EU-Initiative zum Schutz von Bienen und anderen Insektenarten

Überarbeitete EU-Initiative soll dem Verlust von Insekten in Europa entgegenwirken – Ziele für 2030 und gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Erhaltung von Insektenarten und ihren Lebensräumen – Kommissar Sinkevičius: Insekten seien für Ökosysteme, Gesellschaften und Volkswirtschaften "von unschätzbarem Wert" 

Erdhummel auf Narzisse

Vor dem Hintergrund eines starken Rückgangs von wildlebenden Insekten, welche unter anderem andere Pflanzen bestäuben und auf diesem Weg zur biologischen Vielfalt und Ernährungssicherheit beitragen, hat die Europäische Kommission am 24. Jänner 2023 eine neue Initiative zum Schutz von Insekten vorgestellt. Es handelt sich um eine Überarbeitung der EU-Initiative für sogenannte "Bestäuberinsekten" aus dem Jahr 2018, mit deren Hilfe dem Verlust von verschiedenen Insektenarten in Europa entgegengewirkt werden soll.

Die erneuerte Initiative sieht Maßnahmen vor, die von der EU und den Mitgliedstaaten zu ergreifen sind, um den Rückgang von Insekten bis 2030 umzukehren. Des Weiteren ergänzt sie den Vorschlag der Kommission für ein Gesetz zur Wiederherstellung der Natur von Juni 2022 und ist ein zentraler Bestandteil der EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 sowie der Strategie "Vom Hof auf den Tisch" und des europäischen "Green Deals". EU-Bürgerinnen und Bürger fordern zunehmend ein entschlossenes Handeln gegen den Verlust von Insekten, beispielsweise mit der Europäischen Bürgerinitiative "Bienen und Bauern retten!". In deren Rahmen haben EU-weit 1,2 Millionen Menschen teilgenommen und unter anderem die Forderung nach einer schrittweisen Beendigung des Einsatzes synthetischer Pestizide bis 2035 unterstützt.

Kommissar Sinkevičius: "Wir brauchen sofortige, gezielte Maßnahmen, um die Bestäuber zu retten"

Der für Umwelt, Meere und Fischerei zuständige Kommissar, Virginijus Sinkevičius, erklärte dazu: "In unserer Welt können kleine Dinge Großes bewirken. Bestäuber, diese kleinen Insekten, werden die Zukunft der Natur und die langfristige Ernährungssicherheit bestimmen. Wir brauchen sofortige, gezielte Maßnahmen, um die Bestäuber zur retten, da sie für unsere Ökosysteme, Gesellschaften und Volkswirtschaften von unschätzbarem Wert sind." Demnach sei der neue Deal für Bestäuber nicht nur für die EU ein entscheidender Schritt nach vorn: "Er kann der ganzen Welt als Inspiration für ähnliche Maßnahmen dienen. Packen wir es an, bevor es zu spät ist", so Sinkevičius.

Der für den europäischen "Green Deal" zuständige Vizepräsident der Europäischen Kommission, Frans Timmermans, ergänzte: "Die EU-Bürgerinnen und Bürger haben sich in ihrer Forderung laut und klar für Maßnahmen zum Schutz von Bestäubern ausgesprochen. Die Hälfte der von Bestäubung abhängigen Kulturen in der EU weist bereits Defizite auf. Es ist unbedingt notwendig, den Einsatz chemischer Pestizide zu reduzieren und diese zu ersetzen. Der Zustand der Bienen- und Schmetterlingspopulationen muss sich verbessern, wenn wir wollen, dass die europäischen Landwirtinnen und Landwirte in einer gesunden Umwelt wirtschaften."

Maßnahmen als Reaktion auf den starken Rückgang von Bestäuberinsekten in Europa

In der überarbeiteten EU-Initiative für Bestäuberinsekten werden Ziele für 2030 und Maßnahmen festgelegt, die zu einer Verbesserung der Erhaltung von Insektenarten und zur Bekämpfung der Ursachen ihres Rückgangs beitragen sollen. Die Kommission sieht unter anderem folgende Maßnahmen vor:

  • Verbesserung der Erhaltung von Arten und Lebensräumen: Demnach soll die Ausarbeitung von Erhaltungsplänen für bedrohte Arten von Bestäuberinsekten abgeschlossen werden. Die Erhaltungspläne sehen vor, Bestäuberinsekten zu ermitteln, die für Lebensräume typisch sind, welche gemäß der Habitat-Richtlinie geschützt sind und die Mitgliedstaaten schützen sollten. Des Weiteren möchte die Kommission zusammen mit den EU-Mitgliedstaaten ein Konzept für ein Netz von ökologischen Korridoren für Bestäuberinsekten – sogenannte "Buzz Lines" – ausarbeiten.
  • Wiederherstellung von Lebensräumen in Agrarlandschaften: Dies soll insbesondere durch die verstärkte Förderung einer insektenfreundlichen Landwirtschaft im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) verwirklicht werden.
  • Minderung der Auswirkungen des Einsatzes von Pestiziden: Dieses Ziel soll beispielsweise durch rechtliche Anforderungen zur Anwendung des integrierten Pflanzenschutzes oder durch zusätzliche Testmethoden zur Bestimmung der Toxizität von Pestiziden für Bestäuberinsekten, einschließlich subletaler und chronischer Auswirkungen, erreicht werden. Da der übermäßige Einsatz von Pestiziden eine der Hauptursachen für den Verlust von Insekten darstellt, ist es nach Angaben der Kommission von entscheidender Bedeutung, das Risiko und den Einsatz von Pestiziden gemäß dem Vorschlag der Kommission für eine nachhaltige Verwendung von Pestiziden zu verringern.
  • Des Weiteren sieht die überarbeitete Initiative eine Verbesserung der Lebensräume von Bestäuberinsekten in städtischen Gebieten sowie die Verringerung der Auswirkungen des Klimawandels, invasiver gebietsfremder Arten und anderer Bedrohungen wie Biozide oder Lichtverschmutzung auf Insektenarten vor.

EU-Mitgliedstaaten sollen nationale Strategien ausarbeiten

Ein weiterer Schwerpunkt der Initiative ist die Verbesserung der Kenntnisse über den Rückgang von Insekten sowie seiner Ursachen und Folgen. Zu den Maßnahmen gehören die Einrichtung eines umfassenden Überwachungssystems, die Unterstützung von Forschung und Bewertung, beispielsweise durch Kartierung wichtiger Gebiete, in denen Insekten leben, sowie gezielte Maßnahmen zur Förderung des Kapazitätsaufbaus und der Verbreitung von Wissen. Des Weiteren sollen die EU-Mitgliedstaaten mit Unterstützung der Kommission nationale Strategien zum Schutz von Bestäuberinsekten ausarbeiten und die Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft zum Handeln ermutigen, beispielsweise, indem die Öffentlichkeit sensibilisiert und die Bürgerinnen- beziehungsweise Bürgerwissenschaft ("Citizen Science") gefördert werden soll.

Die nächsten Schritte

Die Kommission ersucht das Europäische Parlament und den Rat, die neuen Maßnahmen zu billigen und sich in enger Zusammenarbeit mit allen einschlägigen Interessenträgerinnen und -trägern aktiv an seiner Umsetzung zu beteiligen.

Hintergrund: Insekten und ihr Beitrag für ein gesundes Ökosystem

Insekten sind ein integraler Bestandteil gesunder Ökosysteme. Ohne sie würden viele Pflanzenarten zusammen mit den von ihnen abhängigen Organismen zurückgehen und schließlich verschwinden, was schwerwiegende ökologische, soziale und wirtschaftliche Folgen hätte. Da etwa 80 Prozent der Kultur- und Wildpflanzen auf die Bestäubung durch Tiere angewiesen sind, ist der Verlust von Bestäuberinsekten eine der größten Bedrohungen für die Natur, das Wohlergehen der Menschen in der EU und die Ernährungssicherheit, da er die nachhaltige langfristige landwirtschaftliche Erzeugung gefährdet. Nach Angaben der Kommission hat der gegenwärtige geopolitische Kontext die Notwendigkeit verstärkt, das Lebensmittelsystem der EU widerstandsfähiger zu machen – unter anderem durch den Schutz und die Wiederherstellung der Insektenpopulationen.

Die Initiative für Bestäuberinsekten baut auf umfassenden Konsultationen der Interessenträgerinnen und -träger sowie institutionellen Rückmeldungen des Europäischen Parlaments, des Rates, des Ausschusses der Regionen und des Europäischen Rechnungshofs auf. Des Weiteren steht sie im Einklang mit dem kürzlich angenommenen globalen Biodiversitätsrahmen von Kunming-Montreal, der das globale Ziel enthält, das von Pestiziden ausgehende Risiko bis 2030 um mindestens 50 Prozent zu verringern.

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