Integrationsministerin Susanne Raab: "Wir brauchen mehr qualifizierte Zuwanderung"

Präsentation des jährlichen Integrationsberichtes

"Für uns ist der Integrationsbericht jährlich ein Seismograph für die Integration, wie es auch in Zukunft weitergehen könnte und wo wir in der Politik Ableitungen treffen müssen", hielt Integrationsministerin Susanne Raab bei der Präsentation des Integrationsberichtes 2023 zusammen mit Univ.-Prof.in Dr.in Katharina Pabel und Prof. Dr. Tobias Thomas im Bundeskanzleramt fest. Österreich sei derzeit in einer Situation, wo es viele verschiedene Formen der Zuwanderung gebe: "Asylmigration aus den klassischen Fluchtländer Syrien, Afghanistan, Irak. Wir haben Zuwanderung der vertriebenen Ukrainerinnen und Ukrainer, Personen, die in den Arbeitsmarkt direkt über die Rot-Weiß-Rot-Card kommen und natürlich auch EU-Zuwanderung." Entsprechend unterschiedlich seien auch die Integrationsherausforderungen, hob Bundesministerin Raab hervor: "Es ist nicht nur relevant, wie viele Menschen zu uns kommen. Es ist auch relevant, welche Menschen, mit welchem Qualifikationsniveau und aus welcher Region nach Österreich kommen."

Fluchtmigration geht zurück

Positiv zu bewerten sei, dass die klassische Asylmigration stark zurückgehe, betonte Susanne Raab. Im Jahr 2022 habe es noch 112.000 Asylanträge gegeben, 44.000 in der ersten Jahreshälfte. 2023 seien bisher nur 23.000 Asylanträge gestellt worden: "Da sieht man, dass die Maßnahmen rund um die Asylbremse auch Wirkung zeigen", so die Integrationsministerin. Die Zahlen würden aber auch Probleme aufzeigen. So habe man 2022 21.000 positive Asylbescheide gehabt, im Vergleich dazu aber nur 2.900 Menschen, die mit der Rot-Weiß-Rot-Card im Rahmen der qualifizierten Zuwanderung gekommen sind. "Die Zuwanderung durch Fluchtmigration ist bei der Integration die absolut herausforderndste, langwierigste und, wie man an den Zahlen sieht, auch die teuerste Form", hielt Raab fest.

Mit der Fluchtmigration komme auch ein hoher Anteil an niedrig qualifizierten Menschen. Die Zahlen würden zeigen, dass 7 von 10 Personen, die 2022 Asyl oder subsidiären Schutz erhalten haben, einen Alphabetisierungsbedarf aufweisen, die Hälfte davon auch in ihrer Muttersprache. Der Integrationsbericht erhebt auch Zahlen der Migrantinnen und Migranten im Sozialsystem. Auch hier sehe man Probleme, erläuterte Raab: "In Wien hatten 60 Prozent der Bezieher eine ausländische Staatsangehörigkeit: 77 Prozent der Syrerinnen und Syrer beziehen in Wien Sozialhilfe, 71 Prozent der somalischen Staatsangehörigen und 57 Prozent der afghanischen Staatsangehörigen."

Arbeitsmarkt und nicht Sozialsystem als Magnet für Zuwanderung

"Die Zuwanderung, die wir brauchen, ist eine qualifizierte Zuwanderung, keine Zuwanderung ins Sozialsystem", betonte die Ministerin. Nicht das Sozialsystem, sondern der Arbeitsmarkt müsse Magnet der Zuwanderung sein. Hier müsse man ansetzen, vor allem, da Österreich auch im Vergleich zu anderen EU-Ländern einen sehr hohen Anteil an Fluchtmigration vorweise. "Wir denken daher darüber nach, dass wir nach dem dänischen Vorbild eine Wartefrist für die volle Bezugshöhe der Sozialhilfe einführen", so Raab. Wichtig sei es, die Menschen in den Arbeitsmarkt zu bringen, denn: "Wer von Beginn an arbeitet, bei dem ist die Integration um ein Vielfaches einfacher."

Wettbewerb um die besten Köpfe

"Österreich muss aber im Wettbewerb für die besten Köpfe attraktiv sein", führte die Ministerin weiter aus. Denn der Arbeitsmarkt brauche in allen Branchen qualifizierte Zuwanderung, es gebe in Österreich 220.000 offene Stellen. Hier wolle man auch im Integrationsbereich mitwirken und habe deshalb eine Koordinierungsstelle für Fachkräfte eingerichtet. "Hier möchten wir auch den Beitrag aus Integrationssicht leisten und in jedem Bundesland ein Beratungsangebot für qualifizierte Fachkräfte: mit den Schwerpunkten Arbeitsmarkt in Österreich, Deutschkurse, Fachsprachenkurse und Angebote für Familienangehörigen und Kinder anbieten", so Raab.

Schwerpunkt bei Jugendlichen: Integration in den Arbeitsmarkt

"Im Bereich der Jugendlichen haben wir auch aus Integrationssicht Schwerpunkte, die wir weiter forcieren möchten. Um dem Arbeitskräftebedarf zu begegnen und dem Fachkräftemangel zu entgegnen, muss man auch die Jugendlichen mitnehmen, denn die Jugendlichen sind die Fachkräfte und die Arbeitskräfte von morgen", begründete Susanne Raab den Schwerpunkt bei Jugendlichen. Man werde daher Karrieremessen anbieten, die sich speziell an Jugendliche im Bereich der Lehre wenden. Im Bereich von "Zusammen.Österreich" werde man mit Hilfe von Integrationsbotschaftern und Botschafterinnen den Jugendlichen an den Schulen einen Einblick in den Arbeitsmarkt geben. Aber auch die Eltern der Kinder müsse man einbeziehen. Daher werde man auch einen Schwerpunkt im Bereich der Werte- und Orientierungskurse verankern, wo über das Bildungssystem in Österreich gesprochen wird.

Integrationssystem funktioniert – wenn Integrationswille da ist

Der Integrationsbericht zeige aber auch: "Unser Integrationssystem ist durchaus erfolgreich. Integration ist keine Einbahnstraße, man sieht, wenn der Wille da ist, dann greifen unsere Integrationsstrukturen auch sehr gut. Das beste Beispiel dafür sind Ukrainerinnen und Ukrainer. Nahezu 80 Prozent der Ukrainerinnen, die nach Österreich gekommen sind, haben den Deutschkurs beim ersten Mal geschafft." Diese Zahlen seien deutlich höher als bei Asylwerbern aus Afghanistan oder Syrien. Das zeige, dass Integration möglich ist, wo ein Wille vorhanden sei.

Die Ministerin äußerte sich auch kritisch gegenüber der bisherigen Situation: "Es gibt auch Grenzen, die im Bericht aufgezeigt werden: Man sieht, dass Zuwanderer sehr lange in Kursformaten verharren und den Sprung in den Arbeitsmarkt nicht schaffen." Dafür habe sie in der derzeitigen Arbeitsmarktsituation kein Verständnis. Denn Unternehmen würden händeringend nach Arbeitskräften suchen und seien auch immer offener für Migrantinnen und Migranten. Das Ziel hier sei, führte Ministerin Raab aus, dass die Arbeitsmarktintegration rascher stattfinde und Zuwanderinnen und Zuwanderer nicht in Endloskursschleifen hängen. Hier wolle sie als Ministerin prüfen, ob man hier nicht von einer reinen Teilnahmepflicht mehr hin zu einer Leistungspflicht denken könne, denn "derzeit sind Zuwanderinnen und Zuwanderer verpflichtet an einem Deutschkurs teilzunehmen und ich denke, man kann auch darüber nachdenken, innerhalb einer gewissen Zeit ein gewisses Kursniveau auch erreichen zu müssen".

"Wir wollen, dass das oberste Prinzip ist, dass wenn man nach Österreich kommt, auch arbeiten geht. Und ich denke, dass ist in der derzeitigen Arbeitsmarktsituation auch nicht zu viel verlangt." Daher werde man den Fokus der Integrationsmaßnahmen in Richtung Arbeitsmarkt ausrichten, hielt Integrationsministerin Susanne Raab abschießend fest.

Pressekonferenz zur Präsentation des Integrationsbericht 2023

(Pressekonferenz auf YouTube ansehen.)

Bilder von der Pressekonferenz sind über das Fotoservice des Bundeskanzleramts kostenfrei abrufbar.

Zum Integrationsbericht.