Kommission präsentiert neue Leitlinien zur Bekämpfung von Desinformation

Die Initiative soll den Verhaltenskodex im Bereich der Desinformation wirksamer machen, umfangreichere und gezieltere Maßnahmen durchsetzen sowie zu mehr Beteiligung führen – Mehr Teilhabe und Transparenz für Nutzerinnen und Nutzer

Kommissions-Vizepräsidentin für Werte und Transparenz Věra Jourová, EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen Thierry Breton

Die Europäische Kommission hat am 26. Mai 2021 Leitlinien zur Stärkung des Verhaltenskodex für den Bereich der Desinformation vorgelegt. Der Kodex ist weltweit der erste seiner Art und soll ein wirksames Instrument bei der Bekämpfung von Desinformation werden. So sollen ein solider Überwachungsrahmen und klare Leistungsindikatoren den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern dabei helfen, finanzielle Anreize für Desinformation zu verringern, Nutzerinnen und Nutzern zu unterstützen, sich aktiv an der Verhinderung der Verbreitung von Desinformation zu beteiligen, eine Kooperation mit Faktenprüfern zu unterstützen und einen Rahmen für den Datenzugang für Forschungszwecke zu schaffen.

Die Kommissions-Vizepräsidentin für Werte und Transparenz, Věra Jourová erklärte: "Die Bedrohungen durch Desinformation im Internet entwickeln sich rasch weiter und wir müssen unser kollektives Handeln verstärken, um der Rolle der Bürgerinnen und Bürger mehr Gewicht zu verleihen und den demokratischen Informationsraum zu schützen. Dafür ist ein neuer wirksamerer Kodex erforderlich, da wir Online-Plattformen und andere Akteure benötigen, um den systemischen Risiken ihrer Dienste und der algorithmischen Verstärkung zu begegnen und wir müssen verhindern, dass sie sich weiterhin selbst überwachen und Geld mit Desinformation verdienen, dabei jedoch die Redefreiheit uneingeschränkt wahren."

Ergänzend äußerte sich der für den Binnenmarkt zuständige EU-Kommissar, Thierry Breton: "Wir müssen die 'Infodemie' und die Verbreitung falscher Informationen, die das Leben der Menschen gefährden, eindämmen. Desinformation darf keine Einnahmequelle bleiben. Wir brauchen ein stärkeres Engagement der Online-Plattformen, des gesamten Werbeökosystems und der Netzwerke von Faktenprüfern. Das Gesetz über digitale Dienste wird uns zusätzliche, wirkungsvolle Instrumente zur Bekämpfung von Desinformation an die Hand geben."

Auch Europaministerin Karoline Edtstadler hob die Bedeutung der Maßnahmen hervor: "Die Pandemie hat uns die Chancen der Digitalisierung, aber auch Gefahren von Desinformation im Internet vor Augen geführt. Wir ziehen in Europa an einem gemeinsamen Strang, um Desinformation einzudämmen."

Wesentliche Elemente der Leitlinien zur Stärkung des Verhaltenskodex gegen Desinformation

Die Leitlinien sehen eine größere Wirksamkeit durch die Stärkung des Kodex in folgenden Bereichen vor:

  • Mehr Beteiligung durch zugeschnittene Verpflichtungen: Dabei sollten in der EU aktive etablierte und neue Plattformen, relevante Interessensträger im Bereich der Online-Werbung, private Nachrichtenübermittlungsdienste sowie Interessenträger, die relevante Ressourcen und Fachwissen beitragen können, damit der Kodex wirksam funktioniert, dem Kodex beitreten.
  • Gewährleistung der Integrität der Dienste: Der gestärkte Kodex sollte die Wirksamkeit von manipulativen Verhalten zur Verbreitung von Desinformation einschränken und dabei Verpflichtungen enthalten, die Transparenz und Rechenschaftspflicht bei Maßnahmen gegen Auswirkungen manipulativer Verhaltensweisen gewährleisten.
  • Stärkung der Kompetenzen der Nutzerinnen und Nutzer: Der gestärkte Kodex sieht eine transparentere Gestaltung von Empfehlungssystemen zur Begrenzung von viraler Verbreitung von Desinformation vor. Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner sollten dabei gewährleisten, dass den Nutzerinnen und Nutzern die ihnen angezeigten Inhalte transparent dargestellt werden, sie ihre Online-Umgebung besser verstehen und sich sicher darin bewegen können. Instrumente und Verfahren für Nutzerinnen und Nutzer sollen dabei helfen, Desinformation, die Schäden für die Öffentlichkeit oder für den Einzelnen verursachen könnte, zu melden. Nutzerinnen und Nutzer, deren Inhalte oder Konten von einer derartigen Meldung betroffen sind, sollten die Möglichkeit erhalten, dagegen Beschwerde einzureichen oder rechtlich Schritte einzuleiten. Informationen von öffentlichem Interesse sollten hervorgehoben dargestellt werden und Nutzerinnen und Nutzer, die mit Inhalten interagiert haben, welche von Faktenprüferinnen und Faktenprüfern als falsch gekennzeichnet wurden, gewarnt werden.
  • Mehr Faktenprüfung und verbesserter Datenzugang für Forschende: Die Zusammenarbeit mit Faktenprüferinnen und Faktenprüfern sollte ausgeweitet werden und in allen EU-Ländern und -Sprachen verfügbar sein. Zudem sollte der gestärkte Kodex einen verlässlichen Rahmen für den Datenzugang von Forschenden gewährleisten.
  • Wirkungsvoller Kontrollrahmen: Um die allgemeinen Auswirkungen des Kodex in der EU und die Ergebnisse der Plattformen nachzuvollziehen und messbar zu machen, sollte der gestärkte Kodex einen verbesserten Überwachungsrahmen auf der Grundlage klarer zentraler Leistungsindikatoren umfassen. Dabei sollten die Plattformen ihre Informationen und Daten bereitstellen und die Kommission über ihre ergriffenen Maßnahmen und relevanten Leistungsindikatoren regelmäßig informieren.
  • Einrichtung eines Transparenzzentrums und einer ständigen Taskforce: Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner sollten ein Transparenzzentrum einrichten, in dessen Rahmen sie ihre zentralen Leistungsindikatoren, relevante Daten und Parameter angeben und ihre Strategien zur Umsetzung des Kodex teilen. Eine ständige Taskforce unter dem Vorsitz der EU-Kommission sollte den Kodex in Bezug auf technologische, gesellschaftliche, marktbezogene und rechtliche Entwicklungen laufend überprüfen und anpassen. Sie sollte sich aus den unterzeichnenden Parteien, Mitgliedern des Europäischen Auswärtigen Dienstes, der Gruppe europäischer Regulierungsstellen für audiovisuelle Mediendienste (ERGA) und der Europäischen Beobachtungsstelle für digitale Medien (EDMO) sowie Expertinnen und Experten zusammensetzen.

Nächste Schritte

Die Kommission wird sich aktiv an mögliche Unterzeichnerinnen und Unterzeichner wenden und sie ermutigen, sich dem Kodex anzuschließen. Des Weiteren wird die Kommission Treffen mit bereits beigetretenen Parteien einberufen, um den Kodex zu stärken. Einen ersten Entwurf für einen überarbeiteten Kodex sollten Unterzeichnerinnen und Unterzeichner bereits im Herbst 2021 vorlegen. Zusätzlich wird die Kommission noch im Jahr 2021 einen Legislativvorschlag zur Verbesserung der Transparenz von politscher Werbung vorlegen.

Hintergrund: Bekämpfung von Desinformation auf EU-Ebene

Die Covid-19-Pandemie hat gezeigt, inwiefern Desinformationen eine Bedrohung für die Gesellschaft darstellen können. Vor allem in den Bereichen der öffentlichen Gesundheitssysteme, beim Krisenmanagement und in der Wirtschaft kann Desinformation zu erheblichen Risiken für die Gesellschaft führen.

Der Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Desinformation war bereits im Oktober 2018 vorgestellt worden. Die nun präsentierten Leitlinien beziehen sich auf festgestellte Mängel, welche in der Bewertung des Kodex durch die EU-Kommission von 2020 offengelegt wurden und die auf den Erkenntnissen aus dem Programm zur Überwachung von Desinformation im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie beruhen. Die Initiative steht im Einklang mit den Zielen des Europäischen Aktionsplans für Demokratie und damit der Förderung freier und fairer Wahlen und dem Schutz der Freiheit und des Pluralismus der Medien. Der Kodex beruht dabei auf dem Schutz der Meinungsfreiheit und der Aufrechterhaltung einer offenen demokratischen Debatte.

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