Europäische Kommission legt Aktionsplan für die Stahl- und Metallindustrie in Europa vor

Aktionsplan soll die europäische Stahl- und Metallindustrie durch Schutzmaßnahmen und Investitionen stärken – Förderung von erschwinglicher Energie, erneuerbare Technologien und Maßnahmen gegen CO2-Verlagerung im Fokus – Kommissionspräsidentin von der Leyen: "Stahlindustrie war schon immer ein zentraler Motor für den Wohlstand in Europa"

Metallarbeiter in Polen
Foto: European Union

Die Europäische Kommission hat am 19. März 2025 einen umfassenden Aktionsplan vorgestellt, um die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit der Stahl- und Metallindustrie in der EU zu sichern. Angesichts hoher Energiekosten, globaler Marktverzerrungen und der Notwendigkeit zur Reduktion von CO2-Emissionen zielt der Plan darauf ab, die europäischen Industriekapazitäten zu erhalten, zu erweitern und nachhaltiger zu gestalten.

Kommissionspräsidentin von der Leyen: "Bieten konkrete Lösungen für eine florierende europäische Stahlindustrie"

Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, betonte:

"Die Stahlindustrie war schon immer ein zentraler Motor für den Wohlstand in Europa. 'Sauberer' Stahl der nächsten Generation sollte daher weiterhin in Europa hergestellt werden. Das bedeutet, dass wir unseren Stahlherstellern helfen müssen, die auf dem Weltmarkt starkem Gegenwind ausgesetzt sind. Damit sie wettbewerbsfähig bleiben, müssen wir die Energiekosten senken und ihnen helfen, innovative, CO2-arme Technologien auf den Markt zu bringen. Mit dem Aktionsplan bieten wir konkrete Lösungen für eine florierende europäische Stahlindustrie."

Stéphane Séjourné, Exekutiv-Vizepräsident der Europäischen Kommission und für Wohlstand und Industriestrategie zuständig, ergänzte:

"Der europäische Aktionsplan für Stahl und Metalle wird unsere Industrie vor unlauteren Geschäftspraktiken schützen, unsere Strategie zur Dekarbonisierung konsolidieren und die Binnennachfrage nach CO2-armen Industrieprodukten ankurbeln. Dies verdanken wir allen europäischen Wirtschaftssektoren, die auf eine starke Stahl- und Metallindustrie in der EU angewiesen sind, allen Arbeitnehmerinnen und -nehmern in unseren Stahlwerken und unseren nächsten Generationen, die eine Europäische Union mit einer unabhängigen und wohlhabenden Industrie erben werden. Es kann keine Reindustrialisierung und keinen europäischen Weg zur Klimaneutralität ohne eine widerstandsfähige industrielle Basis für Stahl und Metalle innerhalb der Grenzen der EU geben."

Die Stahlindustrie ist nach Angaben der Europäischen Kommission eine zentrale Säule der europäischen Wirtschaft und spielt eine entscheidende Rolle für Branchen wie die Automobilindustrie, „saubere“ Technologien sowie im Verteidigungssektor. In einem geopolitisch herausfordernden Umfeld ist eine stabile und resiliente Metallproduktion essenziell, um die Sicherheit und wirtschaftliche Unabhängigkeit der EU zu gewährleisten, so die EU-Kommission.

Kernpunkte des Aktionsplans

Der Aktionsplan wurde in einem kollaborativen Prozess unter Einbindung relevanter Stakeholder entwickelt. Ein zentraler Punkt ist die Sicherstellung einer erschwinglichen und sicheren Energieversorgung, da Energiekosten einen erheblichen Anteil an den Produktionskosten der Metallindustrie ausmachen. Der Plan fördert daher den Einsatz von Strombezugsverträgen (auf Englisch: "Power Purchase Agreements", kurz: PPA) und soll die EU-Mitgliedstaaten ermutigen, Energiesteuern flexibler zu gestalten sowie reduzierte Netztarife anzubieten. Zudem soll der Zugang zu Stromnetzen für energieintensive Industrien beschleunigt und die Nutzung erneuerbarer Energien sowie CO2-armer Wasserstofftechnologien ausgebaut werden.

Schutz der europäischen Industriekapazitäten und Stärkung der Kreislaufwirtschaft

Ein weiteres zentrales Ziel des Aktionsplans ist es zu verhindern, dass CO2-Emissionen verlagert werden. Die EU setzt hier auf eine Verschärfung des CO2-Grenzausgleichssystems (auf Englisch: "Carbon Border Adjustment Mechanism", kurz: CBAM), um faire Wettbewerbsbedingungen sicherzustellen. Geplant sind eine Erweiterung des CBAM auf nachgelagerte Stahl- und Aluminiumprodukte sowie zusätzliche Maßnahmen zur Umgehungsbekämpfung. Zudem soll geprüft werden, wie das Problem der Verlagerung von Emissionen bei Exporten aus der EU adressiert werden kann. Zum Schutz und Ausbau der europäischen Industriekapazitäten sollen bestehende Schutzmaßnahmen verschärft und eine langfristige Strategie zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit entwickelt werden. Die Einführung der sogenannten "Schmelz- und Gießregel" wird in Erwägung gezogen, um den Ursprung von Metallwaren präziser bestimmen und damit Marktverzerrungen effektiver bekämpfen zu können.

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Plans ist die Förderung der Kreislaufwirtschaft. Recycling spielt demnach eine zentrale Rolle bei der Reduktion von Emissionen und des Energieverbrauchs. Die Europäische Kommission plant daher, verbindliche Mindestquoten für recycelten Stahl und Aluminium in Schlüsselsektoren einzuführen und zu prüfen, ob weitere Produkte wie Baumaterialien und Elektronik in Recyclingvorgaben einbezogen werden sollten. Zudem soll die Verfügbarkeit von Metallschrott für eine klimafreundliche Stahlproduktion sichergestellt werden, indem mögliche Handelsmaßnahmen geprüft werden.

Förderung von Dekarbonisierung und nachhaltigen Arbeitsplätzen

Um die Risiken der Dekarbonisierung zu reduzieren, plant die EU-Kommission die Einführung von Resilienz- und Nachhaltigkeitskriterien im öffentlichen Beschaffungswesen, um die Nachfrage nach CO2-armen Metallen zu steigern. Im Zeitraum 2026-2027 sollen 150 Millionen Euro aus dem Forschungsfonds für Kohle und Stahl bereitgestellt werden, während weitere 600 Millionen Euro über das EU-Programm für Forschung und Innovation "Horizon Europe" für den "Clean Industrial Deal" zur Verfügung stehen sollen. Zudem plant die EU eine Pilotauktion in Höhe von 1 Milliarde Euro im Jahr 2025, um die Dekarbonisierung und Elektrifizierung industrieller Prozesse zu fördern. Langfristig strebt die EU-Kommission die Mobilisierung von 100 Milliarden Euro über die Bank für industrielle Dekarbonisierung an.

Des Weiteren liegt ein besonderer Fokus auf dem Erhalt hochwertiger Arbeitsplätze. Nach Angaben der Europäische Kommission sichert die europäische Stahl- und Metallindustrie rund 2,6 Millionen Arbeitsplätze, weshalb gezielte arbeitsmarktpolitische Maßnahmen Qualifikationen und Arbeitsplatzwechsel unterstützen sollen. Die Europäische Beobachtungsstelle für einen fairen Übergang und der Fahrplan für hochwertige Arbeitsplätze – beide Teil des "Clean Industrial Deal" – sollen sicherstellen, dass soziale Aspekte im Strukturwandel berücksichtigt und Arbeitnehmerinnen- beziehungsweise Arbeitnehmerrechte geschützt werden.

Hintergrund: Der Aktionsplan der Europäischen Kommission für die Stahl- und Metallindustrie in Europa

Der Aktionsplan für Stahl und Metalle baut auf den Maßnahmen des "Clean Industrial Deal" sowie des "Aktionsplans für erschwingliche Energie" auf. Er ist das Ergebnis eines strategischen Dialogs, der unter dem Vorsitz der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, und des Exekutiv-Vizepräsidenten der Kommission für die Strategie für Wohlstand und Industrie, Stéphane Séjourné, geführt wurde. Dabei handelt es sich um den 2. sektoralen Plan der aktuellen Europäischen Kommission, nachdem bereits am 5. März 2025 ein Aktionsplan für die Automobilindustrie veröffentlicht wurde.

Zusätzlich stützt sich der Aktionsplan auf die Erkenntnisse aus dem sogenannten "Transition Pathway" (auf Deutsch: „Übergangspfad“) für die Metallsektoren, der gleichzeitig mit dem Aktionsplan veröffentlicht wurde. Diese Analyse liefert detaillierte Hintergrundinformationen sowie "Bottom-up"-Analysen der spezifischen Herausforderungen und Bedürfnisse der Metallindustrie. Sie berücksichtigt zudem die Einschätzungen und Forderungen relevanter Interessengruppen.

Die europäische Stahlindustrie stellt einen essenziellen Bestandteil der EU-Wirtschaft dar. Mit rund 500 Produktionsstätten in 22 EU-Mitgliedstaaten erwirtschaftet sie jährlich einen Beitrag von etwa 80 Milliarden Euro zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Europäischen Union. Darüber hinaus bietet der Sektor direkt und indirekt rund 2,6 Millionen Menschen einen Arbeitsplatz.

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