EU-Videogipfel: Bemühungen zur Bewältigung der Coronavirus-Pandemie im Fokus

Bei dem virtuellen Treffen am 19. November 2020 besprachen die EU-Spitzen die aktuelle Covid-19-Situation, insbesondere die Koordinierung der gemeinsamen Anstrengungen zur Bekämpfung der Pandemie, und das Thema Terrorismus. Die deutsche Ratspräsidentschaft informierte die Staats- und -Regierungschefs über den Stand der Dinge bezüglich des von einigen Mitgliedstaaten blockierten 1,8 Billionen Euro schweren EU-Corona-Wiederaufbauplans.

Charles Michel Videokonferenz

Austausch zum langfristigen EU-Haushalt und zum Aufbaupaket

Der EU-Videogipfel widmete sich am 19. November 2020 aus aktuellem Anlass zuerst dem Mehrjährigen EU-Finanzrahmen und der Rechtsstaatlichkeits-Konditionalität. Die deutsche Bundeskanzler Angela Merkel informierte die Mitglieder des Europäischen Rates über den Stand der Diskussionen im Lichte der vorläufigen politischen Einigung mit dem Europäischen Parlament. Die Mehrheit der Mitgliedstaaten befürwortet den vorliegenden Kompromiss zur Rechtsstaatlichkeits-Konditionalität. Auch die von Ungarn und Polen aktuell verursachte Blockade des EU-Budgets für die Jahre 2021 bis 2027 und der damit verknüpfte Corona-Aufbaufonds wurde angesprochen. Die Ratspräsidentschaft werde mit den beiden EU-Staaten darüber sprechen, was man tun könne, damit eine Zustimmung möglich werde, betonte der deutsche EU-Ratsvorsitz.

EU-Ratspräsident Charles Michel sagte im Anschluss an den Gipfel, man müsse in Hinblick auf das Finanzpaket "geeint" bleiben. Das Paket sei "wesentlich für unsere wirtschaftliche Erholung. Was den Konditionalitäts-Mechanismus angeht, so ist die überwiegende Mehrheit der Mitgliedstaaten mit dem vorliegenden Kompromiss einverstanden. Einige Mitgliedstaaten haben jedoch erklärt, dass sie sich nicht der Mehrheit anschließen können. Wir werden die Gespräche fortsetzen, um eine für alle annehmbare Lösung zu finden", betonte EU-Ratspräsident Charles Michel zu diesem Thema.

Bundeskanzler Sebastian Kurz hatte schon vor dem EU-Videogipfel betont, dass Reformen und Rechtsstaatlichkeit die Basis für die Auszahlung von EU-Geld seien. "Jetzt wird in der EU sehr viel Steuergeld in einem noch nie da gewesenen Ausmaß in Anspruch genommen. Es wird aber nur dann europäisches Geld fließen, wenn Reformen durchgeführt werden und die Rechtsstaatlichkeit eingehalten wird“, sagte er. Zudem sprach sich der Bundeskanzler gegen Kompromisse und für eine genaue Kontrolle aus, "wofür das Geld in weiterer Folge ausgegeben wird".

Coronavirus-Pandemie: Bemühungen der EU-Staaten gemeinsam koordinieren

In Hinblick auf die Koordinierung im Kampf gegen das Coronavirus wurden Schnelltests, Impfungen, die gegenseitige Anerkennung von Tests und die Abstimmung von weiteren Maßnahmen diskutiert. "In ganz Europa gibt es mittlerweile die zweite Welle sowie Lockdowns oder lockdownähnliche Zustände", so der Bundeskanzler. Umso wichtiger sei daher ein "regelmäßiger und enger europäischer Austausch über die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie oder mögliche erste Lockerungen".

Die EU-Staats- und -Regierungschefs erörterten, wie ein gemeinsamer Ansatz für die Verwendung von Antigen-Schnelltests entwickelt werden kann, welche die Teststrategie ergänzen können. Wichtig sei auch, auf die gegenseitige Anerkennung von Tests und Ergebnissen hinzuarbeiten, was bei Schnelltests auf gemeinsamen Kriterien beruht. Dies garantiere die Leistungsfähigkeit, erklärte Ratspräsident Charles Michel. Hierfür trete laut Bundeskanzler Sebastian Kurz auch Österreich ein. Auch nationale Teststrategien und bewährte Praktiken (Best Practices) wurden untereinander ausgetauscht.

Da die künftigen Impfstoffe in Reichweite scheinen, sei es relevant, die Vorbereitungen der nationalen Impfpläne zu beschleunigen, um sicherzustellen, dass Impfstoffe nach ihrer Zulassung für alle EU-Bürgerinnen und -Bürger verfügbar und erschwinglich sind. Neben der logistischen Herausforderung – wie Lagerung, Transport und die Anzahl der Impfdosen – sei auch die Kommunikation eine weitere Herausforderung. "Die Zahl der Menschen, die Impfstoffen misstrauen, nimmt zu und wir müssen ihren Wert klar kommunizieren", so Ratspräsident Charles Michel. Die EU-Staats- und -Regierungschefs begrüßten, dass die Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission bereits einige Abnahmegarantien mit Impfstoffherstellern vereinbart haben. Bundeskanzler Sebastian Kurz bedankte sich bei EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen "für ihre herausragende Arbeit bei der Beschaffung von Impfstoffen für die EU. Damit gibt es nächstes Jahr wieder Licht am Ende des Tunnels."

Vorsicht sei auch bei der Aufhebung von Beschränkungen geboten: "Die COVID-19-Pandemie fordert schrecklich viele Menschenleben. Hinter all diesen Zahlen und Statistiken verbergen sich Familien und Freunde. Das dürfen wir nie vergessen. Wir müssen die Lehren aus der Vergangenheit ziehen und vorsichtig sein, wenn wir Beschränkungen aufheben. Es sollte schrittweise und regressiv erfolgen. Wir alle wollen die Feiertage zum Jahresende feiern, aber sicher. Lassen Sie uns das neue Jahr sicher einläuten", betonte der Ratspräsident Charles Michel. Bereits im Vorfeld des virtuellen EU-Gipfels hatte Bundeskanzler Kurz erklärt: "Unser Ziel muss es sein, eine dritte Welle zu verhindern und Weihnachten zumindest im kleinen Familienkreis zu ermöglichen".

Des Weiteren tauschten sich die EU-Spitzen auch über die bessere Koordinierung von Quarantäne-Maßnahmen und Kontaktnachverfolgung aus (unter anderem eine gemeinsame "Passenger Locator Form").

Videokonferenz EU-Rat

Terrorismusbekämpfung: EU-Solidarität nach den Anschlägen in Österreich und Frankreich

Gegen Ende des Videogipfels äußerten Bundeskanzler Sebastian Kurz und der französische Staatschef Emmanuel Macron sich hinsichtlich der jüngsten islamistischen Anschlägen in Wien und mehreren französischen Städten zur Terrorismusbekämpfung. Bundeskanzler Kurz dankte den EU-Staats- und -Regierungschefs für ihre Solidarität, sprach sich für ein gemeinsames europäisches Vorgehen gegen den politischen Islam aus und verwies auf die nächsten Schritte im Dezember. Am 9. Dezember 2020 will die EU-Kommission ein Anti-Terror-Paket vorlegen, darunter auch Maßnahmen gegen terroristische Propaganda im Internet. "Wir werden die Ideologie des Hasses weiter bekämpfen, auch im Internet. Es ist entscheidend für uns, die Rolle von Online-Plattformen zu prüfen und einen strengeren Rahmen zu setzen", betonte Ratspräsident Charles Michel nach der Videokonferenz.

Fortführung der Beratungen im Dezember 2020

Am 10. und 11. Dezember 2020 findet ein EU-Gipfel statt, bei welchem auch Folgemaßnahmen bezüglich der Coronavirus-Pandemie ergriffen werden sollen und ein weiterer Austausch zum Thema Terrorismus-Bekämpfung stattfinden wird.

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