Covid-19: EU-Kommission präsentiert Vorschlag für Therapeutika-Strategie

Ziel ist die Förderung der Entwicklung, Produktion, Beschaffung und Verfügbarkeit dringend benötigter Arzneimittel zur Behandlung von Covid-19 und "Long Covid". Bis Juni 2021 sollen die 5 vielversprechendsten Therapeutika ermittelt werden; eine Zulassung von 3 neuen Medikamenten gegen Covid-19 ist bis Oktober 2021 geplant.

Pressekonferenz der Kommissarin für Gesundheit Stella Kyriakides

Die Europäische Kommission hat am 6. Mai 2021 einen Vorschlag für eine Strategie zu Covid-19-Therapeutika präsentiert, um die Entwicklung und Verfügbarkeit dringend benötigter Covid-19-Arzneimittel, auch zur Behandlung von "Long Covid", zu fördern. Denn obwohl die Impfquoten EU-weit steigen, sind Behandlungsverfahren lebenswichtig, um erkrankte Personen behandeln und die Zahl schwerer Verläufe von Covid-19 verringern zu können. Bis dato ist ein einziges Covid-19-Medikament EU-weit bedingt für die Behandlung sauerstoffpflichtiger Covid-19-Patientinnen und -Patienten zugelassen, nämlich "Veklur" (Markenname von "Remdesivir"). Mit der neuen Therapeutika-Strategie sollen neue Zulassungen, fortlaufende Überprüfungen und gemeinsame Beschaffungsverträge bis zum Jahresende 2021 umgesetzt werden. Die Strategie ergänzt dadurch auch die EU-Strategie für Covid-19-Impfstoffe vom Juni 2020.

Die EU-Kommissarin für Innovation, Forschung, Kultur, Bildung und Jugend, Mariya Gabriel, betonte: "Forschung und Innovation sind der erste Schritt, um wirksame und sichere Therapeutika zu finden." Die für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zuständige EU-Kommissarin, Stella Kyriakides, ergänzte: "Impfungen retten Leben, aber sie können Covid-19 noch nicht ausmerzen. Wir müssen stärker auf Behandlungen setzen, damit die Krankenhäuser weniger Menschen stationär aufnehmen müssen, die Erkrankten schneller genesen und die Sterblichkeit gesenkt wird. Die Patientinnen und Patienten in Europa und weltweit sollen die besten Covid-19-Arzneimittel erhalten."

Füllmaschine Ampullen

7 konkrete Elemente der EU-Strategie für Covid-19-Arzneimittel

Die Covid-19-Therapeutika-Strategie umfasst den gesamten Lebenszyklus von Arzneimitteln – von der Forschung und Entwicklung über die Produktion bis hin zu Beschaffung und Bereitstellung – und besteht aus 7 konkreten Maßnahmen und Zielen:

  • Forschung, Entwicklung und Innovation: Insgesamt 90 Millionen Euro sollen in Populationsstudien und klinische Prüfungen fließen, um Zusammenhänge zwischen Risikofaktoren und Gesundheitsergebnissen zu erkennen. Diese Erkenntnisse sollen als weitere Informationsgrundlage für die Gesundheitspolitik dienen, unter anderem auch für "Long Covid"-Patientinnen und Patienten, also Personen, die unter Langzeitfolgen des Coronavirus leiden. Bis Juli 2021 plant die Europäische Kommission, einen "Innovationsmotor für Therapeutika" einzurichten, um vielversprechende Arzneimittel von der präklinischen Forschung bis zur Zulassung zu fördern. Durch diesen "Innovationsmotor" sollen alle Forschungsbemühungen im Bereich der Covid-19-Therapeutika besser koordiniert und gebündelt werden.
  • Zugang zu klinischen Prüfungen und rasche Genehmigung: Um größere und länderübergreifende klinische Studien zu fördern, sollen Genehmigungen auf nationaler Ebene erleichtert werden. Dazu werden Mittel in Höhe von 5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um rasche Sicherheitsbewertungen und Sicherheitsdaten von klinischen Prüfungen zu finanzieren. Weitere 2 Millionen Euro sollen in beschleunigte Bewertungen fließen. Auch in die Produktion von hochwertigem Material für klinische Prüfungen wird investiert.
  • Systematische Suche nach Therapeutika: 5 Millionen Euro werden in eine Bestandsaufnahme von Behandlungen und Diagnostika investiert, um Entwicklungsstadium, Produktionskapazitäten und Lieferketten zu analysieren. Dadurch sollen auch mögliche Engpässe identifiziert werden. Bis Juni 2021 möchte die EU-Kommission eine Liste mit 10 potenziellen Therapeutika zusammenstellen, darunter die 5 für die Behandlung von Covid-19 vielversprechendsten Arzneimittel.
  • Lieferketten und Bereitstellung von Therapeutika: In diesem Bereich soll eine vorbereitende Maßnahme in Höhe von 40 Millionen Euro finanziert werden, um die flexible Produktion und den Zugang dazu für Covid-19-Arzneimittel zu fördern. Dazu wird mit dem "EU-Fab"-Projekt ein EU-weites Netz von Produktionskapazitäten für Impfstoffe und Medikamente geschaffen, das im Krisenfall von einzelnen oder mehreren Nutzerinnen und Nutzern sowie für einzelne oder mehrere Technologien verwendet werden kann. Geht es nach den Plänen der EU-Kommission, sollen Produzentinnen und Produzenten sowie andere Industrieakteure sich durch eine spezielle Vermittlungsbörse verstärkt zur Arzneimittel-Produktion zusammenschließen. Dies soll im Rahmen des "HERA Incubator" ("European Health Emergency Preparedness and Response Authority") erfolgen, dem europäischen Plan zur Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen, in dessen Rahmen Forscherinnen und Forscher, Biotechnologieunternehmen, Produzentinnen und Produzenten, Regulierungsstellen und Behörden künftig EU-weit zusammenarbeiten sollen.
  • Regulierungsflexibilität: Bis Oktober 2021 soll die Zulassung von mindestens 3 neuen Arzneimitteln und möglicherweise bis Jahresende 2021 von 2 weiteren Covid-19-Therapeutika erfolgen. Abhängig von den Forschungsergebnissen sollen bis Ende 2021 zudem 7 fortlaufende Überprüfungen vielversprechender Therapeutika eingeleitet werden. Flexible Regulierungskonzepte sollen die Bewertung von vielversprechenden und sicheren Arzneimitteln beschleunigen. Ein Pilotprojekt zu Gesundheitsdaten soll den medizinischen Aufsichtsbehörden schnelleren Zugang zu Sicherheits- und Wirksamkeitsdaten liefern.
  • Gemeinsame Beschaffung und Finanzierung: Bis Jahresende 2021 sollen 3 neue Verträge über den gemeinsamen Ankauf von zugelassenen Therapeutika gegen Covid-19 abgeschlossen werden. Auch Abnahmegarantien zur Förderung der Entwicklung und Herstellung sollen geprüft werden. Die EU-Kommission möchte den rascheren Zugang zu Arzneimitteln durch folgende Maßnahmen sichern: 1. kürzere administrative Fristen, 2. einen Mechanismus für die Verteilung knapper Produkte, 3. Mindestbestellungen in den ersten Monaten und 4. den Ausschluss einer nationalen Parallelbeschaffung derselben Produkte oder Leistungen.
  • Internationale Zusammenarbeit: Arzneimittel sollen global verfügbar sein und gerecht verteilt werden, so der Anspruch der EU-Kommission. Daher fördert sie mit Projekten wie "OPEN" (Initiative der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA zur globalen Koordinierung bei der wissenschaftlichen Evaluierung von Impfstoffen und Arzneimitteln; seit Dezember 2020 sind neben der EU auch die Weltgesundheitsorganisation WHO, Australien, Kanada, Japan und die Schweiz beteiligt) oder den "ACT-Accelerator" (Projekt der Weltgesundheitsorganisation, der EU und von weiteren globalen Gesundheitsorganisationen zur Beschleunigung des Zugangs zu Covid-19-Instrumenten; seit April 2020) gezielt die internationale Zusammenarbeit.

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