EU will nachhaltige Produkte zur Norm machen

Kommission präsentiert Vorschläge im Rahmen des "Green Deals", um Produkte nachhaltiger zu machen – Maßnahmen betreffen vor allem Textil-, Bau- sowie Elektroniksektor und könnten zu einer Reduktion von 132 Millionen Tonnen an Primärenergie bis 2030 führen

Textilfabrik in Bosnien und Herzegowina

Die EU möchte fast alle physischen Waren auf dem Binnenmarkt während ihres gesamten Lebenszyklus – vom Entwurf über den täglichen Gebrauch bis hin zur Entsorgung oder Umnutzung – umweltfreundlicher, kreislauffähiger und energieeffizienter machen. Vor diesem Hintergrund hat die Europäische Kommission am 30. März 2022 ein Paket von Vorschlägen im Rahmen des "Green Deals" präsentiert, mit denen nachhaltige Produkte in der EU zur Norm gemacht, kreislauforientierte Geschäftsmodelle gefördert und die Verbraucherinnen und Verbraucher beim "grünen" Wandel gestärkt werden sollen.

Zusätzlich legte die Kommission eine neue Strategie vor, die dazu beitragen soll, dass Textilien künftig haltbarer, wiederverwendet oder recycelt werden können. So möchte die Kommission der sogenannten "Fast Fashion" entgegenwirken und die Vernichtung unverkaufter Textilien möglichst verhindern. Auch die sozialen Rechte der Arbeitskräfte bei der Herstellung von Textilien sollen gewahrt bleiben. Ferner beinhaltet das Paket einen Vorschlag, mit dem der Binnenmarkt für Bauprodukte gestärkt und sichergestellt werden soll, dass sich mit dem bestehenden Rechtsrahmen die Nachhaltigkeits- und Klimaziele der EU in der baulichen Umwelt verwirklichen lassen.

Mit den neuen Vorschlägen im Rahmen des "Green Deals" möchte die Kommission eine echte Kreislaufwirtschaft in der EU verwirklichen, die nicht mehr von Energie- und Ressourcenabhängigkeit geprägt ist. Bereits 2021 konnten die Verbraucherinnen und Verbraucher dank der bestehenden Ökodesign-Anforderungen der EU Energiekosten in Höhe von 120 Milliarden Euro einsparen. Im Vorschlag für eine Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte geht es um die Produktgestaltung, die für bis zu 80 Prozent der Umweltauswirkungen eines Produkts während seines Lebenszyklus maßgeblich ist. Die neuen Vorschläge bauen auf den bestehenden Ökodesign-Vorschriften auf und könnten zu einer Reduktion von 132 Millionen Tonnen an Primärenergie bis 2030 führen. Dies ist nach Angaben der Kommission vergleichbar mit etwa 150 Milliarden Kubikmeter Erdgas, was fast der Gesamtheit der russischen Erdgasimporte der EU entspräche.

Exekutiv-Vizepräsident Frans Timmermans: "Vorschläge stellen sicher, dass in Europa nur die nachhaltigsten Produkte angeboten werden"

Der für den europäischen "Green Deal" zuständige Exekutiv-Vizepräsident der Kommission, Frans Timmermans, erklärte dazu: "Es ist höchste Zeit, dass wir das Modell der Wegwerfgesellschaft ad acta legen, das für unseren Planeten, unsere Gesundheit und unsere Wirtschaft so schädlich ist. Die vorgelegten Vorschläge stellen sicher, dass in Europa nur die nachhaltigsten Produkte angeboten werden. So können Verbraucherinnen und Verbraucher ihren Energieverbrauch senken und kaputte Produkte reparieren lassen, anstatt sie zu ersetzen. Ferner können sie beim Kauf neuer Produkte intelligente, umweltverträgliche Entscheidungen treffen. Auf diese Weise bringen wir unser Verhältnis zur Natur wieder ins Gleichgewicht und sind weniger anfällig für Störungen in globalen Lieferketten."

Der für den Binnenmarkt zuständige Kommissar, Thierry Breton, ergänzte: "Die europäischen Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten zu Recht umweltfreundlichere und langlebigere Produkte. Mehr Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz bedeutet auch mehr Resilienz, wenn die Lieferketten unserer Industrie durch eine Krise unterbrochen werden. Wenn wir das Potenzial des Binnenmarkts nutzen, digitale Instrumente optimal einsetzen und die Marktüberwachung verbessern, maximieren wir die Chancen für Unternehmen ebenso wie für Verbraucherinnen und Verbraucher. Eine größere Ressourcen- und Energieeffizienz insbesondere im Bau- und im Textilsektor wird dazu führen, dass überall in Europa hoch qualifizierte Arbeitsplätze entstehen."

Mehr Nachhaltigkeit im Textil- und Bausektor – Die neuen Vorschläge der Kommission im Überblick:

  • Der Vorschlag der Kommission enthält neue Anforderungen, damit Produkte nachhaltiger sind und ressourceneffizient gestaltet werden können. Zusätzlich sollen alle unter die Verordnung fallenden Produkte mit digitalen Produktpässen gekennzeichnet werden, um Produkte leichter zu reparieren und zu recyceln beziehungsweise bedenkliche Stoffe einfacher entlang der Lieferkette zurückzuverfolgen. Des Weiteren soll die Vernichtung unverkaufter Verbraucherinnen- beziehungsweise Verbraucherprodukte beendet werden. Durch die Ausweitung einer umweltorientierten öffentlichen Auftragsvergabe sollen neue Anreize zur Schaffung von nachhaltigen Produkten geschaffen werden.
  • Um gegen "Fast Fashion" vorzugehen, werden in einer neuen Strategie die Unternehmen aufgefordert, die Zahl der Kollektionen pro Jahr zu verringern, Verantwortung zu übernehmen und Maßnahmen zu ergreifen, um ihren CO2- und Umweltfußabdruck zu verringern. So werden die EU-Mitgliedstaaten aufgefordert, den Wiederverwendungs- und Reparatursektor steuerlich zu begünstigen.
  • Um dem Abfallaufkommen, vor allem im Bereich der Verbraucherinnen- beziehungsweise Verbraucherelektronik (Smartphones, Tablets, Photovoltaikanlagen), entgegenzuwirken, hat die Kommission einen Arbeitsplan für Ökodesign und die Energieverbrauchskennzeichnung für die Jahre von 2022 bis 2024 angenommen, um neue energieverbrauchsrelevante Produkte zu erfassen und die Ziele für bereits regulierte Produkte anzupassen beziehungsweise höher zu stecken.
  • Laut Europäischer Kommission entfallen knapp 10 Prozent der Wertschöpfungskette der EU auf das Bau-Ökosystem, in dem mehr als 25 Millionen Menschen beschäftigt sind. Demnach entfallen auf Gebäude rund 50 Prozent der Gewinnung und des Verbrauchs von Ressourcen, rund 30 Prozent des jährlichen Abfallaufkommens und 40 Prozent des Energieverbrauchs in der EU. Gebäude sind durch den damit bedingten Energieverbrauch für etwa 36 Prozent der Treibhausgasemissionen in der EU verantwortlich. Vor diesem Hintergrund hat die Kommission die seit 2011 geltende Bauprodukteverordnung überarbeitet. Durch neue Produktanforderungen soll sichergestellt werden, dass das Design und die Herstellung von Bauprodukten auf dem neuesten Stand der Technik beruhen, um sie haltbarer zu machen und damit sie leichter repariert, recycelt oder wiederaufgearbeitet werden können.

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