Eurobarometer-Umfrage: Krieg in der Ukraine bestimmt Meinungsbild der Europäerinnen und Europäer

Fast die Hälfte der Befragten vertraut der EU: Höchster gemessener Wert seit 2008 – 57 Prozent befürworten Reaktion der EU in Bezug auf den Krieg in der Ukraine – Steigende Preise und Energieversorgung werden als dringlichste Probleme der EU gesehen

Flaggen der Europäischen Union vor dem Berlaymont Gebäude

Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Europäische Union steigt und eine Mehrheit der Befragten blickt optimistisch in die Zukunft der EU. Dies sind 2 zentrale Ergebnisse der am 6. September 2022 veröffentlichten "Standard-Eurobarometer-Umfrage 97 – Die öffentliche Meinung in der Europäischen Union – Sommer 2022" im Auftrag der Europäischen Kommission.

Vertrauen in die EU mit 49 Prozent am höchsten gemessenen Stand seit 2008

  • 47 Prozent der Befragten in den 27 EU-Mitgliedstaaten haben ein allgemein positives Bild der EU, während 36 Prozent die Union neutral sehen und 16 Prozent ein negatives Image der EU haben. In Österreich sieht ein Großteil der Befragten die EU neutral (37 Prozent), während 35 Prozent der Bürgerinnen und Bürger hierzulande die Union positiv bewerten und 28 Prozent negativ.
  • Den Ergebnissen der Standard-Eurobarometer-Umfrage zufolge ist das Vertrauen der Befragten in die EU im Vergleich zur Standard-Eurobarometer-Umfrage vom Winter 2021/2022 leicht gestiegen: Derzeit gibt mit fast 49 Prozent – und damit 2 Prozentpunkte mehr als im Winter 2021/20222 – fast die Hälfte der Befragten an, der EU zu vertrauen. Dies ist der höchste gemessene Wert seit Frühjahr 2008. In Österreich vertrauen 44 Prozent der EU. Die höchsten Werte erzielen Malta (71 Prozent), Litauen (69 Prozent) und Portugal (68 Prozent), während das Vertrauen in die EU in Kroatien (42 Prozent), Griechenland (37 Prozent) und Frankreich (34 Prozent) am schwächsten ausgeprägt ist.
  • Insgesamt 65 Prozent der Europäerinnen und Europäer sehen optimistisch in die Zukunft der EU, 14 Prozent zeigen sich diesbezüglich pessimistisch. Die höchsten Anteile an Bürgerinnen und Bürgern mit mehrheitlich optimistischer Einstellung finden sich in Irland und Polen mit jeweils 83 Prozent, gefolgt von Malta mit 82 Prozent. Etwas mehr als die Hälfte (53 Prozent) der Österreicherinnen und Österreicher sieht optimistisch in die Zukunft der EU. Damit reiht sich Österreich an drittletzter Stelle – vor Frankreich (50 Prozent) und Griechenland (44 Prozent) – in das Ranking ein. Im Vergleich zur Befragung vom Winter 2021/2022 ist der Optimismus mit Blick auf die Zukunft der EU in 16 Mitgliedstaaten gestiegen.

Russlands Invasion in die Ukraine und ihre Folgen

Insgesamt 57 Prozent der Befragten in den Mitgliedstaaten sind mit der Reaktion der EU auf Russlands Invasion in die Ukraine mehrheitlich zufrieden. In Österreich zeigen sich 50 Prozent mit der Reaktion der EU und 52 Prozent mit der Reaktion der nationalen Regierung mehrheitlich zufrieden. Die Maßnahmen, welche die EU als Reaktion auf Russlands Invasion in die Ukraine ergriffen hat, stößt bei einer Mehrheit der Bevölkerung in den EU-Ländern ("voll und ganz", "eher") auf Zustimmung:

  • Die "Bereitstellung humanitärer Hilfe für Menschen, die vom Krieg betroffen sind" erfährt im EU-Durchschnitt mit 92 Prozent die stärkste Unterstützung. In Österreich wird diese Maßnahme von 85 Prozent der Bürgerinnen und Bürger befürwortet.
  • Auch die "Aufnahme von Kriegsgeflüchteten in der EU" findet bei den befragten EU-Bürgerinnen und -Bürgern mit 90 Prozent hohen Zuspruch; in Österreich liegt die Zustimmung bei 80 Prozent.
  • Für die "Finanzierung des Kaufs und der Lieferung von militärischer Ausrüstung für/an die Ukraine" sprechen sich im EU-Schnitt 68 Prozent der Befragten aus. Diese Maßnahme wird vor allem in Schweden (92 Prozent), Polen und Dänemark (jeweils 91 Prozent) stark unterstützt. In Österreich steht jede beziehungsweise jeder zweite Befragte (50 Prozent) der Finanzierung des Kaufs beziehungsweise Lieferung von militärischer Ausrüstung an die Ukraine positiv gegenüber. Am geringsten ausgeprägt ist die Unterstützung für diese Maßnahme bei den Befragten auf Zypern (44 Prozent), in Griechenland (41 Prozent) sowie Bulgarien (35 Prozent).
  • 78 Prozent der Befragten in den EU-Ländern beziehungsweise 64 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher befürworten die von der EU gegen die russische Regierung sowie gegen russische Unternehmen und Einzelpersonen verhängten Wirtschaftssanktionen. Die größte Zustimmung findet sich in Portugal mit 94 Prozent sowie in Dänemark und Schweden mit jeweils 93 Prozent: geringer ausgeprägt ist sie in Griechenland mit 60 Prozent, auf Zypern mit 49 Prozent sowie in Bulgarien mit 46 Prozent.
  • Von den verschiedenen Maßnahmen, welche die EU im Bereich der Energiepolitik ergriffen hat, besteht die größte Einigkeit darüber, dass "die EU massiv in erneuerbare Energien wie Wind- und Solarenergie investieren" sollte – 87 Prozent der Befragten in den EU-Staaten beziehungsweise 82 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher stimmen dieser Aussage "voll und ganz" beziehungsweise "eher" zu. Dass die EU ihre Abhängigkeit von russischen Energiequellen so schnell wie möglich verringern und Gasspeicher rasch aufgefüllt werden sollten findet mit jeweils 86 Prozent im EU-Durchschnitt ebenfalls hohe Zustimmung; in Österreich sind 82 Prozent beziehungsweise 86 Prozent dieser Meinung. Darüber hinaus sind 85 Prozent der Befragten in den 27 EU-Ländern sowie 74 Prozent der österreichischen Bevölkerung der Meinung, dass eine Steigerung der Energieeffizienz die Abhängigkeit von Energieerzeugern außerhalb der EU verringern wird. 83 Prozent der Befragten in den EU-Staaten sowie 78 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher sind dafür, dass die Mitgliedstaaten Energie aus anderen Ländern ankaufen sollte, um einen besseren Preis zu erzielen. 78 Prozent der EU-Bürgerinnen und Bürger sowie 73 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher geben an, dass sie kürzlich Maßnahmen ergriffen haben, um ihren Energieverbrauch zu senken, oder dies in naher Zukunft tun wollen.
  • Eine große Mehrheit der Europäerinnen und Europäer (88 Prozent im EU-Schnitt beziehungsweise 81 Prozent in Österreich) ist der Meinung, dass der Krieg in der Ukraine schwerwiegende wirtschaftliche Folgen für ihr jeweiliges Land gehabt hat. 62 Prozent der Befragten im EU-Schnitt beziehungsweise 59 Prozent der Befragten in Österreich geben an, dass der Krieg für sie persönlich schwerwiegende finanzielle Folgen gehabt hat.

Die dringlichsten Sorgen der Europäerinnen und Europäer: Steigende Preise sowie Energieversorgungssicherheit

Welche Themen auf europäischer Ebene bereiten den Bürgerinnen und Bürgern in den Mitgliedstaaten aktuell die größten Sorgen? Mit 34 Prozent belegt der Themenkomplex "Steigende Preise/Inflation/Lebenshaltungskosten" den ersten Platz im Ranking der dringlichsten Sorgen (plus 10 Prozentpunkte im Vergleich zum Winter 2021/2022), gefolgt von "Energieversorgung" mit 28 Prozent (plus 12 Prozentpunkte im Vergleich zum Winter 2021/2022). Das Thema "Die internationale Lage" (28 Prozent; eine Auswahlmöglichkeit, die in dieser Umfrage zum ersten Mal abgefragt worden ist) findet sich auf Platz 3, während "Umwelt und Klimawandel" von Platz 1 der dringlichsten Sorgen auf Platz 4 zurückgerutscht ist (20 Prozent, minus 6 Prozentpunkte im Vergleich zum Winter 2021/2022). Im Österreich-Ranking liegen ebenfalls "Steigende Preise/Inflation/Lebenshaltungskosten" (36 Prozent) und "Energieversorgung" (35 Prozent) auf den ersten beiden Plätzen, gefolgt von "Umwelt und Klimawandel" (23 Prozent) an dritter sowie "Die internationale Lage" (21 Prozent) an vierter Stelle.

Mehrheitlich Zustimmung für Gemeinsame Verteidigungs- und Außenpolitik – Erweiterungsskepsis in Österreich

  • Abgefragt wurde in der Eurobarometer-Umfrage zudem die Unterstützung für eine gemeinsame Verteidigungs- und Sicherheitspolitik der EU-Mitgliedstaaten innerhalb der Bevölkerung: Gegenüber der Umfrage vom Winter 2021/2022 liegt diese unverändert bei 77 Prozent. Die Anteile der Befürworterinnen und Befürworter bewegen sich zwischen 89 Prozent in Litauen, 88 Prozent in Luxemburg und 87 Prozent in Belgien, während die Zustimmung in anderen Staaten mit 61 Prozent in Österreich, 64 Prozent in Bulgarien sowie 67 Prozent in Rumänien weniger deutlich ausgeprägt ist.
  • Eine gemeinsame Energiepolitik der EU-Mitgliedstaaten stößt mit 75 Prozent (EU-Schnitt) auf große Zustimmung, insbesondere in Luxemburg (89 Prozent), auf Zypern (87 Prozent) sowie Malta (86 Prozent). Niedriger fällt die Zustimmung in Tschechien (57 Prozent), Österreich (56 Prozent) sowie in Bulgarien (55 Prozent) aus.
  • 70 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in den Mitgliedstaaten sprechen sich für eine gemeinsame Außenpolitik der EU-Mitgliedstaaten aus; in Österreich liegt die diesbezügliche Zustimmung bei 60 Prozent. Die meisten Befürworterinnen und Befürworter sind vor allem auf Zypern und in Litauen (mit jeweils 83 Prozent), in Spanien (mit 81 Prozent) sowie in Deutschland (mit 79 Prozent) zu finden. Geringer fällt die Zustimmung für eine gemeinsam EU-Außenpolitik in Frankreich und Schweden (mit jeweils 53 Prozent) sowie in Dänemark (mit 52 Prozent) aus.
  • Eine gemeinsame europäische Einwanderungspolitik wird im EU-Schnitt von 70 Prozent der Befragten befürwortet. In Österreich sprechen sich 46 Prozent der Bürgerinnen und Bürger dafür aus. Die höchsten Zustimmungsraten sind in Spanien, Luxemburg und auf Malta (mit jeweils 82 Prozent) sowie in Irland und Griechenland (mit jeweils 80 Prozent) und in Deutschland sowie auf Zypern (mit jeweils 79 Prozent) zu verzeichnen, während sich in Estland 50 Prozent, in Österreich 46 Prozent und in Tschechien 42 Prozent der Bürgerinnen und Bürger für eine gemeinsame EU-Einwanderungspolitik aussprechen.
  • Beinahe 6 von 10 EU-Bürgerinnen beziehungsweise Bürgern, nämlich 57 Prozent, sprechen sich für eine zusätzliche Erweiterung der EU, um in den nächsten Jahren andere Länder aufzunehmen, aus. Damit ist dieser Wert 10 Prozentpunkte höher als im Winter 2021/2022 (besonders starker Anstieg in den Niederlanden mit plus 24 Prozentpunkten auf 58 Prozent; in Schweden mit plus 21 Prozentpunkten auf 62 Prozent; in Dänemark mit plus 20 Prozentpunkten auf 64 Prozent; in Deutschland mit plus 20 Prozentpunkten auf 52 Prozent). Im EU-Schnitt sind 33 Prozent der Befragten (minus 9 Prozentpunkte im Vergleich zum Winter 2021/2022) gegen eine zusätzliche Erweiterung der EU, 10 Prozent (minus 1 Prozentpunkt im Vergleich zum Winter 2021/2022) antworten mit "Weiß nicht" oder enthalten sich der Antwort. Am höchsten fällt die Zustimmung für die EU-Erweiterung in Litauen (81 Prozent dafür), auf Malta (80 Prozent dafür) sowie in Polen (75 Prozent) aus. Im Mittelfeld liegen Finnland und Tschechien mit jeweils 51 Prozent Zustimmung. In Österreich und Frankreich ist die Zahl derjenigen, welche eine EU-Erweiterung ablehnen, größer als jene der Befürworterinnen und Befürworter (Österreich: 33 Prozent dafür versus 56 Prozent dagegen; Frankreich: 40 Prozent dafür versus 46 Prozent dagegen).

Wahrnehmung der wirtschaftlichen Lage in der EU: Große Unterschiede zwischen Mitgliedstaaten

  • Die Wahrnehmung der Lage der europäischen Wirtschaft hat sich im Vergleich zur Umfrage aus dem Winter 2021/2022 verschlechtert, weist jedoch erheblich Unterschiede im Hinblick auf die einzelnen Mitgliedstaaten auf: Aktuell bewerten im EU-Schnitt 40 Prozent der Bürgerinnen und Bürger die wirtschaftliche Lage der EU als "gut" (minus 5 Prozentpunkte im Vergleich zum Winter 2021/2022) und 51 Prozent als "schlecht" (plus 7 Prozentpunkte im Vergleich zum Winter 2021/2022). Österreich liegt weitgehend im Schnitt der Befragten in den EU-Staaten: So beurteilen 41 Prozent der österreichischen Bürgerinnen und Bürger die wirtschaftliche Lage der EU als "gut" und 56 Prozent als "schlecht".
  • Im EU-Ländervergleich zeigen sich erhebliche Unterschiede im Hinblick auf die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Lage in der EU: Während auf Malta (72 Prozent), in Litauen (68 Prozent) und Dänemark (63 Prozent) die meisten Befragten die wirtschaftliche Lage der EU für "gut" halten, teilen nur jeweils 25 Prozent der Befragten in Frankreich und Spanien sowie 26 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in Tschechien diese Einschätzung.
  • Pessimistisch zeigen sich die Befragten, was die wirtschaftliche Entwicklung in der EU in den nächsten 12 Monaten betrifft: 42 Prozent der EU-Bürgerinnen und -Bürger erwarten sich eine Verschlechterung der ökonomischen Situation, 34 Prozent eine gleichbleibende Lage und 16 Prozent eine Verbesserung. In Österreich gehen 53 Prozent der Befragten von einer sich verschlechternden wirtschaftlichen Situation in den nächsten 12 Monaten aus; 31 Prozent erwarten sich eine gleichbleibende Entwicklung, 11 Prozent eine Verbesserung.
  • Die Euro-Zustimmungsrate ist unterdessen so hoch wie noch nie: 8 von 10 Befragten im Euro-Währungsgebiet (plus 3 Prozentpunkte) und 72 Prozent in der EU (plus 3 Prozentpunkte) befürworten eine europäische Wirtschafts- und Währungsunion mit einer gemeinsamen Währung, dem Euro. In Österreich befürworten 71 Prozent die gemeinsame Währung. Mehr als die Hälfte der EU-Bürgerinnen und -Bürger (56 Prozent) beziehungsweise der Österreicherinnen und Österreicher (57 Prozent) ist der Ansicht, dass mit "Next Generation EU" als größtem Konjunkturpaket der Union wirksam auf die aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen reagiert werden kann.

Coronavirus-Pandemie: Zustimmung zu Maßnahmen der EU sowie der Mitgliedstaaten erhöht

  • Im EU-Schnitt sind 56 Prozent der Befragten und in Österreich 46 Prozent der Befragten mit den von den nationalen Regierungen ergriffenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie zufrieden (plus 6 Prozentpunkte im Vergleich zum Winter 2021/2022). Die meiste Zustimmung für die von den jeweiligen nationalen Regierungen ergriffenen Maßnahmen gegen Covid-19 gibt es auf Malta (88 Prozent), Dänemark, Irland (jeweils 84 Prozent) sowie Luxemburg (80 Prozent), während die Unzufriedenheit darüber in Lettland (58 Prozent), Griechenland (61 Prozent) und in der Slowakei (63 Prozent) am höchsten ist.
  • Auch die Zufriedenheit mit den Maßnahmen, die von der Europäischen Union ergriffen wurden, um die Coronavirus-Pandemie zu bekämpfen, ist gestiegen und beträgt aktuell im EU-Schnitt 56 Prozent (plus 7 Prozentpunkte im Vergleich zum Winter 2021/2022) und in Österreich 46 Prozent. Die höchsten Anteile sind dabei in Malta (86 Prozent), Irland (80 Prozent) und Portugal (77 Prozent) zu verzeichnen, die größte Unzufriedenheit in Frankreich (45 Prozent), Tschechien (49 Prozent) und Österreich (50 Prozent).

Hintergrund: "Standard-Eurobarometer-Umfrage 97 – Sommer 2022" der Europäischen Kommission

Die "Standard-Eurobarometer-Umfrage 97 – Die öffentliche Meinung in der Europäischen Union – Sommer 2022" der Europäischen Kommission wurde zwischen 17. Juni und 17. Juli 2022 unter 26.468 Befragten in den 27 EU-Mitgliedstaaten (darunter 1.006 Personen aus Österreich) in Form von persönlichen Gesprächen durchgeführt und bei Bedarf durch Online-Interviews ergänzt. Die Ergebnisse wurden entsprechend der Bevölkerungszahl der einzelnen EU-Mitgliedstaaten gewichtet.

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