Bundeskanzler Sebastian Kurz: Soziale Kontakte reduzieren

Gastronomie: Pflicht zum Mund-Nasen-Schutz auch für Gäste, Konsumation nur im Sitzen – wirtschaftliche Folgen bestmöglich abfedern

"Wir haben in den letzten Tagen und Wochen einen exponentiellen Anstieg bei den Infektionszahlen erlebt. Auch die Hospitalisierungen nehmen wieder zu. Wir müssen daher jetzt reagieren, um einen zweiten Lockdown zu verhindern", sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Vizekanzler Werner Kogler, Gesundheitsminister Rudolf Anschober und Innenminister Karl Nehammer. Es gehe darum, gesundheitliche Konsequenzen und mögliche negative Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort und den Arbeitsmarkt so gut wie möglich abzufedern. "Steigende Zahlen führen zu Reisewarnungen, zu negativen wirtschaftlichen Entwicklungen und zu einer Betroffenheit in Tourismus, Gastronomie, Handel und weiteren Branchen", so der österreichische Regierungschef.

Beschränkung für private Feiern und Veranstaltungen indoor auf 10 Personen

Aus Analysen und Erfahrungen wisse man um die Ansteckungsgefahr in Innenräumen und im privaten Kontakt. "Die Bundesregierung hat sich daher für 3 konkrete Maßnahmen, gültig ab Montag 0 Uhr, entschieden: Soziale Kontakte müssen reduziert werden. Private Feierlichkeiten indoor werden mit 10 Personen beschränkt, outdoor bleibt die Grenze von 100 Personen bestehen. Professionelle Veranstaltungen behalten die bestehenden Regelungen. Ausgenommen davon sind Begräbnisse." In der Gastronomie dürfe wie bisher die Konsumation indoor nur im Sitzen stattfinden, wobei pro Tisch maximal 10 Personen Platz nehmen dürften. "Der Mund-Nasen-Schutz ist in den Bereichen Handel und Dienstleistungen zu tragen, weiters auf Märkten, bei Messen und religiösen Feiern, im medizinischen Bereich, in den öffentlichen Verkehrsmitteln, bei Behörden und auf öffentlichen Ämtern sowie in der Gastronomie dort, wo man in Bewegung ist, aber nicht während man am Tisch sitzt", erläuterte Sebastian Kurz.

Verlängerung der Mehrwertsteuersenkung für Gastronomie, Tourismus und Kulturbereich

"Wir sind uns bewusst, dass das Verzicht bedeutet und dass vieles temporär wieder nicht möglich sein wird. Es sind Einschränkungen, die notwendig sind und die helfen, damit wir nicht katastrophale wirtschaftliche Folgen in Kauf nehmen müssen", betonte der Bundeskanzler. Aufgrund der einschneidenden Maßnahmen werde es zu einer Verlängerung der Mehrwertsteuersenkungen in Gastronomie, Tourismus und Kultur kommen. "Dadurch sollen die stärker betroffenen Branchen das nächste Jahr bestmöglich bewältigen können. Durch Zusammenhalt können wir gut durch die zweite Welle kommen. Wir haben bereits bewiesen, dass wir durch Disziplin besser als andere Länder durch die Krise kommen können", so der Bundeskanzler.

Kogler: "Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems und die Funktionsfähigkeit der Wirtschaft treiben uns an"

"Die Lage ist aufgrund der steigenden Zahlen ernst, aber wir können etwas tun. Wir alle können einen Beitrag dazu leisten, dass sich die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Coronavirus reduziert", sagte Vizekanzler Werner Kogler, der erneut dazu aufrief, soziale Kontakte einzuschränken. Dies sei eine effektive Möglichkeit, die Ausbreitungsgeschwindigkeit zu reduzieren. Wenn es möglich wäre, die Ausbreitungszahlen im niedrigen Bereich zu halten, dann werden keine derartig dramatischen Einschränkungen nötig sein, wie sie im Frühjahr gesetzt werden mussten. Hier gehe es insbesondere um die Verantwortung jeder und jedes Einzelnen, so Kogler. "Die Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems und die Funktionsfähigkeit der Wirtschaft treiben uns an", so der Vizekanzler.

Insbesondere im Sport- und Kulturbereich sei im Frühjahr und Sommer viel in die Sicherheitskonzepte von Veranstaltungen investiert worden, weshalb man an den maximalen Obergrenzen festhalte. Im Sportbereich habe man mit einer maximalen Obergrenze von 3.000 Personen im Outdoor-Bereich bisher gute Erfahrungen gemacht. Während es aber offenbar zu keinen Ansteckungen zwischen den Spielern auf dem Feld komme, müsse man verstärkt die Aufmerksamkeit auf Aktivitäten abseits der Sportbewerbe lenken, etwa bei einer im Anschluss stattfindenden Feier oder bei einer privaten Zusammenkunft wie in einer Kantine. "Es liegt an den Besucherinnen und Besuchern sowohl im Kulturbereich als auch im Sport, dass wir die maximalen Besucherzahlen so aufrechterhalten können", so der Vizekanzler.

Punktgenaue Maßnahmen zur Reduzierung der Infektionszahlen

Gesundheitsminister Rudolf Anschober berichtete von einem weltweit besorgniserregenden Anstieg an Neuinfektionen: "Wir sind mittlerweile bei rund 30 Millionen bestätigten Fällen mit mittlerweile 940.000 Todesfällen, rund 6.000 zusätzliche im Schnitt pro Tag. Das sind dramatische Entwicklungen. Modellländer wie Israel befinden sich ebenfalls in einer schweren Krise, aber auch in Europa gibt es eine Trendwende hin zu steigenden Fallzahlen."

In Österreich seien in den letzten 2 bis 3 Wochen die Fallzahlen deutlich gestiegen. Die Situation sei aber nicht mit jener mit dem Shutdown vom März vergleichbar: "Es wird deutlich mehr getestet, wir sind deutlich besser aufgestellt und wir kennen das Virus besser. Aber die steigende Kurve und die deutlichen Zuwächse bei den Hospitalisierungen müssen uns Sorgen bereiten", so Anschober.

Die derzeitigen Prognosen würden eine starke Differenzierung aufweisen: Eine linear verlaufende Erwartung gehe von durchschnittlich 650 Infektionen pro Tag aus, andere Varianten jedoch von bis zu 1.500. "Die Prognosen gehen weit auseinander, das heißt aber auch, dass unser Handlungsspielraum noch sehr groß ist und wir uns in einer Phase der Weichenstellung befinden", hielt der Gesundheitsminister fest. Deswegen sei es so wichtig, jetzt eine professionelle Analyse durchzuführen, wo die Infektionszahlen herstammen. Dabei zeige sich ein klares Bild: betroffen seien Bars, geschlossene Veranstaltungen, private Feiern und Märkte. "Deshalb haben wir sehr punktgenau diese Zusatzmaßnahmen fixiert und gehen präzise auf die Ansteckungsbereiche zu. Die Stoßrichtung wurde mit den Fachexpertinnen und -experten abgestimmt und wird von diesen unterstützt", so Anschober.

Konsequentes Handeln und Kontrollen notwendig

"Das Virus ist leider wieder auf der Überholspur, das zeigen uns die aktuellen Zahlen", warnte Innenminister Karl Nehammer. Als gemeinsamer Grundsatz der Regierung gelte auch weiterhin: "Wehret den Anfängen". Daher wären nun "wieder schärfere Maßnahmen notwendig". Um das Virus einzudämmen, seien ein Zusammenwirken aller, konsequentes Handeln und auch Kontrollen notwendig. "Wir haben es schon einmal bewiesen, dass wir es schaffen können", zeigte sich der Innenminister zuversichtlich. Als jenes Regierungsmitglied, dass für die zivile Sicherheit im Land zuständig sei, käme ihm die "Rolle des Mahners" zu: "Es ist oft keine sympathische Rolle, aber es ist notwendig". In Schwerpunktaktionen würde nun in allen Bundesländern die Einhaltung der Sperrstunden "intensiv kontrolliert", um ein "klares Zeichen" zu setzen. Auch die Grenzkontrollen würden fortgesetzt. Den Polizistinnen und Polizisten dankte der Innenminister abschließend für ihre "ausgezeichnete Arbeit beim fordernden Dienst vor Ort".

Pressekonferenz über Aktuelles zum Coronavirus

(Pressekonferenz auf Youtube ansehen.)

Bilder von der Pressekonferenz sind über das Fotoservice des Bundeskanzleramts kostenfrei abrufbar.