Neue europäische Strategie für ein besseres Internet für Kinder und Jugendliche

Mit der neuen EU-Strategie zum Schutz und zur Stärkung von Kindern in der Online-Welt sollen altersgerechte digitale Dienste verbessert werden – Stärkere Sensibilisierung für Chancen und Möglichkeiten, aber auch Gefahren und Risiken

Mädchen hört Musik mit Kopfhörer und Smartphone

Am 11. Mai 2022 hat die Europäische Kommission eine neue EU-Strategie für ein besseres Internet für Kinder (Englisch: European strategy for a better Internet for kids, kurz: BIK+) angenommen. BIK+ zielt auf barrierefrei zugängliche, altersgerechte und informative Online-Inhalte und -Dienste ab und ist bestrebt, die Fähigkeiten von Kindern zu entwickeln und sie zu schulen, ihr Leben online sicher zu gestalten. An der Entwicklung der EU-Strategie haben über 750 Kinder und Jugendliche mitgewirkt, die im Frühjahr und Sommer 2021 von der Kommission zu Konsultationen eingeladen worden waren.

Europäische Kommission will mit der neuen Strategie auf die Chancen, aber auch Risiken der digitalen Welt für Kinder und Jugendlichen fokussieren

"Jedes Kind in Europa verdient es, in einem sicheren und förderlichen digitalen Umfeld zu gedeihen. Mit der neuen Strategie wollen wir den Zugang zu digitalen Geräten und digitalen Kompetenzen für Kinder und insbesondere Kinder in prekären Situationen fördern, Cybermobbing bekämpfen und alle Kinder vor schädlichen und illegalen Online-Inhalten schützen. All dies steht im Einklang mit unseren Grundwerten und digitalen Grundsätzen", erklärte die für das Ressort "Ein Europa für das digitale Zeitalter" zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Margrethe Vestager.

"Europas digitale Dekade bietet Kindern große Chancen, aber die Technik birgt auch Risiken. Mit der neuen Strategie für ein besseres Internet für Kinder verschaffen wir den Kindern die Kompetenzen und Werkzeuge, damit sie sich in der digitalen Welt sicher und vertrauensvoll bewegen können. Wir rufen die Branche auf, im Einklang mit den EU-Vorschriften ihren Beitrag zur Schaffung eines sicheren, altersgerechten digitalen Umfelds für Kinder zu leisten", ergänzte der für den Binnenmarkt zuständige EU-Kommissar Thierry Breton.

Die neue europäische Strategie für ein besseres Internet für Kinder ist der "digitale Arm" der umfassenden EU-Kinderrechtsstrategie der Europäischen Kommission und spiegelt den Digitalgrundsatz "Schutz und Befähigung von Kindern und Jugendlichen in der Online-Welt" wider. Sie wurde zusammen mit einem Vorschlag für neue EU-Rechtsvorschriften zum Schutz der Kinder vor sexuellem Missbrauch angenommen. Darüber hinaus folgt die Strategie auf die jüngste provisorische politische Einigung über das Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act), das neue Schutzvorkehrungen für Minderjährige enthält und den Online-Plattformen verbietet, Minderjährigen aufgrund von "Profiling" ausgewählte Werbung zu präsentieren.

Die digitalen Technologien und die Art und Weise, wie Kinder und Jugendliche diese nutzen, haben sich im Laufe des letzten Jahrzehnts wesentlich verändert. Der Großteil der Kinder nutzt Smartphones täglich – und damit nahezu doppelt so oft wie noch vor 10 Jahren. Nach "EU Kids Online 2020", einer in 19 Ländern durchgeführten Umfrage unter 9 bis 16-jährigen Kindern und Jugendlichen, beginnt die Nutzung zudem in einem viel jüngeren Alter. 54 Prozent dieser Altersgruppe besuchen täglich mindestens einmal die Kanäle von sozialen Medien. Moderne Geräte bieten zahlreiche Chancen und Vorteile; sie ermöglichen Interaktion, das Online-Lernen und Unterhaltung. Doch gleichzeitig soll der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor den Gefahren von Desinformation, Cybermobbing oder schädlichen und illegalen Inhalten gestärkt werden. Weltweit gibt eines von 3 Kindern und Jugendlichen an, bereits Cybermobbing erlebt zu haben.

3 Säulen der Strategie: Sicherheit, Kompetenzen und Partizipation im Fokus

Die neue EU-Strategie für ein besseres Internet für Kinder baut auf 3 Säulen auf:

  • Sichere digitale Erfahrungen zum Schutz der Kinder vor schädlichen und illegalen Online-Inhalten, Verhaltensweisen und Risiken und zur Verbesserung ihres Wohlergehens durch ein sicheres, altersgerechtes digitales Umfeld. Um die digitale Welt zu einem sicheren Ort für Kinder und Jugendliche zu machen, wird die Kommission einen EU-Verhaltenskodex für altersgerechte Gestaltung fördern und bis zum Jahr 2024 die Ausarbeitung einer europäischen Norm für die Online-Altersüberprüfung veranlassen. Außerdem wird sie bis 2023 prüfen, wie die geplante EUid-Brieftasche für die Altersüberprüfung verwendet werden kann, das rasche Melden illegaler und schädlicher Inhalte unterstützt und sichergestellt werden kann, um Opfern von Cybermobbing zu helfen. Als Unterstützung für Cybermobbing-Opfer wird bis 2023 eine Hotline unter der einheitlichen Rufnummer 116 111 eingerichtet.
  • Stärkung der digitalen Kompetenz, damit Kinder fundierte Entscheidungen treffen und sich im Online-Umfeld sicher und verantwortungsbewusst ausdrücken können. Das Maßnahmenbündel der Kommission in diesem Bereich umfasst Medienkompetenzkampagnen für Kinder, Lehrkräfte und Eltern mithilfe der "Safer-Internet-Zentren" und den Einsatz von Lehrmodulen für Lehrkräfte über das Portal betterinternetforkids.eu. Die europaweit existierenden "Safer-Internet-Zentren" sollen Kinder in prekären Situationen verstärkt unterstützen und damit auch einen Beitrag dazu leisten, die digitalen Unterschiede bei den Kompetenzen zu verringern.
  • Aktive Teilhabe von Kindern und Jugendlichen, indem ihnen altersgerechte Äußerungsmöglichkeiten im digitalen Umfeld ermöglicht werden – zur Förderung innovativer und kreativer, sicherer digitaler Erfahrungen. Das Maßnahmenpaket für die verstärkte Partizipation umfasst unter anderem Schulungen zu Online-Möglichkeiten und Online-Risiken, die von der Europäischen Kommission unterstützt werden – organisiert von darin "erfahrenen" Kindern und Jugendlichen für ihre Altersgenossinnen und -genossen ("Peer Learning"). Alle 2 Jahre sollen die Kinder und Jugendlichen selbst zudem eine Bewertung der Strategie vornehmen.

Die Europäische Kommission fordert die EU-Mitgliedstaaten und die Branche auf, die Bemühungen mitzutragen und diesbezügliche Maßnahmen zu unterstützen, um die 3 Säulen der Strategie umzusetzen.

Hintergrund: Besseres Internet für Kinder

Die im Jahr 2012 erstellte "Europäische Strategie für ein besseres Internet für Kinder" bildet die Grundlage für die nun entwickelte, überarbeitete EU-Strategie zum Schutz und zur Stärkung von Kindern in der Online-Welt. Jedes Jahr wird zudem – ursprünglich auf Initiative der EU und mittlerweile weltweit – am 8. Februar der "Tag des sicheren Internet" ("Safer Internet Day") begangen, der zahlreiche Aktionen zur Bekämpfung von Falschmeldungen, Cybermobbing und schädlichen sowie illegalen Inhalten für Schulen und Millionen von Kindern, Eltern und Lehrkräften umfasst.

Im März 2021 hatte die Europäische Kommission ihre erste umfassende EU-Kinderrechtsstrategie vorgestellt. Daraufhin folgte im Frühjahr 2021 eine Befragung von mehr als 750 Kindern und Jugendlichen, organisiert von den "Safer-Internet-Zentren" in ganz Europa zur Thematik "Online-Sicherheit". Umfragen und andere Konsultationen zur Online-Sicherheit von Kindern mit Eltern, Lehrpersonal, Forscherinnen und Forschern, nationalen Expertinnen und Experten und Partnern aus der Branche flossen ebenfalls in die Erstellung der Strategie ein.

Anhand der Umfragen und Analysen ergibt sich laut Europäischer Kommission folgendes Bild: Kinder und Jugendliche verstünden die Risiken und Chancen im Internet häufig gut – auch in Bezug auf schädliche Inhalte, Cybermobbing und Desinformation. 70 Prozent der Kinder und Jugendlichen wollen bei den sie betreffenden Angelegenheiten gehört und einbezogen werden. Viele Kinder, besonders jene in prekären Situationen, seien nicht zur Gänze in die digitale Welt eingebunden. Zugrundeliegende Faktoren der Ausgrenzung sind laut Kommission häufig Armut, fehlende Netzanbindung, der Mangel an geeigneten Geräten und fehlende digitale Kompetenz sowie mangelndes Selbstvertrauen.

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