Bundeskanzler Nehammer: In Krisenzeiten einen Weg der Zusammenarbeit finden

"Glaubt an dieses Österreich" – Festakt zum Gedenken an Leopold Figl

"Leopold Figl als Persönlichkeit ist für mich prägend und vorbildhaft, weil er ein außergewöhnlicher Mensch war, wie er mit seinem Leben an sich umgegangen ist: Er war unter anderem Häftling in Dachau, wo er gefoltert wurde. Er hat dennoch seinen Glauben an das freie, demokratische Österreich nicht verloren", betonte Bundeskanzler Karl Nehammer anlässlich eines Festakts im Bundeskanzleramt zum Gedenken an Leopold Figl. Man dürfe diese Zeitepoche nicht vergessen, denn sie sei für die Politik später identitätsstiftend gewesen. "Er war nicht nur ein taktisch kluger Verhandler, sondern hat sich alles gemerkt, was zu seiner Zeit im Konzentrationslager passiert ist. Figl ist einer, der sich auch in der schlimmsten Krise bewährt hat", so der österreichische Regierungschef. So habe er sich vor seiner Entlassung aus dem Lager sogar für die anderen politischen Häftlinge eingesetzt.

In einer Zeit der Bedrohung Haltung zeigen

"Aus dem, was man gelebt hat, zu lernen und Ableitungen für die Zukunft zu treffen, ist etwas, das uns als Mensch weiterentwickelt. Das ist in der Zweiten Republik gelungen", so Nehammer. "Demokratie neu denken und einen Weg der Zusammenarbeit finden, ist gerade in Krisenzeiten ein Vorbild. Krisenzeiten sind plötzlich in neuer Dimension da: Seit 1945 herrscht wieder der erste Krieg auf europäischem Boden. Wir haben die Herausforderung in vielerlei Hinsicht, diese Krise mit den Konsequenzen zu meistern", hielt der Bundeskanzler bei seiner Rede fest. "Krisen zeigen Schwächen auf. Der Krieg hat uns gezeigt, dass wir in unerträglicher Art und Weise verwundbar sind. Wenn wir etwas lernen müssen, dann ist es, dass wir auch jetzt ermahnt werden, wie noch nie zuvor, gerade in einer Zeit der Angst und Bedrohung Haltung zu zeigen. Was uns beschwert, ist der Krieg gegen die Ukraine – die Verwechslung von Ursache und Wirkung ist die Erzählung von Propaganda", erläuterte Karl Nehammer im Kongressaal des Bundeskanzleramtes.

"Aus den Schwächen sind wir aufgefordert, Stärken zu entwickeln, etwa die einseitige Abhängigkeit von russischem Gas zu beenden. Energiesicherheit ist Sicherung des Wirtschaftsstandortes. Das Angstnarrativ der russischen Seite hat sich in Europa breitgemacht. Entscheidend ist in einer solchen Phase, sich an Menschen zu orientieren, die Ruhe bewahrt, Entscheidungen getroffen und Lösungen umgesetzt haben", so der Bundeskanzler. Die Energieversorgung für den Winter sei gewährleistet, darauf könne man sich aber nicht ausruhen. "Wir müssen die erneuerbaren Energien vorantreiben. Für den Wirtschafts- und Industriestandort sind Forschung und Innovation wichtig. Im gesamten Bereich der Produktion findet ein Umdenken statt. Es zeigt sich, wie wichtig es ist, dass eine eigene Lebensmittelversorgung gewährleistet werden kann. Das ist möglich, wenn wir die Regionalität neu entdecken", setzte Nehammer fort.

Freiheit und Vielfalt als gesamtgesellschaftliche Aufgabe

"Wir sind in vielerlei Hinsicht angreifbar: Auch Investitionen in die Landesverteidigung und in die innere Sicherheit sind daher wichtig. Militärische Nachrichtendienste können falsche Erzählungen enttarnen und jenen das Handwerk legen, die Demokratie gefährden wollen. Wir müssen gegen Destabilisierungsversuche und jene auftreten, die Demokratie verächtlich machen. Das ist unsere Verpflichtung und unser Auftrag", hielt der Bundeskanzler fest.

"Unsere Grundrechte dürfen wir nicht als selbstverständlich hinnehmen. Jeder Mensch, der in Österreich lebt, kann dazu beitragen, dass dieses Land ein demokratisches ist und bleibt. Es geht darum, diejenigen abzuwehren, die unsere Freiheit und Vielfalt nicht wollen. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Menschen von damals haben es uns gezeigt, dass es selbst unter den schwersten Umständen geht. Sie haben es geschafft, indem sie wieder Zuversicht gewonnen haben", betonte Nehammer. "Eines darf nie fehlen: die Kultur in unserem Land. Kunst und Kultur sind immer die Klammer der Gesellschaft, genauso wie der Stachel im Fleisch der Gesellschaft, um besser zu werden. Das Wirken von Leopold Figl soll uns Mut machen, dass wir stärker aus der Krise herausgehen als wir hineingegangen sind", so der Bundeskanzler abschließend.

Bilder vom Festakt sind über das Fotoservice des Bundeskanzleramts kostenfrei abrufbar.