Kommission präsentiert europäischen Raum für Gesundheitsdaten

EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides: "Grundlegender Umbruch im digitalen Wandel der Gesundheitsversorgung in der EU" – Neuer Datenraum soll Forschung effizienter machen und den Bürgerinnen und Bürgern ein höheres Maß an Kontrolle und Sicherheit über ihre persönlichen Gesundheitsdaten bieten

Mitarbeiterinnen des Brussels Academic Hospital Laboratory

Gesundheitsdaten sind ein zentraler Bestandteil der europäischen Gesundheitssysteme und von entscheidender Bedeutung bei der Arbeit von Ärztinnen und Ärzten, Forscherinnen und Forschern oder Gesundheitsbehörden. Die Covid-19-Pandemie hat zudem aufgezeigt, dass aktuelle Gesundheitsdaten wichtig sind, um fundierte Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit zur ergreifen und auf Krisen zu reagieren. Des Weiteren hat die Pandemie eine Beschleunigung der Akzeptanz digitaler Tools und den damit verbundenen digitalen Umgang mit Gesundheitsdaten ausgelöst.

Um das volle Potenzial digitaler Gesundheitsdaten auszuschöpfen, hat die Europäische Kommission am 3. Mai 2022 den europäischen Raum für Gesundheitsdaten (Englisch: "European Health Data Space", kurz: EHDS) auf den Weg gebracht. Der EHDS ist ein zentraler Baustein einer starken europäischen Gesundheitsunion und soll den Menschen in ihrem jeweiligen Heimatland oder in anderen EU-Mitgliedstaaten ermöglichen, ihre Gesundheitsdaten zu kontrollieren, zu nutzen und ihre Rechte an ihren Gesundheitsdaten uneingeschränkt wahrzunehmen. Gleichzeitig soll die uneingeschränkte Einhaltung der innerhalb der EU bestehenden hohen Datenschutzstandards sichergestellt werden.

Kommissionsvizepräsident Schinas: "Wir legen das Fundament für einen sicheren und vertrauenswürdigen Zugang zu Gesundheitsdaten"

Der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Margaritis Schinas, erklärte dazu: "Ich bin stolz, den ersten gemeinsamen EU-Datenraum in einem spezifischen Bereich ankündigen zu können. Der europäische Raum für Gesundheitsdaten wird ein 'Neuanfang' für die EU-Politik im Bereich der digitalen Gesundheit sein und Gesundheitsdaten für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Wissenschaft nutzbar machen. Wir legen das Fundament für einen sicheren und vertrauenswürdigen Zugang zu Gesundheitsdaten, der voll und ganz mit den Grundwerten der EU im Einklang steht."

Die EU-Gesundheitskommissarin, Stella Kyriakides, ergänzte: "Wir errichten eine weitere Säule für die europäische Gesundheitsunion. Unsere Vision wird Wirklichkeit. Der europäische Raum für Gesundheitsdaten ist ein grundlegender Umbruch im digitalen Wandel der Gesundheitsversorgung in der EU." Er stelle die Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt und ermögliche ihnen die vollständige Kontrolle ihrer Daten mit dem Ziel, eine bessere Gesundheitsversorgung in der gesamten EU zu erreichen, so Kyriakides weiter. "Diese Daten, auf die unter Gewährleistung strikter Garantien für den Schutz der Privatsphäre und der Sicherheit zugegriffen wird, werden auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Forschenden, Innovatoren und politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern, die an künftigen lebensrettenden Behandlungsmethoden arbeiten, von hohem Wert sein. Die EU setzt einen wahrhaft historischen Schritt auf dem Weg zur digitalen Gesundheitsversorgung in der EU", so die Kommissarin abschließend.

Einfacher Zugang unter hohen Datenschutzstandards

Der EHDS soll einen echten Binnenmarkt für digitale Gesundheitsdienste und -produkte fördern sowie einen kohärenten, vertrauenswürdigen und effizienten Rahmen für die Nutzung von Gesundheitsdaten für Forschung, Innovation, Politikgestaltung und Regulierungstätigkeiten schaffen. Des Weiteren soll er den Menschen Kontrollen über ihre persönlichen Gesundheitsdaten geben – im eigenen Land und grenzüberschreitend. Der Vorschlag der Europäischen Kommission sieht für die Umsetzung des EHDS folgende Maßnahmen vor:

  • Die Bürgerinnen und Bürger sollen mit Hilfe des EHDS einen kostenlosen, unmittelbaren und einfachen Zugang zu Gesundheitsdaten in elektronischer Form erhalten. So können Daten problemlos mit anderen Angehörigen der Gesundheitsberufe in und zwischen den EU-Mitgliedstaaten ausgetauscht werden, um die Gesundheitsversorgung zu verbessern. Die Bürgerinnen und Bürger sollen dabei die vollständige Kontrolle über ihre Daten übernehmen und in der Lage sein, Informationen hinzuzufügen, falsche Daten zu berichtigen, den Zugang für andere zu beschränken und Informationen darüber zu erhalten, wie und zu welchem Zweck ihre Daten verwendet werden.
  • Die EU-Mitgliedstaaten sollen sicherstellen, dass Patientinnen- und Patientenkurzakten, elektronische Verschreibungen, Bilddaten und -berichte, Laborergebnisse und Entlassungsberichte in einem gemeinsamen europäischen Format erstellt und akzeptiert werden.
  • Interoperabilität und Sicherheit sollen verbindliche Anforderungen werden. Die Herstellerinnen und Hersteller von Systemen für elektronische Patientinnen- und Patientenakten müssen die Einhaltung dieser Normen zertifizieren.
  • Alle EU-Mitgliedstaaten sollen digitale Gesundheitsbehörden benennen, um sicherzustellen, dass die Rechte der Bürgerinnen und Bürger gewahrt bleiben. Diese Behörden sollen sich an der grenzüberschreitenden digitalen Infrastruktur (MyHealth@EU) beteiligen, die Patientinnen und Patienten beim grenzüberschreitenden Austausch ihrer Daten unterstützen soll.

Erweiterter Zugang zu Gesundheitsdaten zur Förderung von Forschung und Innovation

Des Weiteren sieht die Kommission im Rahmen des EHDS eine verbesserte Nutzung von Gesundheitsdaten für Forschung, Innovation und Politikgestaltung vor:

  • Der EHDS soll einen soliden Rechtsrahmen für die Verwendung von Gesundheitsdaten für Forschung, Innovation, Gesundheitswesen, Politikgestaltung und Regulierungszwecke schaffen. Unter strengen Bedingungen sollen Forschende, Innovatorinnen und Innovatoren, öffentliche Einrichtungen oder weitere Akteurinnen und Akteure der Gesundheitsbranche Zugang zu großen Mengen an Gesundheitsdaten von hoher Qualität erhalten, die für die Entwicklung von lebensrettenden Behandlungen, Impfstoffen oder Medizinprodukten von entscheidender Bedeutung sind und einen besseren Zugang zur Gesundheitsversorgung sowie widerstandsfähigere Gesundheitssysteme gewährleisten.
  • Für den Zugang zu solchen Daten durch Forschende, Unternehmen oder Einrichtungen soll eine Genehmigung durch Zugangsstellen für Gesundheitsdaten, die in allen EU-Mitgliedstaaten einzurichten sind, erforderlich sein. Der Zugang soll wiederum nur gewährt werden, wenn die angeforderten Daten zu bestimmten Zwecken sowie in geschlossenen und sicheren Umgebungen verwendet werden und ohne dass die Identität der betroffenen Person offengelegt wird. Die Daten für Entscheidungen zu verwenden, die sich nachteilig auf Bürgerinnen und Bürger auswirken – wie beispielsweise das Konzipieren schädlicher Produkte oder die Erhöhung einer Versicherungsprämie – soll verboten werden.
  • Die Zugangsstellen für Gesundheitsdaten sollen an die neue dezentrale EU-Infrastruktur für die Sekundärnutzung (MyHealthData@EU) angeschlossen werden, die zur Unterstützung grenzüberschreitender Projekte eingerichtet wird.

Nächste Schritte

Der von der Europäischen Kommission vorgelegte Vorschlag wird nun im Rat und im Europäischen Parlament erörtert.

Hintergrund: Der europäische Raum für Gesundheitsdaten

Der europäische Raum für Gesundheitsdaten baut auf der Datenschutz-Grundverordnung, dem Vorschlag für ein Daten-Governance-Gesetz, dem Entwurf eines Datengesetzes und der Netz- und Informationssystem-Richtlinie (NIS) auf. Er ergänzt die genannten Initiativen und bietet maßgeschneiderte Vorschriften für den Gesundheitssektor. Zwischen 3. Mai und 26. Juli 2021 hat eine öffentliche Konsultation zum europäischen Raum für Gesundheitsdaten stattgefunden, in deren Rahmen ein breites Spektrum von Meinungen eingeholt wurde, die zur Gestaltung dieses Rechtsrahmens beigetragen haben.

Der europäische Raum für Gesundheitsdaten wird den derzeitigen und künftigen Einsatz von digitalen öffentlichen Gütern in der EU wie von Künstlicher Intelligenz (KI), Hochleistungsrechnern, Cloud- und intelligenter Middleware nutzen. Darüber hinaus werden Rahmenvorschriften für KI, E-Identity und Cybersicherheit den europäischen Raum für Gesundheitsdaten unterstützen.

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