Europaministerin Edtstadler: Ukraine und ihrer Bevölkerung Perspektiven geben, sich weiter an europäische Werte anzunähern

Informeller Rat Allgemeine Angelegenheiten – Ukraine sowie Sicherheits- und Verteidigungsarchitektur der EU im Fokus

"Der Rat der Europaministerinnen und Europaminister hier in Arles ist überschattet von der Ukraine-Krise. Wir haben weitere Berichte über die letzte Nacht in der Ukraine bekommen, die uns zutiefst schockieren und besorgen. Insbesondere der Beschuss des Atomkraftwerks ist etwas, das uns große Sorgen bereitet. Nach Einschätzung der Fachleute kann man sagen, dass derzeit keine Bedrohung für Österreich besteht, aber das muss nun jeden Tag neu bewertet werden", sagte Europaministerin Karoline Edtstadler bei den Doorsteps zum Informellen Rat Allgemeine Angelegenheiten. Falls es sich um einen gezielten Angriff gehandelt habe, dann sei dies ein weiterer Eskalationsgrad in diesem Krieg, der alle gefährde.

EU-Verteidigungs- und Sicherheitsarchitektur neu bewerten

Die Europaministerin hielt fest, dass dieser Austausch in Arles auch für Europa von enormer Bedeutung sei: "Seit dem 24. Februar ist nichts mehr so, wie es vorher war. Wir müssen die Sicherheits- und Verteidigungsarchitektur der Europäischen Union neu bewerten, wir müssen schauen, dass wir aus den Abhängigkeiten – sei es von Erdgas oder anderen lebenswichtigen Dingen – herauskommen. Wir brauchen hier endlich das Umdenken, dass Europa sich neu aufstellen muss", so Edtstadler. Über alle Gesprächskanäle liefen nun Bemühungen, humanitäre Korridore zu ermöglichen und einen Waffenstillstand zu erreichen.

Raschen und effizienten Schutz für ukrainische Flüchtlinge gewährleisten

Ein wesentlicher Fokus der Verhandlungen liege darauf, "wie temporärer Schutz für ukrainische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger möglichst rasch und effizient gewährleistet werden kann", führte die Europaministerin weiter aus. Es sei ein Faktum, dass jene Staaten, die direkt an die Ukraine angrenzen, die Hauptlast zu tragen hätten. Man sei sich aber darin einig, dass jedes Mitglied seinen Teil der Last übernehme und aktive Nachbarschaftshilfe leiste. Aktuell würden auf EU-Ebene Verhandlungen über eine temporäre Schutzrichtlinie geführt. Diese sollen nicht nur die Aufnahme, sondern auch den Zugang zum Arbeitsmarkt regeln. "Europa wird seine Verantwortung hier wahrnehmen und das werden wir auch gemeinsam stemmen. Österreich ist immer zu dieser Verpflichtung gestanden", so Karoline Edtstadler.

EU-Beitrittsansuchen der Ukraine: Menschen Perspektive geben

Zu den EU-Beitrittsbestrebungen der Ukraine hielt die Europaministerin fest, dass es nachvollziehbar sei, dass die Ukraine gerade jetzt einen Antrag stelle. "Das ist das Recht eines jeden europäischen Staates: Nach Artikel 49 der EU-Verträge kann jeder Staat einen Antrag stellen. Die Kriterien müssen aber erfüllt sein. Ich sehe aber in nächster Zukunft keinen Beitritt. Wir müssen aber der Ukraine und seiner Bevölkerung Perspektiven geben, sich weiter an europäische Werte anzunähern", so Edtstadler.

Der Beitritt eines Landes in die EU erfolge nach einem genau festgelegten, komplexen Prozedere. Beschleunigte Beitrittsverfahren, wie etwa auch von Georgien oder Moldau, seien ausgeschlossen. Zudem würde ein rascher EU-Beitritt dieser Länder die momentane Krise nicht beenden.

"Wir müssen jetzt alles daransetzen, dass wir dem wieder gerecht werden, was die Europäische Union ist: nämlich eine Friedensunion und ein Friedensprojekt, das seine Werte exportieren will. Deshalb setzen wir uns mit aller Kraft dafür ein, dass wieder Frieden herrschen kann und dass wir beide Parteien wieder dorthin bringen, wo wir Konflikte im 21. Jahrhundert lösen, nämlich am Verhandlungstisch und nicht mit der Waffe in der Hand", hielt Karoline Edtstadler fest.

Bilder von diesem Termin sind über das Fotoservice des Bundeskanzleramts kostenfrei abrufbar.