EU-Lateinamerika-Karibik-Gipfel: Staaten wollen bei wichtigen Fragen verstärkt kooperieren

Gipfeltreffen am 17./18. Juli 2023 in Brüssel – Teilnahme von insgesamt 60 Staats- und Regierungschefinnen und -chefs – Erklärung zum Abschluss des Gipfeltreffens unterstreicht Bedeutung der "Zusammenarbeit als souveräne Partner" – Verstärkte Kooperation unter anderem in den Bereichen Klima, Rohstoffe, Handel, Digitales und Infrastruktur vereinbart 

Gruppenfoto EU-Lateinamerika-Gipfel 2023. Foto: Europäische Kommission.

Bundeskanzler Karl Nehammer nahm am 17./18. Juli 2023 am EU-Lateinamerika-Karibik-Gipfel in Brüssel teil. Die Gipfeltreffen der Europäischen Union mit der CELAC (auf Spanisch Abkürzung für: Comunidad de Estados Latinoamericanos y Caribeños; auf Deutsch: Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten) sind das wichtigste Forum für den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen Europa und den lateinamerikanischen und karibischen Staaten. Die Europäische Union war mit 27 Staats- und Regierungschefinnen und -chefs beim Gipfeltreffen vertreten. Den Vorsitz führten der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, und der Premierminister von St. Vincent und die Grenadinen, Ralph Gonsalves, in seiner Funktion als pro-tempore Präsident der CELAC. Für die EU nahmen zudem die Präsidentin der Kommission, Ursula von der Leyen, und der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, an dem Gipfel teil. Der Gipfel bot eine gute Gelegenheit, bilaterale Gespräche zu führen. Zudem wurde eine Reihe bilateraler Vereinbarungen geschlossen.

Bundeskanzler Nehammer betonte: 

"Beim Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefinnen und -chefs der EU, von Lateinamerika und der Karibik ging es um das große Potenzial der strategischen Partnerschaft bei Rohstoffen, grünem Wasserstoff und E-Fuels. Der Kontinent ist für uns ein wichtiger Partner, um Fachkräfte in Bereichen wie der Pflege nach Europa zu bringen. Bei dieser Gelegenheit habe ich beim Gipfel die Staats- und Regierungschefs von Chile, Belize und Brasilien zu bilateralen Gesprächen getroffen." (Quelle: Karl Nehammer Instagram)
Bundeskanzler Nehammer schreitet vor Fahnen der Länder beim EU-Lateinamerika Gipfel entlang. Foto: BKA/Dragan Tatic

Themenpalette von Stärkung des Multilateralismus über Handel bis hin zu Umwelt und Forschung

Das Treffen in Brüssel bot die Gelegenheit, die Partnerschaft zwischen der EU und der CELAC weiter zu stärken, die Zusammenarbeit im Hinblick auf einen gerechten ökologischen und digitalen Wandel zu erörtern und das gemeinsame Engagement für die Wahrung der regelbasierten internationalen Ordnung unter Beweis zu stellen. Das Thema des 3. Gipfeltreffens EU-CELAC – dem ersten seit 2015 – lautete demnach: "Erneuerung der bi-regionalen Partnerschaft zur Stärkung von Frieden und nachhaltiger Entwicklung." Auf der Agenda des Gipfeltreffens standen unter anderem die folgenden Themen:

  • Verstärkte Zusammenarbeit in multilateralen Foren;
  • Frieden und Stabilität in der Welt;
  • Handel und Investitionen, insbesondere Fortschritte bei Handelsabkommen mit der Region;
  • Wirtschaftliche Erholung;
  • Anstrengungen zur Bewältigung des Klimawandels;
  • Forschung und Innovation;
  • Gerechtigkeit und Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger.

Erklärung des Gipfeltreffens unterstreicht Stellenwert der Zusammenarbeit

"Wir bekräftigen, dass wir stärker sind und die zahlreichen Krisen und Herausforderungen unserer Zeit besser bewältigen können, wenn wir als souveräne Partner zusammenarbeiten." Dies steht in der Erklärung des Gipfeltreffens EU-CELAC 2023, welche am Ende der Tagung angenommen und von allen Ländern (mit Ausnahme eines Staates) gebilligt wurde. Ein wichtiges Ergebnis ist die Einigung, dass in diesem Format permanent – alle 2 Jahre – zusammengearbeitet werden soll. Auf dem Treffen wurde zudem der Fahrplan EU-CELAC für den Zeitraum 2023-2025 vorgestellt.

In der Abschlusserklärung bekräftigten die Führungsspitzen der EU und der CELAC ihr gemeinsames Eintreten für Demokratie, Menschenrechte und Grundfreiheiten, Rechtsstaatlichkeit, inklusiven Multilateralismus und internationale Zusammenarbeit – im Einklang mit den in der Charta der Vereinten Nationen (VN) und dem Völkerrecht verankerten Grundsätzen. Die Partnerschaft zwischen der EU und der CELAC soll zur Förderung von Stabilität und Frieden in der Welt beitragen. In diesem Zusammenhang haben die Führungsspitzen ihre tiefe Besorgnis über den anhaltenden Krieg gegen die Ukraine sowie ihre Unterstützung für einen gerechten und dauerhaften Frieden und die Schwarzmeer-Getreide-Initiative zum Ausdruck gebracht.

Die EU und die Staaten Lateinamerikas und der Karibik wollen bei Fragen zum Klimawandel, zur Biodiversität und zum technologischen Wandel verstärkt zusammenarbeiten. Die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen müssten resilienter und weiter gestärkt werden, betonten beide Seiten. Die Zusammenarbeit bei kritischen Rohstoffen und Metallen der Seltenen Erden sei in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung. Bei der Rohstoffgewinnung soll zukünftig zumindest die erste Verarbeitungsstufe in den Ländern stattfinden, in denen die Stoffe gewonnen werden. So soll Wohlstand generiert werden – auf eine Weise, die für die Menschen vor Ort die Lebenssituation verbessert und der Umwelt möglichst wenig schadet. Am Rande des Gipfeltreffens wurde auch eine gemeinsame Erklärung über eine Digitalallianz vereinbart, mit dem Ziel, die Zusammenarbeit in digitalen Fragen zum Nutzen der Bürgerinnen und Bürger zu intensivieren. Auch in den Bereichen Justiz und Sicherheit sowie bei der Stärkung der Resilienz der Gesundheitssysteme möchte man intensiver kooperieren.

"Global Gateway Investment Agenda": Kooperation bei Infrastrukturprojekten

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte im Vorfeld des Gipfeltreffens am 17. Juli 2023 die "Global Gateway–Investitionsagenda EU-LAK" (auf Englisch: "Global Gateway Investment Agenda", kurz GGIA) präsentiert, in deren Rahmen – basierend auf der "Global Gateway"-Strategie der EU – gemeinsam faire ökologische und digitale Investitionsmöglichkeiten in Lateinamerika und der Karibik ermittelt werden sollen. Die Europäische Kommission koordiniert die Entwicklung und Umsetzung der GGIA. Von der Leyen kündigte zu diesem Zweck Zusagen über finanzielle Mittel in Höhe von 45 Milliarden Euro zur Unterstützung der verstärkten Partnerschaft mit Lateinamerika und der Karibik bis 2027 an.

Im Rahmen der neuen Initiative sollen über 130 beispielhafte Projekte umgesetzt werden; dazu zählen etwa:

  • Die EU und Argentinien haben eine stärkere Zusammenarbeit im Energiebereich vereinbart. 
  • Die Absichtserklärung über den Aufbau einer Partnerschaft mit Chile betrifft die Zusammenarbeit bei nachhaltigen Rohstoff-Wertschöpfungsketten.
  • Uruguay und die EU verstärken ihre Zusammenarbeit in den Bereichen erneuerbare Energie, Energieeffizienz und erneuerbarer Wasserstoff. 
  • Im Bereich Digitales werden aktuell Maßnahmen wie der Ausbau des BELLA-Glasfaserkabels und die Einrichtung von 2 regionalen Copernicus-Zentren für die Katastrophenvorsorge, den Klimawandel sowie die Land- und Meeresüberwachung durchgeführt.
  • Weitere Vorhaben umfassen beispielsweise den Ausbau der Telekommunikationsnetze im Amazonasgebiet (Brasilien), die Unterstützung bei der Elektrifizierung des öffentlichen Nahverkehrs (Costa Rica), die Einführung eines möglichst flächendeckenden Breitbandzugangs (Jamaika) oder die Modernisierung des Stromnetzes (Paraguay).

Hintergrund: Beziehungen CELAC-EU

Die CELAC (auf Spanisch Abkürzung für: Comunidad de Estados Latinoamericanos y Caribeños; auf Deutsch: Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten) war 2010 geschaffen worden; ihr gehören 33 lateinamerikanische und karibische Staaten an. Die EU- und CELAC-Staaten machen zusammen mehr als ein Drittel der Mitglieder der Vereinten Nationen (VN) aus. Die CELAC mit ihrer rund 600 Millionen Menschen zählenden Bevölkerung und die EU mit rund 450 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern stellen zudem gemeinsam etwa 14 Prozent der Weltbevölkerung. Die 27 EU- und die 33 CELAC-Staaten erwirtschaften rund 21 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt, kurz BIP). In den vergangenen 10 Jahren ist das bilaterale Handelsvolumen um 40 Prozent auf zuletzt (2022) 369 Milliarden Euro pro Jahr bei Gütern und Dienstleistungen gewachsen. 

Anfang Juni 2023 hatten die Europäische Kommission und der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, eine umfassende Strategie – "Neue Agenda zur Stärkung der Partnerschaft der EU mit Lateinamerika und der Karibik" – angenommen.

2 Frauen gehen vor den Länderfahnen beim EU-Lateinamerika Gipfel entlang. Foto: Europäische Kommission

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