EU-Parlament stimmt Handels- und Kooperationsabkommen zwischen EU und dem Vereinigten Königreich zu – In-Kraft-Setzung mit 1. Mai 2021

Das Abkommen war bereits am 1. Jänner 2021 in Kraft getreten – allerdings nur vorläufig. Durch die Zustimmung des Europäischen Parlaments ist es nun ratifiziert und beendet damit offiziell die monatelangen Verhandlungen über die zukünftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien.

Wimpel Fahne des Vereinigten Königreichs und der Europäischen Union

Mit einer großen Mehrheit hat das EU-Parlament am Abend des 27. April 2021 für das Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich gestimmt: Es wurde mit 660 Stimmen bei 5 Gegenstimmen und 32 Enthaltungen angenommen. Großbritannien ist seit 31. Jänner 2020 offiziell kein EU-Mitglied mehr. Bis Ende 2020 hatte jedoch noch eine Übergangsphase gegolten. Seit dem Auslaufen dieser Übergangsregelungen am 31. Dezember 2020 war das zwischen beiden Seiten ausverhandelte Handels- und Kooperationsabkommen bereits vorläufig angewendet worden. Mit der Zustimmung des EU-Parlaments soll es nun dauerhaft gelten.

Zwar hält die Mehrheit der Abgeordneten den Austritt des Vereinigten Königreichs ("Brexit") weiterhin für einen "historischen Fehler", doch wurde der Abschluss des Abkommens begrüßt, da es dabei unterstütze, mögliche negative Folgen des Austritts zu begrenzen.

Einigkeit bei Handel, Uneinigkeit bei Außenpolitik

Das Parlament befürwortet außerdem die Regelungen zu Nullzollsätzen und den damit verbundenen offenen und fairen Wettbewerb. Auch die Bestimmungen in Bezug auf Fischerei, Verbraucherrechte, Luftverkehr und Energie fanden Zuspruch. Uneinigkeit besteht allerdings weiterhin in den Bereichen Außenpolitik, Sicherheit und Entwicklungspolitik, welche von Großbritannien nicht in den abschließenden Vertragstext aufgenommen wurden. Zudem wurde die Teilnahme Großbritanniens am europäischen Austauschprogramm Erasmus+ beendet.

Neustart und Absicherung

Zuversichtlich äußerte sich EU-Ministerin Karoline Edtstadler: "Mit der heutigen Abstimmung des Europäischen Parlaments konnten die langwierigen Verhandlungen mit Großbritannien beendet und gleichzeitig ein Neustart für die zukünftigen Verhältnisse mit Großbritannien beschlossen werden."

Ana Paula Zacarias, portugiesische Staatssekretärin für europäische Angelegenheiten und damit Vertreterin des aktuellen EU-Ratsvorsitzlandes: "Heute schlagen wir ein neues Kapitel in unseren Beziehungen zum Vereinigten Königreich auf. Der Abschluss des Abkommens über Handel und Zusammenarbeit wird den neuen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich im Interesse der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen auf beiden Seiten des Ärmelkanals Rechtssicherheit verleihen. Wir schätzen das Vereinigte Königreich als guten Nachbarn, alten Verbündeten und wichtigen Partner."

Der Berichterstatter des Ausschusses für internationalen Handel und luxemburgischer Abgeordneter, Christophe Hansen, sieht in der Ratifizierung des Abkommens "kein Votum für blindes Vertrauen in die Absicht der britischen Regierung, unsere Abkommen in gutem Glauben umzusetzen. Vielmehr ist sie eine Absicherung der EU gegen weitere einseitige Abweichungen von dem, was gemeinsam vereinbart wurde. Das Parlament wird wachsam bleiben."

Hintergrund

Mit dem offiziellen Austritt Großbritanniens aus der EU am 31. Jänner 2020 und dem Auslaufen der Übergangsphase am 31. Dezember 2020 waren im Vorfeld weitreichende Abkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU ausgehandelt worden. Hierunter fallen unter anderem das Austrittsabkommen und das Protokoll zu Nordirland.

Das Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich regelt dabei die langfristigen Beziehungen und befasst sich mit grundsätzlichen Bestimmungen und institutionellen Regelungen. Im Vertragstext sind unter anderem Richtlinien in Bezug auf Handel und wirtschaftliche Aspekte, Zusammenarbeit der Justiz, Datenschutz, Gesundheit, Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten und Regelungen bei diversen EU-Programmen, an denen Großbritannien weiterhin teilnimmt, enthalten.

Ein zentraler Punkt des Abkommens sind die vertraglich festgehaltenen Reglungen in Bezug auf die Ein- und Ausfuhr von Waren und die damit verbundenen Zölle. Demnach werden gegenseitig keine bilateralen Einfuhrzölle und keine Mengenbeschränkungen für den Import erhoben.

Am 1. Jänner 2021 trat das Handels- und Kooperationsabkommen vorläufig in Kraft und wurde von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dem Präsidenten des Europäischen Rats, Charles Michel, unterzeichnet sowie vom Parlament des Vereinigten Königreichs verabschiedet. Um die Ratifizierung des Gesetzes abzuschließen, bedurfte es der formellen Anerkennung durch das Europäische Parlament.

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