt in den Niederlanden dient der Erzeugung, Verteilung und Nutzung von grünem Wasserstoff durch einen Elektrolyseur, der durch Offshore-Windenergie gespeist wird. Ein weiteres Projekt wird 15.500 Tonnen erneuerbaren Wasserstoff pro Jahr erzeugen. Im Rahmen des dritten Projekts werden Ströme nicht recycelbarer fester Abfälle verarbeitet und in erster Linie in Wasserstoff umgewandelt.
  • Raffinerien (2 Projekte): In Norwegen wird im Rahmen eines Projekts die weltweit erste gewerbliche Anlage zur Herstellung von Biokraftstoffen gebaut und betrieben, die forstwirtschaftliche Abfälle in fortschrittliche Biokraftstoffe der zweiten Generation und Biokohle umwandeln wird. Mithilfe eines Projekts in Schweden wird eine Großanlage für die Herstellung von synthetischem, nachhaltigem Flugkraftstoff unter Verwendung von CO2 errichtet, welches in einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage abgeschieden wird.
  • Herstellung von Komponenten für die Energiespeicherung oder die Erzeugung erneuerbarer Energien (3 Projekte): In Polen wird im Rahmen eines Projekts eine Fertigungsanlage für innovative elektrochemische Batteriesysteme für die kurzfristige Stromspeicherung eingerichtet. Bei einem weiteren Projekt ist der Bau einer Fertigungsanlage für Photovoltaik-Module auf der Grundlage innovativer Heteroübergangstechnik in Nordfrankreich geplant. Im Rahmen eines dritten Projektes wird im "Batterie-Cluster" von Dünkirchen in Frankreich eine Recyclinganlage für Lithium-Ionen-Akkumulatoren zur Herstellung und Raffination von schwarzer Masse gebaut und so Zugang zu einer sekundären Quelle von Batterie-Rohstoff geboten.
  • Erneuerbare Energien (1 Projekt): Im deutschen Teil der Nordsee wird im Rahmen eines Projekts ein Offshore-Windpark gebaut und betrieben, in dem innovative Lösungen für Turbinen und Wasserstoff umgesetzt werden.
  • Infrastruktur für die CO2-Abscheidung und -Speicherung (1 Projekt): Im Rahmen eines Projekts in Island wird ein in hohem Maße skalierbares Onshore-Speicherungsterminal für mineralisiertes CO2 mit einer geschätzten Gesamtspeicherkapazität von 880 Millionen Tonnen CO2 gebaut werden.

Hintergrund: Investition in die nächste Generation CO2-armer Technologien

Mit dem Innovationsfonds sollen dank der Einnahmen von über 38 Milliarden Euro, die bis 2030 durch das EU-Emissionshandelssystem (EU-EHS) erzielt werden, finanzielle Anreize für Unternehmen und Behörden geschaffen werden, in die nächste Generation CO2-armer Technologien zu investieren. Außerdem sollen EU-Unternehmen dabei unterstützt werden, als Vorreiter im Technologiebereich weltweit an die Spitze zu gelangen.

Bei der ersten Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für Großprojekte waren Finanzhilfen in Höhe von 1,1 Milliarden Euro für 7 Projekte in den Bereichen energieintensive Industrien, Wasserstoff, CO2-Abscheidung, -Nutzung und -Speicherung sowie erneuerbare Energien gewährt worden; 15 Projekte erhielten Unterstützung bei der Projektentwicklung.

Dank einer Aufstockung der Mittel um 60 Prozent gegenüber der ersten Runde des Innovationsfonds konnten nun doppelt so viele Projekte wie in der ersten Runde unterstützt werden. Außerdem wurden die geografische Reichweite auf weitere Länder erweitert, etwa in Osteuropa, und die Antrags- und Bewertungsverfahren beschleunigt.

Erfolgreiche Projekte im Rahmen dieser zweiten Aufforderung werden nun mit der Vorbereitung der einzelnen Finanzhilfevereinbarungen mit der Europäischen Exekutivagentur für Klima, Infrastruktur und Umwelt (CINEA), der Durchführungsstelle des Innovationsfonds, beginnen. Diese Arbeiten dürften im vierten Quartal 2022 abgeschlossen sein, sodass die Kommission zu diesem Zeitpunkt den entsprechenden Finanzhilfebeschluss annehmen und mit der Auszahlung der Finanzhilfen beginnen kann.

Im Herbst 2022 wird die Kommission die dritte Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für Großprojekte veröffentlichen. Wie im "RepowerEU-Plan" angekündigt, werden die verfügbaren Mittel auf rund 3 Milliarden Euro verdoppelt, um die Unabhängigkeit der EU von fossilen Brennstoffen aus Russland weiter voranzutreiben. Projekte, die bei früheren Aufforderungen nicht erfolgreich gewesen sind, werden aufgerufen, erneut einen Antrag zu stellen.

Im Juli 2021 hatte die Europäische Kommission im Rahmen des Pakets "Fit für 55" vorgeschlagen, den Innovationsfonds, der derzeit aus 450 Millionen Zertifikaten aus dem bestehenden EU-EHS im Zeitraum 2021 bis 2030 gespeist wird, um 50 Millionen Zertifikate aus dem bestehenden EU-EHS und 150 Millionen Zertifikate aus dem neuen System für Emissionen aus dem Straßenverkehr und Gebäuden aufzustocken. Darüber hinaus würden nach dem Vorschlag Zertifikate, die sonst den unter das CO2-Grenzausgleichssystem fallenden Wirtschaftszweigen kostenlos zugeteilt würden, nun versteigert und dem Innovationsfonds zugeführt.

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