Baldiges Aus für den Kabelsalat? EU-Kommission schlägt einheitliche Ladelösung für technische Geräte vor

Vorschlag soll einheitliche Ladelösungen für Smartphones, Tablets und Laptops ermöglichen – Ziele sind eine verbesserte Verbraucherfreundlichkeit und die Verringerung von Elektroabfällen

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Die Europäische Kommission hat am 23. September 2021 Rechtsvorschriften vorgeschlagen, um für einheitliche Ladelösungen bei elektronischen Geräten zu sorgen. Mit dem Vorschlag für eine überarbeitete Funkanlagenrichtlinie sollen der Ladeanschluss und die Schnellladetechnologie harmonisiert werden. USB-C würde damit zum Standardanschluss für alle Smartphones, Tablets, Kameras, Kopfhörer, tragbare Lautsprecher und tragbare Videospielkonsolen. Darüber hinaus schlägt die Kommission vor, den Verkauf von Ladegeräten und elektronischen Geräten zu entbündeln.

Die Überarbeitung der Funkanlagenrichtlinie ist Teil weiterer Maßnahmen, die von der EU-Kommission in Bezug auf die Nachhaltigkeit von Produkten, insbesondere der Elektronik auf dem EU-Markt, ergriffen werden und die das Kernstück eines in Vorbereitung befindlichen Vorschlags über nachhaltige Produkte bilden werden.

Das Ziel: Mehr Verbraucherfreundlichkeit und weniger Abfallaufkommen

"Die europäischen Verbraucherinnen und Verbraucher haben sich lange genug über inkompatible Ladegeräte, die sich in ihren Schubladen anhäufen, geärgert. Wir haben der Industrie sehr viel Zeit eingeräumt, um eigene Lösungen vorzuschlagen. Jetzt ist es an der Zeit, gesetzgeberische Maßnahmen für ein einheitliches Ladegerät zu ergreifen. Dieser wichtige Schritt bringt viel für die Verbraucherinnen und Verbraucher, aber auch für die Umwelt und steht im Einklang mit unseren ökologischen und digitalen Ambitionen", erklärte Margrethe Vestager, die für das Ressort "Ein Europa für das digitale Zeitalter" zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin der Europäischen Kommission.

"Für alle wesentlichen elektronischen Geräte wird ein Ladegerät benötigt. Je mehr Geräte auf den Markt kommen, desto mehr Ladegeräte werden verkauft, die nicht austauschbar oder aber nicht notwendig sind. Dem setzen wir ein Ende. Unser Vorschlag schafft die Voraussetzungen dafür, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher in Europa ein einziges Ladegerät für alle ihre tragbaren elektronischen Geräte verwenden können. Dies ist ein großer Schritt hin zu mehr Verbraucherfreundlichkeit und weniger Abfallaufkommen", ergänzte der für den Binnenmarkt zuständige Kommissar Thierry Breton.

Vorschlag der Europäischen Kommission enthält 4 Punkte

Der von der EU-Kommission präsentierte Vorschlag sieht folgende 4 Punkte vor:

  • Einheitlicher Ladeanschluss: Ein harmonisierter Ladeanschluss für elektronische Geräte, nämlich USB-C, soll als einheitlicher Anschluss fungieren. So sollen die Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Geräte unabhängig von der Gerätemarke mit demselben USB-C-Ladegerät aufladen können.
  • Harmonisierte Technologie: Eine harmonisierte Schnellladetechnologie soll dazu beigetragen, dass einzelne Herstellerinnen und Hersteller die Ladegeschwindigkeit nicht ungerechtfertigt begrenzen. Die Ladegeschwindigkeit soll bei der Verwendung eines kompatiblen Ladegeräts identisch sein.
  • Entbündelung des Verkaufs von Ladegeräten und elektronischen Geräten: Der Erwerb eines neuen elektronischen Geräts soll für die Verbraucherinnen und Verbrauchern vom Kauf eines neuen Ladegeräts entkoppelt werden. Durch den damit verbundenen Rückgang "unfreiwillig" erworbener oder unbenutzter Ladegeräte werden nicht nur weniger Geräte produziert, sondern auch entsorgt. Elektronikabfälle könnten so laut EU-Kommission um beinahe 1000 Tonnen pro Jahr reduziert werden.
  • Verbesserte Verbraucherinnen- und Verbraucherinformation: Die Herstellerinnen und Hersteller werden verpflichtet, einschlägige Informationen über die Ladeleistung bereitzustellen sowie Angaben darüber zu machen, ob die Schnellladung unterstützt wird. Dadurch können Verbraucherinnen und Verbraucher besser nachvollziehen, ob ihre bisherigen Ladegeräte den Anforderungen ihres neuen Geräts entsprechen, oder leichter ein kompatibles Ladegerät auswählen. All diese Maßnahmen würden dazu beitragen, dass weniger neue Ladegeräte gekauft werden. Die Verbraucherinnen und Verbraucher könnten so gemäß Angaben der Europäischen Kommission Kosten im Ausmaß von 250 Millionen Euro im Jahr für angeschaffte Ladegeräte, die keine Verwendung finden, einsparen.

Nächste Schritte: Annahme der überarbeiteten Funkanlagenrichtlinie sowie Gewährleistung von Interoperabilität

Der präsentierte Vorschlag für eine überarbeitete Funkanlagenrichtlinie muss vom Europäischen Parlament und vom Rat im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (Mitentscheidung) angenommen werden. Vorgesehen ist eine Übergangszeit von 24 Monaten ab dem Datum der Annahme, um der Industrie ausreichend Zeit zur Anpassung vor dem Inkrafttreten zu bieten.

Damit letztendlich tatsächlich ein einheitliches Ladegerät zur Verfügung steht, muss jedenfalls Interoperabilität an beiden "Enden des Kabels" – am elektronischen Gerät und am externen Netzteil – gewährleistet sein. Die Interoperabilität aufseiten des Geräts würde mit dem Vorschlag erreicht. Die Interoperabilität des externen Netzteils wird Gegenstand einer Überprüfung der Ökodesign-Verordnung der EU-Kommission sein, die im Laufe des Jahres 2021 eingeleitet wird.

Hintergrund: Bemühungen der Europäischen Kommission um einheitliche Ladelösungen

Die Europäische Kommission bemüht sich seit Jahren um die Einführung eines einheitlichen Ladegeräts für Mobiltelefone und ähnliche elektronische Geräte. Auf Betreiben der Kommission kam 2009 eine freiwillige Vereinbarung der Branche (14 Herstellerinnen beziehungsweise Hersteller) zustande, die zur Annahme einer ersten Absichtserklärung führte. In der Folge wurde durch diese Selbstverpflichtung die Zahl der unterschiedlichen Ladegerättypen für auf dem Markt angebotene Mobiltelefone von 30 auf 3 (Micro-USB, USB-C und Lightning-Anschlüsse) reduziert. Nachdem die Absichtserklärung im Jahr 2014 ausgelaufen war, wurde ein neuer, von der Industrie im März 2018 vorgelegter Vorschlag als nicht zufriedenstellend erachtet; eine vollständige Lösung lässt weiterhin auf sich warten.

EU-weit wurden im Jahr 2020 420 Millionen Mobiltelefone und andere tragbare elektronische Geräte verkauft. Im Schnitt besitzen die Verbraucherinnen und Verbraucher etwa 3 Ladegeräte für Mobiltelefone, von denen sie 2 regelmäßig verwenden. Dennoch gaben 38 Prozent der Konsumentinnen und Konsumenten an, mindestens einmal Probleme gehabt zu haben, weil sie ihr Mobiltelefon nicht aufladen konnten, da die verfügbaren Ladegeräte nicht kompatibel waren. Diese Nicht-Kompatibilität ist nicht nur unpraktisch, sondern auch kostspielig und umweltschädlich: Jährlich werden rund 2,4 Milliarden Euro für separate Ladegeräte ausgegeben, die nicht mit elektronischen Geräten mitgeliefert werden. Darüber hinaus entstehen – durch entsorgte und ungenutzte Ladegeräte – jährlich schätzungsweise bis zu 11.000 Tonnen Elektronikabfall. Die EU-Kommission unternimmt nun erneut einen Anlauf, um für eine Verbesserung in puncto Verbraucherfreundlichkeit und Verringerung von Elektroabfällen zu sorgen.

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