Bundesministerin Raab: "Unsere Grundwerte, Frauenrechte und die Gleichberechtigung gelten für alle Menschen in unserem Land"

1. Österreichische Integrationskonferenz stellt Mädchen und Frauen in den Mittelpunkt

"Integration lebt von der Begegnung und dem persönlichen Kontakt, sei es im Deutschkurs, beim Ehrenamt oder im Alltag. Vieles davon war in den letzten Monaten aufgrund der Corona-Pandemie nicht oder nur eingeschränkt möglich – wir wurden also auch im Integrationsbereich vor große Herausforderungen gestellt. Umso wichtiger ist es, dass wir jetzt wieder voll durchstarten können", sagte Integrations- und Frauenministerin Susanne Raab in ihrer Eröffnungsrede bei der von ihr initiierten 1. Österreichischen Integrationskonferenz am 21. September in Wien.

Von den pandemiebedingten Einschränkungen seien im Integrationsbereich besonders auch Frauen betroffen, so die Ministerin weiter: "Denn Frauen mit Migrationshintergrund haben sich oft vermehrt in ihre Communitys zurückgezogen, ihre Integrationsbemühungen wurden unterbrochen." Viele seien beispielsweise aus ihren Anstrengungen gerissen worden, Deutsch zu lernen oder einen Arbeitsplatz zu finden. "Aus diesem Grund widmet sich die heutige Integrationskonferenz schwerpunktmäßig der Integration und Stärkung von Frauen und Mädchen mit Migrationshintergrund", erklärte Susanne Raab den Fokus der Konferenz.

Selbstbestimmung von Frauen mit Migrationshintergrund stärken

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie seien aber nicht die einzigen Herausforderungen, mit denen die Integrationsarbeit in Österreich konfrontiert ist: "Die Folgen der Flüchtlingskrise der Jahre 2015 und 2016 haben die Rahmenbedingungen für Integration sehr stark verändert", so Raab. Dies spiegle sich auch in Zahlen wider: Fast ein Viertel der österreichischen Bevölkerung sind entweder selbst zugewandert oder haben zugewanderte Eltern. Dies entspreche einem Anstieg um rund 35 Prozent innerhalb des vergangenen Jahrzehnts. Die Integrationsministerin verwies auf Beispiele gelungener Integration und jene weiblichen Vorbilder, die gegen alle Widerstände mutig ihren Weg gegangen sind. Derartige Karrieren gelte es zu fördern und die Selbstbestimmung von Frauen und Mädchen mit Migrationshintergrund zu unterstützen. Das sei aber keine leichte Aufgabe, denn viele zuletzt zugewanderte Menschen würden aus Ländern mit anderen Wertvorstellungen, kulturellen Traditionen und auch anderen Frauenbildern stammen. "Das stellt uns sowohl im Sprach- als auch im Wertebereich vor große Herausforderungen", so die Ministerin.

Frauen als Multiplikatorinnen im Integrationsprozess

Erfolgreiche Integration sei eine längerfristige Aufgabe und brauche klare Zielsetzungen, wie das Erlernen der deutschen Sprache, die Beteiligung auf dem Arbeitsmarkt, das Teilen österreichischer Werte und das aktive Einbringen von Zugewanderten in die Gesellschaft über ehrenamtliches Engagement. Notwendig seien dafür auch "starke staatliche Integrationsstrukturen, wie wir sie in Österreich mit dem Österreichischen Integrationsfonds haben", so Raab. Ein wesentlicher Baustein sei schließlich der Wille der Zugewanderten selbst, sich in die österreichische Gesellschaft zu integrieren. Frauen würden dabei eine entscheidende Rolle spielen, da sie die Integrationsverläufe ihrer Kinder prägen und damit als "Motoren der Integration" fungieren können, so die Ministerin. Frauen könnten als Multiplikatorinnen im Integrationsprozess wirken, indem sie "Triebfedern bei der Bildung für die gesamte Familie" sind und eine zentrale Rolle bei der Weitergabe von Werten an die nächste Generation einnehmen. "Deshalb ist es entscheidend, dass wir unseren Fokus bei der Integration noch stärker auf Frauen legen und noch besser vermitteln, welche Chancen und Möglichkeiten ihnen Österreich bietet."

Gleichberechtigung und Gleichstellung für Migrantinnen sicherstellen

In den vergangenen Jahren seien bereits viele Maßnahmen dazu auf den Weg gebracht und notwendige Strukturen geschaffen worden. "Diesen Weg müssen und werden wir konsequent weitergehen", betonte Susanne Raab. Gerade auch weil Frauen mit Migrationshintergrund besonders gefährdet seien, durch importierte Rollenbilder und patriarchale Strukturen aus ihren Herkunftsländern von der Teilhabe in unserer Gesellschaft ausgeschlossen zu werden. "Hier müssen wir verstärkt ansetzen – bei den Frauen, aber gerade auch bei den Männern. Denn die Gleichberechtigung und Gleichstellung von Frauen und Mädchen in Österreich sind nicht verhandelbar und gelten für alle Menschen in unserem Land", bekräftigte die Frauen- und Integrationsministerin.

Patriarchale Strukturen und ehrkulturelle Milieus müssten somit konsequent aufgebrochen werden: "Patriarchale Rollenbilder, Vorstellungen, wonach die Frau weniger wert sei als der Mann oder überhaupt sein Eigentum, übersteigerte Ehrvorstellungen – all das hat in Österreich keinen Platz und widerspricht Grund- und Menschenrechten", betonte Raab und versicherte: "Wir werden auf dem Weg zur Gleichstellung keine Frau und kein Mädchen zurücklassen."

Zusätzliche Maßnahmen und Finanzmittel für Gewaltschutz

Im Integrationsbereich habe man es zudem oft mit spezifischen Formen traditionsbedingter Gewalt zu tun, etwa mit Fällen von Zwangsehen bis hin zu weiblicher Genitalverstümmelung (FGM) oder sogenannten Ehrenmorden. "Wir dürfen hier nicht die Augen verschließen, sondern müssen die Lebensrealität der betroffenen Mädchen und Frauen erkennen und sie mit aller Kraft dabei unterstützen, in Österreich ein gewaltfreies Leben führen zu können. Wir stellen in diesem Jahr daher 3,6 Millionen Euro zusätzlich für Projekte zum Gewaltschutz sowie zur Stärkung von Frauen und Mädchen mit Migrationshintergrund bereit", informierte die Ministerin. Zudem wird eine zweite Anlaufstelle für von Zwangsehe betroffene oder bedrohte Mädchen und Frauen in Innsbruck eröffnet und eine Koordinierungsstelle zu weiblicher Genitalverstümmelung (FGM) als zentrale Anlaufstelle für Betroffene sowie Einrichtungen, die bundesweit betroffene Frauen und Mädchen betreuen, geschaffen. Weiters wird es österreichweite Präventions-Workshops geben, die sich an Burschen und junge Männer aus ehrkulturellen Milieus richten. "Ich möchte, dass jedes Mädchen und jede Frau in Österreich sich bilden kann, ihren Beruf selbst wählt und ein selbstbestimmtes, freies Leben lebt", hob die Ministerin hervor.

In den letzten zehn Jahren sei in der Integrationsarbeit in Österreich viel passiert. "Neue Herausforderungen führen uns aber vor Augen, dass wir uns nicht auf Erreichtem ausruhen dürfen. Es gibt weiterhin viel zu tun, besonders in der Integration von Frauen mit Migrationshintergrund. Ich bin daher froh, dass wir Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis für die heutige Veranstaltung gewinnen konnten", so Bundesministerin Raab, die abschließend den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der 1. Österreichischen Integrationskonferenz einen erfolgreichen Austausch von Erfahrungen und neuen Ideen wünschte.

Bilder von der Konferenz sind über das Fotoservice des Bundeskanzleramts kostenfrei abrufbar.