Die "Union der Kompetenzen": Ein strategischer Schritt zur Stärkung des Humankapitals in Europa

Europäische Kommission startet "Union der Kompetenzen", um Bildung, Fachkräftegewinnung und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken – Im Fokus: MINT-Förderung, lebenslanges Lernen und das Anwerben internationaler Talente – Ein neues Kompetenz-Gremium begleitet die Umsetzung

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Foto: © Xavier Lejeune

Die Europäische Kommission hat am 5. März 2025 die Initiative "Union der Kompetenzen" (Englisch: "The Union of Skills") vorgestellt – eine zentrale Initiative, die darauf abzielt, die Entwicklung des Humankapitals zu fördern und die Wettbewerbsfähigkeit der EU langfristig zu stärken. Angesichts des digitalen Wandels, der Energiewende und des zunehmenden Fachkräftemangels in verschiedenen Sektoren soll diese Initiative eine strategische Antwort auf die Herausforderungen des modernen Arbeitsmarktes geben. Nach Angaben der EU-Kommission erstreckt sich die Initiative über alle Altersgruppen sowie Bildungsstufen und umfasst Maßnahmen zur Verbesserung grundlegender Kompetenzen, zur Unterstützung des lebenslangen Lernens, zur Stärkung der Arbeitsmobilität und zur Gewinnung internationaler Fachkräfte.

Exekutiv-Vizepräsidentin Mînzatu: "In Europa müssen die Menschen an erster Stelle stehen"

Roxana Mînzatu, Exekutiv-Vizepräsidentin der Europäischen Kommission und für soziale Rechte und Kompetenzen, hochwertige Arbeitsplätze und Vorsorge zuständig, erklärte dazu:

"Mit der ´Union der Kompetenzen´ helfen wir den Menschen dabei, in einer sich rasch wandelnden Welt am Ball zu bleiben, und sorgen für ein wettbewerbsfähiges und faires Europa. In Europa müssen die Menschen an erster Stelle stehen, denn der Erfolg eines jedes Einzelnen beim Lernen, bei der Arbeit oder im Leben ist unverzichtbar für die Wettbewerbsfähigkeit und für eine stabile und resiliente Union."

Schlüsselinitiativen und Zielsetzungen

Ein wesentliches Ziel der Initiative ist demnach die Anhebung des Bildungsniveaus in den Bereichen Lesen und Schreiben, Mathematik, Naturwissenschaften und digitale Kompetenzen. Dies soll unter anderem durch ein "Pilotprojekt zur Förderung von Grundkompetenzen" erreicht werden. Ein besonderer Fokus liegt auf der Förderung der sogenannten MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik), um die europäische Wirtschaft auf den digitalen Wandel und den Übergang zu "sauberen" Technologien vorzubereiten. Durch gezielte Programme sollen insbesondere mehr Frauen und Mädchen für MINT-Berufe gewonnen werden, um langfristig eine ausgewogenere Geschlechterverteilung in diesen Zukunftsbereichen zu erreichen.
Darüber hinaus plant die Europäische Kommission, mit den EU-Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um ein effektives System zur Früherkennung von Bildungsdefiziten einzuführen. Hierzu gehören unter anderem Maßnahmen wie Monitoring-Programme und personalisierte Unterstützung für Schülerinnen und Schüler mit Schwierigkeiten beim Erwerb von Grundkompetenzen. 

Lebenslanges Lernen und berufliche Weiterbildung

Die Initiative setzt sich zudem dafür ein, dass Erwachsenen kontinuierliche Weiterbildung und Umschulung ermöglicht werden. Hierfür soll ein Pilotprojekt zur "Kompetenzgarantie" eingeführt werden, das insbesondere Arbeitnehmerinnen beziehungsweise Arbeitnehmer unterstützt, die von Umstrukturierungen oder Arbeitslosigkeit betroffen sind. Dies soll Menschen helfen, schneller in neue Berufsfelder zu wechseln, und so langfristig die Arbeitslosigkeit in Europa senken.

Zusätzlich plant die Europäischen Kommission, im Rahmen der Initiative die "EU-Kompetenzakademien" auszubauen, um gezielt Fachkräfte für den "grünen" Wandel und den "Deal für eine saubere Industrie" bereitzustellen. Diese Akademien sollen verstärkt praxisorientierte Ausbildungsmöglichkeiten bieten, die auf die Bedürfnisse der Unternehmen abgestimmt sind. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Weiterbildung in den Bereichen erneuerbare Energien, Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Technologien.

Erleichterung der Arbeitsmobilität

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Übertragbarkeit von Kompetenzen innerhalb der EU. Eine Initiative zur besseren Anerkennung und Akzeptanz von Qualifikationen soll unter anderem die Nutzung digitaler Zertifikate fördern. Diese Maßnahme soll die Arbeitskräftefreizügigkeit stärken und Unternehmen die Rekrutierung von qualifiziertem Personal erleichtern.

Durch die Verbesserung der gegenseitigen Anerkennung von Qualifikationen können Fachkräfte demnach einfacher in anderen EU-Ländern arbeiten, was die Flexibilität auf dem europäischen Arbeitsmarkt erhöht. Dies werde insbesondere in Sektoren mit hohem Arbeitskräftemangel, wie dem Gesundheitswesen, der IT-Branche und dem Ingenieurwesen, einen erheblichen Unterschied machen, so die EU-Kommission. 

Gewinnung internationaler Talente

Um die europäische Wirtschaft zukunftsfähig zu machen, setzt die "Union der Kompetenzen“ auf die gezielte Anwerbung von Spitzenkräften aus dem In- und Ausland. Im Rahmen der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen wird die Pilotausschreibung "Choose Europe" mit einem Budget von 22,5 Millionen Euro ins Leben gerufen, um hochqualifizierte Fachkräfte durch exzellente Forschungs- und Arbeitsbedingungen anzuziehen. Zusätzlich soll ein EU-Talentepool geschaffen werden, um dringend benötigte Arbeitskräfte aus Drittländern gezielt zu rekrutieren. Eine neue Visastrategie soll den Zugang für internationale Studierende, Fachkräfte und Forschende erleichtern. 

Neue Bildungs- und Kompetenzziele bis 2030

Die Europäische Kommission hat im Rahmen der "Union der Kompetenzen" ambitionierte Ziele im Bildungs- und Kompetenzbereich bis 2030 formuliert. Hierzu zählen unter anderem:

  • Der Anteil der unterdurchschnittlichen Leistungen in den Bereichen Lesen, Schreiben, Mathematik, Naturwissenschaften und digitale Kompetenzen soll unter 15 Prozent gesenkt werden, während die Spitzenleistungen mindestens 15 Prozent betragen sollen.
  • Mindestens 45 Prozent der Schülerinnen und Schüler in der beruflichen Erstausbildung sollen einen mittleren Abschluss in MINT-Fächern erwerben, wovon mindestens ein Viertel weiblich sein soll.
  • Mindestens 32 Prozent der Hochschulstudierenden sollen in MINT-Fächern eingeschrieben sein, wovon mindestens 2 von 5 Studierenden Frauen sein sollen.
  • Der Anteil der Promotionsstudierenden im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) soll mindestens 5 Prozent betragen, wovon mindestens ein Drittel Frauen sein sollen.

Starke "Governance" und europäische Zusammenarbeit

Zur effektiven Umsetzung der "Union der Kompetenzen" wird eine robuste "Governance"-Struktur etabliert. Ein neues europäisches hochrangiges Gremium für Kompetenzen soll eingerichtet werden, das Bildungsträger, Unternehmen und Sozialpartner zusammenbringt. Dieses Gremium wird nach Angaben der EU-Kommission von einer "Europäischen Beobachtungsstelle für Kompetenzen" unterstützt, die Datenanalysen und Vorausschauen bereitstellt, um frühzeitig auf Qualifikationsdefizite in strategischen Sektoren reagieren zu können.

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