Kommission präsentiert Sommerprognose 2021 – EU-Wirtschaft weiter im Aufschwung

Eindämmung der Covid-19-Pandemie und mehr privater Konsum mitverantwortlich für Wachstum in der EU – Aufwärtstrend auch in Österreich zu erkennen

Geldscheine

Die europäische Wirtschaft dürfte sich schneller erholen als bisher angenommen. Ausschlaggebend dafür sind vor allem erhöhte wirtschaftliche Aktivitäten im ersten Quartal des Jahres 2021 und weltweite Lockerungen von Beschränkungen aufgrund der Covid-19-Pandemie im zweiten Quartal. Die Europäische Kommission präsentierte am 7. Juli 2021 ihre Sommerprognose der EU-Wirtschaft für die Jahre 2021 und 2022, nach der die Wirtschaft in der EU und im Euroraum in diesem Jahr um 4,8 Prozent und 2022 um 4,5 Prozent wachsen soll. Damit wurde, im Vergleich zur Frühjahrsprognose 2021, die Wachstumsrate mit 0,6 Prozentpunkte in der EU und 0,5 Prozentpunkte im Euroraum deutlich nach oben korrigiert. So könnte nach Angaben der EU-Kommission das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) sowohl in der EU als auch im Euroraum im Schlussquartal 2021 – und damit ein Quartal früher als in der Frühjahrsprognose erwartet – wieder auf das Vorkrisen-Niveau zurückkehren.

EU-Wirtschaftskommissar Gentiloni: "Größte Aufwärtskorrektur, die wir in mehr als 10 Jahren vorgenommen haben"

Der Exekutiv-Vizepräsident der EU-Kommission für eine Wirtschaft im Dienste der Menschen, Vladis Dombrovskis, betonte: "Der europäischen Wirtschaft gelingt ein starkes Comeback, und alle Komponenten greifen dabei nahtlos ineinander. Dank einer wirksamen Eindämmungsstrategie und Fortschritten bei den Impfungen konnten unsere Volkswirtschaften schneller wieder öffnen als erwartet. Der Handel ist recht stabil geblieben, und auch die Haushalte und Unternehmen haben sich bei der Anpassung an das Leben in der Covid-19-Krise flexibler gezeigt als erwartet. (…) Wir werden die steigende Inflation, die nicht zuletzt auf eine stärkere Binnen- und Auslandsnachfrage zurückzuführen ist, aufmerksam im Blick behalten müssen. Und wir müssen uns, wie stets, auch die Unterschiede vor Augen führen: In einigen EU-Mitgliedstaaten wird die Wirtschaftsleistung bereits im dritten Quartal 2021 wieder das Vorkrisen-Niveau erreichen – ein echter Erfolg –, während andere länger warten müssen. Die unterstützenden Maßnahmen müssen so lange wie nötig fortgesetzt werden, und die Länder sollten schrittweise zu differenzierteren finanzpolitischen Ansätzen übergehen."

EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni ergänzte: "Die Wirtschaft der EU dürfte in diesem Jahr ihr schnellstes Wachstum seit Jahrzehnten verzeichnen, dieses Wachstum wird durch die starke Nachfrage, sowohl in der EU als auch weltweit, und durch die schneller als erwartete Öffnung der Dienstleistungssektoren seit dem Frühjahr angetrieben. Da außerdem die Einschränkungen in den ersten Monaten des Jahres die Wirtschaftstätigkeit weniger stark getroffen haben als erwartet, erhöhen wir unsere Wachstumsprognose für 2021 um 0,6 Prozentpunkte. Dies ist die größte Aufwärtskorrektur, die wir in mehr als 10 Jahren vorgenommen haben; sie steht auch im Einklang mit dem Vertrauen der Unternehmen, das in den letzten Monaten einen Rekordwert erreicht hat. Mit dem Start der Aufbau- und Resilienzfazilität hat Europa die einzigartige Gelegenheit, ein neues Kapitel mit stärkerem, gerechterem und nachhaltigerem Wachstum aufzuschlagen. Um die Erholung in Gang zu halten, ist es unerlässlich, dass die politische Unterstützung so lange wie nötig beibehalten wird. Entscheidend ist, dass wir unsere Impfanstrengungen verdoppeln und dabei auf den beeindruckenden Fortschritten der letzten Monate aufbauen: Die Verbreitung der Delta-Variante ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass wir die Pandemie noch nicht hinter uns gelassen haben."

Impfkampagne und "Next Generation EU" unterstützen Wachstum

Für den zu erwarteten Wachstum sind mehrere Faktoren verantwortlich:

  • Aufgrund einer wirksamen Strategie zur Eindämmung des Covid-19-Pandemie und einer effektiven Impfkampagne konnten die Volkswirtschaften und Märkte der EU-Mitgliedstaaten wieder öffnen, was sich vor allem auf die Dienstleistungsbranche positiv ausgewirkt hat.
  • Umfrageergebnisse und Mobilitätsdaten deuten auf einen steigenden privaten Konsum von Verbraucherinnen und Verbrauchern hin.
  • Der Trend verdeutlicht eine Wiederbelebung des Tourismus – auch bedingt durch die Einführung des "digitalen grünen Zertifikats" – innerhalb der EU.

Die EU-Kommission geht davon aus, dass sich der private Verbrauch und Investitionen als die wichtigsten Wirtschaftsmotoren erweisen könnten. Außerdem dürfte ein starkes Wachstum bei den wichtigsten Handelspartnern der EU den Warenausfuhren der EU zugutekommen. Dienstleistungsexporte dürften weiterhin, aufgrund von Beschränkungen im internationalen Tourismus, nur begrenzt möglich sein. Durch die Aufbau- und Resilienzfazilität als Teil des gemeinsamen Wiederaufbauinstruments "Next Generation EU" könnte das Wachstum weiter gesteigert werden und dadurch im Prognosezeitraum zirka 1,2 Prozent zum realen Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2019 der EU beitragen.

Inflation steigt weiter – Covid-19-Varianten können zu weiteren Risiken führen

Die Inflationsprognose wurde für die Jahre 2021 und 2022 ebenfalls nach oben korrigiert. Nach Einschätzung der EU-Kommission wird sich die Inflation in der EU 2021 im Vergleich zur Frühjahrsprognose um 0,3 Prozentpunkte auf 2,2 Prozent und im Jahr 2022 um 0,1 Prozentpunkte auf 1,6 Prozent erhöhen. Für den Euroraum verhält es sich ähnlich: Für 2021 werden 1,9 Prozent (plus 0,2 Prozentpunkte) und für 2022 1,4 Prozent (plus 0,1 Prozentpunkte) erwartet. Verantwortlich dafür könnten die steigenden Energie- und Rohstoffpreise, Produktionsengpässe aufgrund von Kapazitätsproblemen sowie die Knappheit bei Baukomponenten und Rohstoffen sein. Für das Jahr 2022 prognostiziert die EU-Kommission allerdings eine allmähliche Auflösung der Produktionsengpässe und Angleichung von Angebot und Nachfrage. Aufgrund der Ausbreitung von Covid-19-Varianten sind die Wachstumsaussichten allerdings mit hohen Risiken behaftet und könnten zu einer höheren Inflation als in der Prognose angenommen führen.

Prognose für Österreich orientiert sich am EU-Durchschnitt

Die Wirtschaftsprognose der EU-Kommission für Österreich orientiert sich am EU-Durchschnitt und lässt ebenfalls einen Aufwärtstrend erkennbar werden: Lag die Prognose des BIP-Wachstums im Frühjahr für 2021 noch bei 3,4 Prozent, wurde sie nun um 0,4 Prozentpunkte auf 3,8 Prozent angehoben. Auch 2022 sieht die EU-Kommission eine Erhöhung um 0,2 Prozentpunkte auf 4,5 Prozent im Vergleich zu 4,3 Prozent aus der Frühjahrsprognose. Die Inflation erhöht sich ebenfalls und passt sich damit an den EU-weiten Trend an: Lag sie vor der Covid-19-Pandemie noch bei 1,5 (2019), wird nun eine Inflation von 2,1 Prozent für dieses Jahr (plus 0,3 Prozentpunkte im Vergleich zur Frühjahrsprognose 2021) und 1,9 Prozent für 2022 (plus 0,3 Prozentpunkte im Vergleich zur Frühjahrsprognose 2021) erwartet.

Hintergrund

Die Europäische Kommission veröffentlich jährlich 2 umfassende Prognosen im Frühjahr und Herbst und 2 Zwischenprognosen im Winter und Sommer. Die Zwischenprognosen enthalten jährliche und vierteljährliche BIP- und Inflationszahlen für das laufende und das folgende Jahr für alle EU-Mitgliedstaaten sowie die gesammelten Zahlen für die EU insgesamt und für das Euro-Währungsgebiet. Dabei basiert die Zwischenprognose für den Sommer 2021 auf verschiedenen technischen Annahmen, wie Wechselkurse, Zinssätze oder Rohstoffpreise mit Stichtag 26. Juni 2021. Bei allen anderen Daten wurden Informationen bis einschließlich 28. Juni 2021 herangezogen.

Die Herbstprognose 2021 wird von der Europäische Kommission voraussichtlich im November 2021 veröffentlicht.

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