Politische Einigung über Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik

Am 21. Oktober haben sich die zuständigen EU-Ministerinnen und Minister beim Rat in Luxemburg auf eine Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ab 2023 geeinigt. Die Einigung ist ein Signal für mehr Umwelt- und Klimaschutz in der Landwirtschaft.

Ein Heuballen steh in einem Feld

Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU schafft die Grundlage dafür, dass täglich 450 Millionen Menschen in Europa mit Lebensmitteln versorgt werden. Im Fokus der Diskussion um die GAP stand beim Rat der 27 EU-Landwirtschaftsministerinnen und -minister daher die allgemeine Ausrichtung zu den Verordnungen über die GAP-Strategiepläne, die einheitliche Gemeinsame Marktorganisation (GMO) und die Finanzierung, Verwaltung und Überwachung der GAP. Bereits im Juni 2018 hatte die EU-Kommission ihren Vorschlag für das GAP-Reformpaket, der diese genannten 3 Verordnungen umfasste, präsentiert.

Nach einer zweitägigen Verhandlungsrunde einigten sich die Ministerinnen und Minister schließlich auf einen allgemeinen Ansatz für das Reformpaket der Gemeinsamen Agrarpolitik ab dem Jahr 2023. Die politische Einigung unterstreicht ein stärkeres Engagement für mehr Umwelt- und Klimaschutz durch die Einführung von Instrumenten wie verbindliche Ökosysteme und einer verbesserten Konditionalität. Die Vereinbarung beinhaltet auch die notwendige Flexibilität für die Mitgliedstaaten bei der Erreichung der Umweltziele. Ziel sei, so die den EU-Ratsvorsitz vertretende deutsche Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, "eine umweltfreundlichere, gerechtere und einfachere GAP".

Europäische Union

Landwirtschaftsministerin Köstinger: "Großer Schritt in Richtung mehr Klima- und Umweltschutz"

Die österreichische Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger betonte ihre Unterstützung für hohe Umweltambitionen in der GAP und zeigte sich erfreut über die Ergebnisse: "Mit der Einigung über die Reform der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik wird der erfolgreiche österreichische Weg fortgesetzt. Mit der Einigung gehen wir in Europa einen großen Schritt in Richtung mehr Klima- und Umweltschutz, der auch umsetzbar ist."

Für sie sei es klar, dass Qualität vor Quantität stehe und es Familienbetriebe statt Agrarkonzerne geben solle. Österreich sei ein Vorreiter in Europa im Bereich der nachhaltigen Landwirtschaft und stehe für eine Agrarwende, daher müsse man die europäischen Bäuerinnen und Bauern bei einem schrittweisen Systemwechsel unterstützen. "Trotzdem werden erfolgreiche Programme, wie wir sie auch in Österreich haben, weitergeführt. Das heißt, der österreichische Weg der Landwirtschaft wird auch einen viel stärkeren Einfluss in ganz Europa haben. Ich glaube das ist ein ganz wichtiges Signal an die Zukunft", so die Landwirtschaftsministerin weiter.

Obst- und Gemüsekorb

Die neuen Maßnahmen im Detail: Mehr Flexibilität, aber auch höhere Ambitionen

Die Reform der GAP sieht vor, dass die Mitgliedstaaten mehr Flexibilität bei der Gestaltung der Regeln und der Zuweisung von Finanzmitteln durch die Entwicklung "Nationaler GAP-Strategiepläne" erhalten. Gleichzeitig sind die Länder verpflichtet, im Vergleich zum aktuellen Zeitraum höhere Umweltambitionen zu zeigen. Die Mitgliedstaaten können unter Berücksichtigung nationaler Besonderheiten die besten Instrumente und Maßnahmen auswählen, um die vereinbarten EU-weiten Ziele und Standards zu erreichen.

Die Eckpfeiler der GAP-Reform, die während des Rates erörtert und vereinbart wurden, im Überblick:

  • Die Landwirtinnen und Landwirte sollen finanzielle Unterstützung erhalten, sofern sie klimafreundliche und umweltschonende Praktiken anwenden, um die Agrarpolitik noch umweltfreundlicher als zuvor zu gestalten.
  • Landwirtinnen und Landwirte, die in der Bewirtschaftung über die grundlegenden Umwelt- und Klimabedingungen hinausgehen, sollen durch die Einführung von Umweltprogrammen zusätzliche finanzielle Unterstützung erhalten. Diese neuen Instrumente für den Umwelt- und Klimaschutz sind an ein spezielles Budget gebunden, das Teil des Direktzahlungsbudgets ist und durch den Einsatz von Öko-Systemen freigeschaltet wird. Eine erste Pilotphase von 2 Jahren soll sicherstellen, dass die Mitgliedstaaten benötigte Mittel nicht verlieren, während sie sich mit den neuen Instrumenten vertraut machen. Indikative Beispiele für Ökosysteme sind Praktiken wie Präzisionslandwirtschaft, Agroforstwirtschaft und ökologischer Landbau. Den Mitgliedstaaten steht es jedoch frei, ihre eigenen Instrumente auf der Grundlage ihrer Bedürfnisse auszuwählen.
  • Alle Landwirtinnen und Landwirte wären an höhere Umweltstandards gebunden. Um Kleinbäuerinnen und Kleinbauern beim Übergang zur Ökologisierung zu helfen, sind vereinfachte Kontrollen geplant, wodurch der Verwaltungsaufwand verringert und gleichzeitig ihr Beitrag zu den Umwelt- und Klimazielen sichergestellt werden soll.
Eine Kuh vor ihrem Stall

Wie geht es nach der politischen Einigung der Ministerinnen und Minister weiter?

Die Position des Rates vom 21. Oktober 2020 ist das Ergebnis von Verhandlungen, die in den letzten zweieinhalb Jahren und unter 5 Ratspräsidentschaften geführt wurden. Der Rat hat nun das politische Mandat, Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission aufzunehmen, um eine allgemeine Einigung über die Reform zu erzielen.

Die Ministerinnen und Minister diskutierten beim Rat von 19. bis 21. Oktober 2020 auch die angestrebte Einigung auf die zulässigen Gesamtfangmengen (TACs) und die Fangquoten der Mitgliedstaaten für die 10 kommerziell wichtigsten Fischbestände in der Ostsee sowie Ratsschlussfolgerungen zur Strategie "Vom Hof auf den Tisch" ("Farm-to-Fork"-Strategie mit dem Ziel der Entwicklung eines europäischen nachhaltigen Lebensmittelsystems von der Produktion bis zum Verbrauch).

Hintergrund: Die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik (GAP)

Die Agrarpolitik zählt zu den am stärksten vergemeinschafteten Politikbereichen der Europäischen Union. Das heißt, dass die zentralen Vorgaben und die damit verbundene Finanzierung von Maßnahmen auf EU-Ebene erfolgen. Seit dem Jahr 1962 soll die GAP vor allem sicherstellen, dass Landwirtinnen und Landwirte ein angemessenes Einkommen haben und die Nahrungsmittelversorgung in Europa gewährleistet ist. Den Bürgerinnen und Bürgern soll ein zuverlässiges Angebot an qualitativ hochwertigen und nahrhaften Lebensmitteln zu erschwinglichen Preisen zur Verfügung stehen. Zudem trägt die Landwirtschaft zur Erhaltung und Entwicklung des ländlichen Raumes bei, insbesondere durch umweltverträgliche Bewirtschaftungsmethoden.

Derzeit fließen jedes Jahr etwa 58 Milliarden Euro an Fördergeldern in den Sektor. Das sind rund 37 Prozent des EU-Budgets und der größte Posten im EU-Haushalt. Im Gegensatz zur so genannten "ersten Säule", die vollständig von der EU finanziert wird, werden die Programme der zweiten Säule aus Unionsmitteln sowie regionalen oder nationalen Mitteln kofinanziert:

  • "Erste Säule": Aus der ersten Säule finanzieren sich aus EU-Mitteln einerseits Marktmaßnahmen, andererseits Direktzahlungen an die Landwirtinnen und Landwirte. Gerade für die Existenz kleinerer und mittlerer Betriebe und für die Bewirtschaftung von benachteiligten Regionen sind sie von großer Bedeutung. Denn Direktzahlungen aus der GAP tragen zur Einkommenssicherung und -stabilisierung der Landwirtinnen und Landwirte bei, indem sie die Auswirkungen starker Preisschwankungen bei Agrarprodukten abfedern. Ein bestimmter Anteil der Mittel ist daran gebunden, dass die Landwirte bestimmte Auflagen einhalten. Zum Beispiel geht es dabei um Anbaudiversifizierung, das heißt die Einhaltung einer Fruchtfolge und damit verbunden einer Pflanzenvielfalt, um Dauergrünlanderhalt und ökologische Vorrangflächen mit Landbewirtschaftungsmethoden, die für den Klima- und Umweltschutz besonders förderlich sind.
  • "Zweite Säule": Die zweite Säule umfasst gezielte Förderprogramme für die nachhaltige und umweltschonende Bewirtschaftung und die ländliche Entwicklung. Dazu zählen unter anderem Agrarumweltprogramme und die Förderung des ökologischen Landbaus. Die Planung und Umsetzung konkreter Programme findet auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene statt. Die ländliche Entwicklung ist für Österreich von herausragender Bedeutung. Sie schafft Perspektiven für unsere Regionen und ermöglicht vielfältigste Leistungen im ländlichen Raum.

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