"Net Zero Industry Act": Kommission möchte bessere Bedingungen für saubere Technologien in Europa

"Netto-Null-Industrie-Verordnung" soll günstigeres Umfeld für den Ausbau der EU-Herstellungskapazitäten für "Net-Zero-Technologien" schaffen – Produktionskapazität für strategisch wichtige CO2-neutrale Technologien soll bis 2030 auf mindestens annähernd 40 Prozent des Bedarfs der Union steigen

Windräder

Die Europäische Kommission will bessere Bedingungen für die Produktion von und Investitionen in saubere Technologien in Europa schaffen. Ziel ist, dass die Produktionskapazität für die strategisch wichtigsten "Netto-Null-Technologien" bis zum Jahr 2030 mindestens 40 Prozent des Bedarfs der Union erreicht. Zu diesem Zweck sollen unter anderem Genehmigungsverfahren für strategisch wichtige Wertschöpfungsketten erleichtert, Beihilferegeln vereinfacht und die Verwendung von EU-Mitteln flexibilisiert werden. Die am 16. März 2023 von der Kommission vorgeschlagene "Netto-Null-Industrie-Verordnung" (Englisch: "Net Zero Industry Act") soll es ermöglichen, Vorhaben in Schlüsselsektoren, wie Batterien, Solarzellen, Wasserstoff und Windturbinen, sowie in allen übrigen damit zusammenhängenden Wertschöpfungsketten in Europa voranzutreiben. Zu den sogenannten "Net-Zero-Technologien" zählen neben erneuerbaren Energien auch fortgeschrittene Technologien zur Energieerzeugung aus Nuklearprozessen sowie die sogenannten "Small Modular Reactors".

Gemeinsam mit dem "Critical Raw Materials Act" und dem Industrieplan für den "Green Deal" soll ein klarer europäischer Rahmen vorgegeben werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen "Net Zero Industry" zu verbessern, Anreize für Investitionen zu bieten und den Übergang zur Klimaneutralität zu beschleunigen. Auch als eine Konsequenz aus der Covid-19-Pandemie und der durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelösten Energiekrise soll die Widerstandsfähigkeit der europäischen Lieferketten für saubere Energie gestärkt werden.

Kommissionspräsidentin von der Leyen: "Besonders gute Bedingungen für alle Sektoren, die zur Klimaneutralität beitragen"

Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, betonte bei der Präsentation der Netto-Null-Industrie-Verordnung, dass ein regulatorisches Umfeld erforderlich sei, welches einen schnellen Übergang zu sauberer Energie ermögliche: "Die Verordnung wird dafür sorgen, dass für alle Sektoren, die für die Erreichung der Klimaneutralität bis 2050 eine Rolle spielen – Technologien für Windkraftanlagen, Wärmepumpen, Solarpaneele, erneuerbaren Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid (CO2)-Speicherung – besonders gute Bedingungen gelten", so die Kommissionspräsidentin.

Frans Timmermans, Exekutiv-Vizepräsident für den europäischen "Green Deal", strich hervor: "Der Markt für saubere Technologien boomt, und je mehr wir unseren Wettbewerbsvorteil ausbauen, desto mehr hochwertige Arbeitsplätze können wir in Europa schaffen. Im weltweiten Wettlauf um die Klimaneutralität wollen wir der Industrie der Union die bestmögliche Wettbewerbsposition sichern."

Die vorgeschlagenen Maßnahmen im Überblick

Die vorgeschlagenen Rechtsvorschriften betreffen Technologien, die einen wesentlichen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten – wie Photovoltaik und Solarthermie, Onshore-Windenergie und erneuerbare Offshore-Energie, Batterien und Speicherung, Wärmepumpen und geothermische Energie, Elektrolyseure und Brennstoffzellen, Biogas/Biomethan, CO2-Abscheidung, CO2-Nutzung und CO2-Speicherung, Netztechnologien, Technologien für nachhaltige alternative Kraftstoffe und fortschrittliche Technologien zur Erzeugung von Energie aus Nuklearprozessen bei minimalem Abfall aus dem Brennstoffkreislauf, mit kleinen modularen Reaktoren und geeigneten Best-in-class-Brennstoffen.

Der Fokus der "Netto-Null-Industrie-Verordnung" liegt auf folgenden Schwerpunktbereichen:

  • Schaffung grundlegender Voraussetzungen: Mit der Verordnung sollen bessere Bedingungen für Investitionen in saubere Technologien geschaffen werden. Vor allem der Verwaltungsaufwand für die Projektkonzeption sollen verringert und Genehmigungsverfahren vereinfacht werden. Auch soll strategischen klimaneutralen Vorhaben Vorrang eingeräumt werden, beispielsweise Anlagen zur sicheren Speicherung abgeschiedener CO2-Emissionen. Für diese sollen kürzere Genehmigungsfristen und gestraffte Verfahren gelten.
  • Beschleunigung der CO2-Abscheidung: Bei strategischen CO2-Speicherstätten in der EU soll bis 2030 eine jährliche Einspeicherleistung von 50 Millionen Tonnen erreicht werden, mit proportionalen Beiträgen der europäischen Öl- und Gasproduzenten. Dies ist insbesondere für energieintensive Sektoren von Bedeutung, deren Emissionen sich nur schwer verringern lassen.
  • Erschließung von Märkten: Um die Diversifizierung des Angebots an sauberen Technologien zu fördern, müssen die Behörden bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und bei Auktionen künftig Nachhaltigkeits- und Resilienzkriterien berücksichtigen.
  • Verbesserung der Kompetenzen: Neu entstehende "Net-Zero-Industry"-Akademien sollen mit dazu beitragen, hochwertige Arbeitsplätze in diesen Sektoren zu schaffen und dem Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken.
  • Förderung von Innovation: Die Verordnung ermöglicht es den EU-Mitgliedstaaten, "Reallabore" einzurichten, um unter flexiblen Regelungsbedingungen innovative emissionsfreie Technologien testen und Innovationen fördern zu können.
  • Einrichtung einer "Net-Zero Europe"-Plattform: Sie soll die Kommission und die EU-Mitgliedstaaten dabei unterstützen, Maßnahmen zu koordinieren und Informationen auszutauschen, auch im Zusammenhang mit einschlägigen Industriepartnerschaften. Anhand gemeinsam bereitgestellter Daten sollen sich die Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele der "Netto-Null-Industrie-Verordnung" überwachen lassen.

Erste Ideen zur "Europäischen Wasserstoffbank" vorgelegt

Die Europäische Kommission präsentierte am 16. März 2023 zudem Vorstellungen zu Struktur und Aufgaben der "Europäischen Wasserstoffbank". Erste Pilotauktionen zur Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff werden im Rahmen des EU-Innovationsfonds bereits im Herbst 2023 stattfinden. Ausgewählte Projekte erhalten einen Zuschuss in Form einer festen Prämie pro Kilogramm erzeugten Wasserstoffs während maximal 10 Betriebsjahren. Die europäische Auktionsplattform kann den EU-Mitgliedstaaten auch "Auktionen als Dienstleistung" anbieten, was die Wasserstofferzeugung in Europa zusätzlich erleichtern wird. Die Kommission prüft außerdem, wie die internationale Dimension der "Europäischen Wasserstoffbank" so gestaltet werden kann, dass Anreize für den Import von erneuerbarem Wasserstoff geschaffen werden. Noch vor Jahresende dürften alle Elemente der Wasserstoffbank betriebsbereit sein.

Wasserstoff-Tankstelle

Die nächsten Schritte

Bevor die vorgeschlagene Verordnung erlassen wird und in Kraft treten kann, muss sie vom Europäischen Parlament und vom Rat der EU erörtert und gebilligt werden.

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