EU und Neuseeland unterzeichnen Freihandelsabkommen

Freihandelsabkommen zwischen der EU und Neuseeland soll unter anderem zu einem umfangreichen Zollabbau in mehreren Bereichen führen – EU-Exporte nach Neuseeland könnten jährlich um bis zu 4,5 Milliarden Euro steigen – Beteiligung Neuseelands am EU-Forschungs- und -Innovationsprogramm "Horizon Europe" beschlossen

Margrethe Verstager

Die EU und Neuseeland haben am 9. Juli 2023 ein Freihandelsabkommen unterzeichnet. Nach Angaben der Europäischen Kommission dürfte auf diesem Weg der bilaterale Handel zwischen den beiden Partnern innerhalb eines Jahrzehnts um bis zu 30 Prozent wachsen. Die EU-Exporte könnten jährlich um bis zu 4,5 Milliarden Euro steigen und EU-Investitionen in Neuseeland um bis zu 80 Prozent anwachsen. Das Abkommen enthält zudem Nachhaltigkeitsverpflichtungen. 

Kommissionspräsidentin von der Leyen: "Durch dieses Freihandelsabkommen werden wir noch näher zusammenrücken"

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte: "Neuseeland ist für uns ein wichtiger Partner im indopazifischen Raum. Durch dieses Freihandelsabkommen werden wir noch näher zusammenrücken. Mit der Unterzeichnung haben wir einen wichtigen Schritt unternommen, um das Abkommen Wirklichkeit werden zu lassen. Dieses moderne Freihandelsabkommen bietet Unternehmen, Landwirtschaftsbetrieben sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern auf beiden Seiten große Chancen. Mit sozialen und klimapolitischen Verpflichtungen, wie wir sie bisher noch nie hatten, stimuliert es gerechtes und ´grünes´ Wachstum und stärkt zugleich die wirtschaftliche Sicherheit Europas."

Valdis Dombrovskis, Exekutiv-Vizepräsident und innerhalb der Kommission für "Eine Wirtschaft im Dienste der Menschen" zuständig, ergänzte: "Dieses wegweisende Freihandelsabkommen mit Neuseeland eröffnet Unternehmen aus der EU – auch kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) – sowohl bei Waren als auch bei Dienstleistungen eine Fülle neuer Exportmöglichkeiten. Außerdem enthält es die weitgehendsten Nachhaltigkeitsverpflichtungen aller bisher geschlossenen Freihandelsabkommen der EU, auch was Klimaschutz und Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerrechte betrifft. Die geopolitischen Verschiebungen, die wir derzeit erleben, sind für uns eine große Herausforderung. Ehrgeizige Handelsabkommen mit zuverlässigen und gleich gesinnten Partnern sind deshalb wertvoller als je zuvor."

Umfangreiche Zollerleichterungen und Unterstützung von KMU

Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Neuseeland soll unter anderem Unternehmen neue Möglichkeiten eröffnen und beinhaltet folgende Maßnahmen: 

  • Abschaffung aller Zölle auf Exporte aus der EU nach Neuseeland;
  • Öffnung des neuseeländischen Dienstleistungsmarktes in Schlüsselbranchen wie Finanzdienstleistungen, Telekommunikation, Seeverkehr und Zustelldiensten;
  • Sicherstellung einer nichtdiskriminierenden Behandlung von Investorinnen und Investoren aus der EU in Neuseeland und umgekehrt;
  • Verbesserung des Zugangs für Unternehmen aus der EU zu neuseeländischen öffentlichen Ausschreibungen für Waren, Dienstleistungen, Bauprojekte und Baukonzessionen;
  • Erleichterung von Datenströmen und Förderung berechenbarer, transparenter Regeln für den digitalen Handel sowie ein sicheres Online-Umfeld für Verbraucherinnen und Verbraucher;
  • Verhinderung ungerechtfertigter Anforderungen an die Datenlokalisierung und ein hohes Maß an Schutz von personenbezogenen Daten;
  • Eigenes Kapitel für Unterstützungsmaßnahmen im Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU);
  • Abbau von Konformitätsanforderungen und -verfahren, um einen schnelleren Warenfluss zu ermöglichen;
  • Erhebliche Verpflichtungen auf Seiten Neuseelands zum Schutz und zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums im Einklang mit den EU-Standards.

Abschaffung von Einfuhrbeschränkungen für mehrere Lebensmittelsektoren

Des Weiteren sollen Landwirtinnen und Landwirte aus der EU unmittelbar mit Beginn der Anwendung des Abkommens deutlich bessere Möglichkeiten erhalten, ihre Produkte in Neuseeland zu verkaufen. Zölle auf wichtige EU-Exporte wie Schweinefleisch, Wein und Schaumwein, Schokolade, Zuckerwaren und Kekse sollen ab dem ersten Tag nach Beginn der Anwendung des Abkommens abgeschafft werden. Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Neuseeland wird die vollständige Liste der Weine und Spirituosen aus der EU (rund 2.000 Produkte) und 163 der renommiertesten traditionellen Erzeugnisse – darunter verschiedene Käse- und Schinkensorten – aus der EU in Neuseeland schützen. Im Bereich sensibler landwirtschaftlicher Produkte, wie mehrerer Milchprodukte, Rind- und Schaffleisch, Ethanol oder Zuckermais, soll es keine Handelsliberalisierung geben. Es ist vorgesehen, dass das Abkommen durch sogenannte Zollkontingente nur begrenzte Mengen von zollfreien Einfuhren oder Einfuhren mit niedrigerem Zollsatz aus Neuseeland zulässt.

Déclaration d'Ursula von der Leyen, présidente de la Commission européenne, et Chris Hipkins, Premier ministre néo-zélandais, précédant les signatures de l'accord de libre-échange entre l'UE et la Nouvelle-Zélande et l'association de la Nouvelle-Zélande à "Horizon Europe"

Umfangreiche Nachhaltigkeitsverpflichtungen zwischen der EU und Neuseeland

Zum ersten Mal beinhaltet ein EU-Freihandelsabkommen ein eigenes Kapitel über nachhaltige Lebensmittelsysteme, einen eigenen Artikel über Handel und die Gleichstellung der Geschlechter sowie eine besondere Bestimmung über Handel und die Reform der Subventionierung fossiler Brennstoffe. Mit Inkrafttreten des Abkommens zwischen der EU und Neuseeland sollen auch Umweltschutzwaren und -dienstleistungen liberalisiert werden.

Neuseeland beteiligt sich am EU-Forschungs- und -Innovationsprogramm "Horizon Europe"

Ebenfalls am 9. Juli 2023 haben die Europäische Kommission und Neuseeland ein Assoziierungsabkommen über die Beteiligung Neuseelands am Forschungs- und Innovationsprogramm der EU "Horizon Europe" unterzeichnet. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zeigte sich erfreut über den Abschluss des Abkommens: "Ich freue mich, dass wir es Neuseeland ermöglichen, an ´Horizon Europe´, unserem Leitprogramm für Innovation, teilzunehmen." Dies sei das erste Assoziierungsabkommen mit einem Land, das zwar geografisch nicht europanah sei, aber dennoch in vielerlei Hinsicht sehr nahestehe, einschließlich der Innovationsfähigkeit und -bereitschaft, so die Kommissionspräsidentin. Mit der Teilnahme Neuseelands an "Horizon Europe" können Forscherinnen und Forscher sowie Organisationen in Neuseeland an der Säule II des Programms teilnehmen. Diese ist unter anderem auf gemeinsame globale Herausforderungen in den Bereichen Klima, Energie, Mobilität, Digitales, Industrie, Raumfahrt und Gesundheit ausgerichtet. Dabei können die Teilnehmenden im Rahmen des Programms gleichberechtigt mit Einrichtungen aus den EU-Mitgliedstaaten zusammenarbeiten und Zugang zu Fördermitteln im Rahmen von "Horizon Europe" sowie zu Forschungsnetzwerken in Europa und darüber hinaus erhalten. In Neuseeland gibt es 8 Universitäten, 7 "Crown Research Institutes" und mehrere unabhängige Forschungseinrichtungen.

Die nächsten Schritte:

Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Neuseeland wird nun dem Europäischen Parlament zur Zustimmung übermittelt. Wenn das Parlament seine Zustimmung erteilt hat, kann der Rat der EU den Beschluss über den Abschluss verabschieden. Sobald Neuseeland mitgeteilt hat, dass es das Ratifizierungsverfahren ebenfalls abgeschlossen hat, kann das Abkommen in Kraft treten.

Hintergrund: Das Freihandelsabkommen und die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und Neuseeland

Die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit Neuseeland waren im Juni 2018 gestartet und am 30. Juni 2022 – nach insgesamt 12 Verhandlungsrunden bis März 2022 – zum Abschluss gekommen. Das Handelsabkommen mit Neuseeland soll die Position der EU in der bedeutsamen indopazifischen Region stärken und zur Unterstützung der EU-Strategie für den indopazifischen Raum 2021 beitragen.

Neuseeland ist die zweitgrößte Volkswirtschaft Ozeaniens, mit einer Bevölkerung von über 5 Millionen und einem jährlichen Bruttoinlandprodukts (BIP) von fast 200 Milliarden Euro. Der bilaterale Warenhandel zwischen der EU und Neuseeland hat in den letzten Jahren stetig zugenommen: Er erreichte 2021 ein Volumen von über 8 Milliarden Euro. Die EU ist der drittgrößte Handelspartner Neuseelands. 

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