Politische Einigung auf Eckpfeiler der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik

EU-Parlament, Kommission und Rat haben sich auf politischer Ebene auf eine neue Gemeinsame Agrarpolitik geeinigt – Künftig mehr Geld für den Umwelt- und Klimaschutz und mehr Unterstützung für europäische Landwirtinnen und Landwirte

Geerntetes Kornfeld

Das Europäische Parlament, die Europäische Kommission und der Rat – letzterer noch unter dem Ratsvorsitz Portugals – haben am 25. Juni 2021 in Trilog-Verhandlungen eine vorläufige politische Einigung über die neue Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) erzielt. Die neue GAP soll gerechter, umweltfreundlicher, flexibler und stärker auf das Tierwohl ausgerichtet werden sowie ambitioniertere Umwelt- und Klimaziele im Einklang mit den Zielen des "Green Deal" ab Jänner 2023 umsetzen. Auch im Hinblick einer fairen Verteilung von GAP-Mitteln konnten sich die Verhandlerinnen und Verhandler einigen: So sollen kleinere und mittlere landwirtschaftliche Betriebe sowie Junglandwirtinnen und Junglandwirte künftig stärker unterstützt werden.

EU-Kommissar Frans Timmermans: "Beginn eines Paradigmenwechsels"

Der EU-Kommissar für Klimaschutz, Frans Timmermans, betonte: "Während der gesamten Verhandlung hat sich die Kommission für eine neue Gemeinsame Agrarpolitik eingesetzt, die den 'Green Deal' unterstützen kann. Die heute erzielte Einigung markiert den Beginn eines Paradigmenwechsels in der Art und Weise, wie wir in Europa Landwirtschaft betreiben. In den kommenden Jahren werden wir Feuchtgebiete und Torfmoore schützen, mehr landwirtschaftliche Flächen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt einsetzen, die ökologische Landwirtschaft fördern, dank der klimaeffizienten Landwirtschaft neue Einkommensquellen für die Landwirtinnen und Landwirte erschließen und beginnen, Ungleichheiten bei der Verteilung der Einkommensstützung zu beseitigen."

Janusz Wojciechowski, EU-Kommissar für Landwirtschaft, ergänzte: "Ich freue mich, dass wir rechtzeitig vor der Umsetzung bis Anfang 2023 eine politische Einigung über eine neue GAP erzielt haben. Die neue GAP verbindet ehrgeizigere Umwelt-, Klima- und Tierschutzziele mit einer gerechteren Verteilung der Zahlungen, insbesondere an kleine und mittlere landwirtschaftliche Familienbetriebe und Junglandwirtinnen und Junglandwirte. Ich zähle nun darauf, dass die EU-Mitgliedstaaten ehrgeizige GAP-Strategiepläne ausarbeiten, die mit unseren Zielen im Einklang stehen und die richtigen Instrumente bereitstellen, um unsere Landwirtinnen und Landwirte beim Übergang zu einem nachhaltigen Lebensmittelsystem zu unterstützen."

Die wichtigsten Eckpfeiler der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik

Die neuen GAP-Regeln sollen nach einer Übergangsphase mit Jahresbeginn 2023 in Kraft treten; für zahlreiche Vorgaben gelten allerdings auch Übergangsregeln bis 2025. In der nächsten siebenjährigen Finanzplanung von 2021 bis 2027 sind 387 Milliarden Euro im EU-Haushalt für Agrar und ländliche Entwicklung vorgesehen. Für Österreich bedeutet das laut Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT) in der Periode von 2021 bis 2027 jährlich EU-Direktzahlungen in Höhe von 674 Millionen Euro und EU-Gelder für die ländliche Entwicklung in Höhe von 585 Millionen Euro. Damit werden aufgrund von Aufzahlungen aus dem österreichischen Budget jährlich insgesamt rund 1,8 Milliarden Euro in die Landwirtschaft fließen.

Die vorläufige Einigung über die neue GAP im Detail:

  • Soziale Konditionalität: Um GAP-Mittel zu erhalten, müssen in Zukunft europäische Sozial- und Arbeitsrechte eingehalten werden. Eine Verpflichtung dazu soll ab 2025 gelten. Sanktionierungen und Kürzungen der GAP-Zahlungen sollen ausschließlich aufgrund von Urteilen beziehungsweise Bescheiden der für Arbeitsrecht zuständigen Gerichte und Behörden vorgenommen werden.
  • Umverteilung der Einkommensstützung: Die EU-Mitgliedstaaten müssen 10 Prozent zugunsten kleinerer Betriebe umverteilen und diese Vorgehensweise in ihren nationalen Strategieplan aufnehmen.
  • Unterstützung für Junglandwirtinnen und Junglandwirte (bis 40 Jahre): Die neue GAP sieht einen obligatorischen Mindestsatz von 3 Prozent des Einkommensstützungsbudgets der EU-Mitgliedstaaten vor. Dazu könnten Einkommensstützungen, Investitions- oder Existenzgründungsbeihilfen für Junglandwirtinnen und Junglandwirte gehören.
  • Eine umweltfreundlichere GAP: Im Einklang mit dem "Green Deal", der Strategie "Vom Hof auf den Tisch (Farm-to-Fork)" und der "Biodiversitätsstrategie" soll die neue GAP durch Umsetzung der nationalen Strategiepläne den Übergang zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft und ehrgeizigeren Klima-, Umwelt- und Tierschutzzielen unterstützen.
  • Konditionalität: In jedem landwirtschaftlichen Betrieb sollen 3 Prozent der Ackerfläche der biologischen Vielfalt und nichtproduktiven Elementen gewidmet werden. Außerdem sollen alle Feuchtgebiete und Torfmoore geschützt werden.
  • Öko-Regelungen: Die EU-Mitgliedstaaten sollen ab 2025 mindestens 25 Prozent (zuvor von 2023 bis 2024 mindestens 20 Prozent) ihres Einkommensstützungsbudgets für Öko-Regelungen bereitstellen und damit Landwirtinnen und Landwirte für die Umsetzung klima- und umweltfreundlicher Verfahren sowie für die Verbesserung des Tierschutzes belohnen.
  • Entwicklung des ländlichen Raums: Mindestens 35 Prozent der Mittel für die Entwicklung des ländlichen Raums sollen Agrarumweltverpflichtungen zugewiesen werden, um dadurch die Umwelt-, Klima- und Tierschutzmaßnahmen zu fördern.
  • Eine flexiblere GAP: Die neue GAP konzentriert sich verstärkt auf Leistung durch einfachere Vorschriften auf EU-Ebene, einen jährlichen Leistungsbericht der EU-Mitgliedstaaten, eine Überprüfung der Leistungen der GAP-Strategiepläne und mehrere gemeinsame Indikatoren zur Überwachung der Umsetzung der GAP.
  • Unterstützung von Landwirtinnen und Landwirte im Agrar- und Lebensmittelsektor: Durch bestimmte Ausnahmen vom Wettbewerbsrecht soll die Position der Landwirtinnen und Landwirte in der Lebensmittelversorgungskette gestärkt werden. Hinzu kommen 450 Millionen Euro "Agrarreserve" zur Finanzierung von Maßnahmen in Krisensituationen.

Österreich maßgeblich an Verhandlungen beteiligt – Rolle als "Feinkostladen Europas" wird weiterhin ausgebaut

Durch seine Vorreiterrolle in Bezug auf Umwelt- und Klimaleistungen, wie zum Beispiel mit dem Agrarumweltprogramm, konnte sich Österreich verstärkt an den Verhandlungen zur neuen GAP beteiligen und wichtige Impulse setzten. So wurden die österreichischen Forderungen, dass Vorleistungen berücksichtigt und andere EU-Mitgliedstaaten bei Klima- und Umweltleistungen nachziehen müssen, sowie der Vorschlag zur Aufnahme der Arbeits- und Sozialrechtsregelungen in die landwirtschaftlichen Beratungsdienste für Betriebe in den finalen Kompromiss zwischen Rat, Parlament und Kommission aufgenommen. 80 Prozent der österreichischen landwirtschaftlichen Betriebe nehmen bereits am Agrarumweltprogramm (ÖPUL) teil. 23 Prozent der Höfe bewirtschaften über 25 Prozent der Fläche biologisch. Am 28. Juni 2021 haben die EU-Landwirtschaftsministerinnen und -minister die Einigung beim Landwirtschaftsrat in Luxemburg bestätigt. Die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, Elisabeth Köstinger, erklärte dabei: "Für unserer Bäuerinnen und Bauern ist heute ein guter Tag. Die neue GAP-Periode sichert den österreichischen Weg der nachhaltigen Landwirtschaft ab. Wir haben auch dafür gesorgt, dass die Finanzmittel für Österreich aus Brüssel nicht weniger, sondern mehr werden. Damit können wir unsere Position als der 'Feinkostladen Europas' weiterhin ausbauen." Die Landwirtschaftsministerin weiter: "Wir haben in Österreich gezeigt, dass Umwelt- beziehungsweise Klimaschutz und Landwirtschaft keine Widersprüche sind. Die Einigung ist ein Öko-Meilenstein und bringt die europäische Agrarpolitik auf den Weg der nachhaltigen Landwirtschaft."

Die nächsten Schritte

Damit die neue GAP in Kraft treten kann, bedarf es noch der formellen Annahme im Rat und im Plenum des Europäischen Parlaments. Dies wird voraussichtlich im September beziehungsweise Oktober 2021 erfolgen.

In den nächsten 5 Jahren wird jeder EU-Mitgliedstaat einen Strategieplan zur Umsetzung der politischen Vorgaben ausarbeiten. Dieser Plan soll jedem EU-Mitgliedstaat ermöglichen, die lokalen Gegebenheiten zu berücksichtigen und Leistung in den Vordergrund zu rücken.

Die GAP-Strategiepläne müssen von den EU-Mitgliedstaaten bis zum 31. Dezember 2021 eingereicht und in den darauffolgenden 6 Monaten von der EU-Kommission überprüft werden.

Hintergrund: Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU

Rund ein Drittel des EU-Haushalts entfällt auf die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP). Im EU-Haushalt für die Jahre 2021 bis 2027 stehen rund 378,5 Milliarden Euro für die Agrarpolitik zur Verfügung. Ziel der GAP ist es, EU-Bürgerinnen und Bürgern erschwingliche und sichere Lebensmittel zur Verfügung zu stellen, Landwirtinnen und Landwirten eine angemessene Lebenshaltung zu gewährleisten und zur Erhaltung der natürlichen Ressourcen sowie zum Umweltschutz beizutragen.

Die GAP ist in 2 Säulen aufgeteilt:

  • Die größere Säule umfasst die Direktzahlungen an die Landwirtinnen und Landwirte.
  • Die kleinere Säule besteht aus Mitteln für die Ländliche Entwicklung.

Am 1. Juni 2018 hatte die Europäische Kommission 3 Gesetzgebungsvorschläge vorgelegt, mit denen die GAP zukunftsfähig gemacht werden soll. Die wichtigsten Elemente der Vorschläge waren:

  • Gezieltere Investitionen in Form von Direktzahlungen und Interventionen zur Entwicklung des ländlichen Raums;
  • Eine neue "grüne Architektur" auf der Grundlage von Umweltstandards, die Landwirtinnen und Landwirte einhalten müssen;
  • Ein leistungsbasierter Ansatz (das "neue Umsetzungsmodell"), bei dem die EU-Mitgliedstaaten die von ihnen erzielten Ergebnisse jedes Jahr melden müssen.

Am 21. Oktober 2020 hatte der Rat sich auf seine Verhandlungsposition zur Reform der GAP geeinigt und damit die Weichen für die Trilog-Verhandlungen mit Parlament und Kommission geebnet.

Die Strategie "Vom Hof auf den Tisch" (Farm-to-Fork) und die "Biodiversitätsstrategie" wurden von der Europäischen Kommission im Mai 2020 im Rahmen des "Green Deal" vorgestellt. Sie sollen den Übergang zu nachhaltigeren Lebensmittelsystemen anstoßen und die Hauptursachen für den Verlust von biologischer Vielfalt angehen.

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