Edtstadler: Reform des Verbotsgesetzes – neue Maßnahmen im Kampf gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus
Ausweitung der inländischen Gerichtsbarkeit, um Grenzen im digitalen Raum aufzuzeigen
"Antisemitismus hat keinen Platz in Österreich. Es darf keine Toleranz bei Antisemitismus geben. Das ist der Grund, warum Österreich seit 2 Jahren eine nationale Strategie gegen jede Form des Antisemitismus verfolgt und hier auch Vorreiter in Europa ist", sagte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler bei einer Pressekonferenz, bei der sie gemeinsam mit Justizministerin Alma Zadić und dem wissenschaftlichen Leiter des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes, Gerhard Baumgartner, über die "Reform des Verbotsgesetzes – neue Maßnahmen im Kampf gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus" informierte.
"Wir haben erfreulicherweise bei der Präsentation der Halbjahresbilanz der IKG im November einen Rückgang von antisemitischen Vorfällen in Österreich zu verzeichnen. Aber das ist aufgrund des hohen Niveaus weder ein Grund zur Freude und schon gar kein Grund, um hier Entwarnung geben zu können." Daher werde Österreich die konsequente Arbeit im Kampf gegen Antisemitismus fortführen. Es gehe darum, die nationale Strategie gegen Antisemitismus weiter umzusetzen. Mit der Präsentation des Arbeitsgruppenberichts werde nunmehr die Maßnahme 4 "Evaluierung und Überarbeitung des Verbotsgesetzes" zur Umsetzung kommen. Der Bericht gebe "eine ganz klare Handlungsanweisung", so Edtstadler. Aus dem Arbeitsgruppenbericht werde klar, dass Österreich eine deutliche und strenge Rechtslage und einen Tatbestand "Wiederbetätigung" habe. Die Arbeitsgruppe habe keine Strafbarkeitslücken aufgedeckt, zeige aber auf, wie man noch effektiver werden könne. "Seit der Einführung des Verbotsgesetzes im Jahr 1947 hat sich die Welt weitergedreht. Ein ganz wesentlicher Punkt ist die Digitalisierung, das Fortschreiten des Lebens im digitalen Raum und damit einhergehend auch die negativen Auswirkungen dessen", erklärte die Verfassungsministerin.
Glaubwürdig jede Form von Antisemitismus bekämpfen
Es gehe dabei vor allem um Akte, die im Ausland gesetzt werden, die in Österreich aber aufgrund von mangelnder inländischer Gerichtsbarkeit nicht verfolgt werden können. "Es ist mir auch als Europaministerin wichtig, im digitalen Raum Grenzen aufzuzeigen und Regelungen zu forcieren." Auch die Umsetzung des Kommunikationsplattformengesetzes, das seit April 2021 gelte, sei wesentlich, denn dadurch sei Hass im Netz zu löschen. Umfasst von "Hass im Netz" seien klare Tatbestände des Strafgesetzbuchs, aber auch das Verbotsgesetz. Jetzt gehe es darum, Zähne zu zeigen, wenn man diese Handlungen verfolgen wolle. "Dafür brauchen wir die Ausweitung der inländischen Gerichtsbarkeit, sodass jemand in Österreich verfolgt werden kann, auch wenn er das Posting aus dem Ausland absetzt, es aber Auswirkungen in Österreich hat und schwerwiegende Interessen und die Sicherheit Österreichs gefährdet", betonte Karoline Edtstadler. "Ich halte das für den Kern des Arbeitsgruppenberichts und die wesentliche Konsequenz, damit wir wirklich glaubwürdig jede Form von Antisemitismus bekämpfen können."
Klare Rechtslage schaffen
Man habe zudem gesehen, dass es etwa bei Corona-Demonstrationen immer wieder zu Vorfällen gekommen und es dann zweifelhaft gewesen sei, ob das geltende Recht ausreicht, um hier Taten entsprechend verfolgen zu können. Man könne mit einfachen Klarstellungen, die auch die Arbeitsgruppe empfehle, zu einer klareren Rechtslage kommen, damit es für die Justiz keine Missverständnisse und keine Zweifel gebe.
Außerdem solle ein neues Grunddelikt mit geringerer Strafandrohung geschaffen werden, damit auch Diversion möglich sei. Das solle nicht nur für Minderjährige gelten, sondern auch für Erwachsene. "Ich sage noch einmal: Null Toleranz. Dennoch gibt es sehr oft junge Straftäter, die zurecht mit der vollen Härte des Gesetzes konfrontiert sind und bei denen bisher, insbesondere bei Erwachsenen, eine Diversion nicht möglich war. Auch wenn es Erwachsene sind, sollte man diesen Menschen manchmal eine Chance geben. Ich bin überzeugt davon, dass es in manchen Fällen mehr wirkt, wenn ein Rundgang im ehemaligen Konzentrationslager Mauthausen auferlegt wird und derjenige dann daraus Schlüsse zieht oder gar ein Gespräch mit Zeitzeugen, solange das noch möglich ist, stattfindet, als eine bedingte, wenn auch hohe Freiheitsstrafe", erklärte Edtstadler. Genau dem wolle man jetzt nachkommen, sodass eine Diversion nicht nur bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen möglich sei, sondern auch bei Erwachsenen selbst, wenn diese nicht vorbelastet oder vorbestraft seien.
Ein weiterer Punkt betreffe das Einziehen von Devotionalien, auch wenn sich daraus keine strafrechtliche Verantwortlichkeit ableite. "Diese Dinge haben in der Gesellschaft nichts verloren, die gehören in Museen oder vernichtet. Auch dem trägt dieser Arbeitsgruppenbericht Rechnung", so die Verfassungsministerin. "Nur so können wir dafür Sorge tragen, dass die Welt ein Stück weit besser wird und es ein Stück weit weniger Antisemitismus gibt. Die rechtliche Lage ist wesentlich. Darüber hinaus müssen wir aber auch die Gesellschaft in die Pflicht nehmen. Jede und jeder Einzelne von uns kann dazu beitragen, wenn sie oder er gegen Antisemitismus aufsteht und für unsere Werte eintritt. Das kann den Unterschied machen", bekräftigte Karoline Edtstadler abschließend.