Europäische Kommission präsentiert Strategie zur Stärkung des Schengen-Raums

Durch die neuen Maßnahmen und Vorschläge soll der Schengen-Raum besser vor Krisen geschützt werden – mehr Absprachen und Kooperationen unter den Mitgliedstaaten sollen den offenen Grenzverkehr auch in Zukunft gewährleisten.

Flughafen Brüssel-Zaventem

Die Europäische Kommission hat am 2. Juni 2021 eine neue Strategie zur Stärkung des Schengen-Raums vorgelegt. Damit soll die weltweit größte Zone für den freien Personenverkehr widerstandsfähiger und auf zukünftige Herausforderungen vorbereitet werden. Vor allem die Covid-19-Pandemie und der damit verbundene eingeschränkte Grenzverkehr hat die Bedeutung eines freien Transfers von Personen, Waren und Dienstleistungen für Wirtschaft und Gesellschaft erkennbar werden lassen. Mit der präsentierten Strategie möchte die Kommission die Vorteile des Schengen-Raums für die Zukunft bewahren.

Kommissionspräsidentin von der Leyen: "Ein Weg, mit dem Schengen auch in Zukunft bestehen kann"

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte dazu: "Die Freiheit, sich in verschiedenen Mitgliedstaaten frei zu bewegen, dort zu leben und zu arbeiten, liegt den Europäerinnen und Europäern sehr am Herzen. Der Schengen-Raum ist eine der größten Errungenschaften der EU, aber verschiedene Krisen und Herausforderungen haben uns deutlich gezeigt, dass Schengen nicht selbstverständlich ist. Heute zeigen wir einen Weg auf, mit dem Schengen auch in Zukunft noch bestehen kann. Einen Weg, der – unbeschadet der herrschenden Umstände – den freien Personen-, Waren- und Dienstleistungsverkehr gewährleisten wird, damit wir unsere Volkswirtschaften wiederaufbauen und gemeinsam gestärkt aus der Krise hervorgehen können."

Der für die "Förderung unserer europäischen Lebensweise" zuständige Vizepräsident der EU-Kommission, Margaritis Schinas, fügte hinzu: "Die Freizügigkeit innerhalb des Schengen-Raums ist Dreh- und Angelpunkt unserer europäischen Lebensweise. Schengen ist eine gut funktionierende Maschine, aber mit Schengen ist es wie mit jeder Maschine – damit man sie lange nutzen kann, muss sie regelmäßig gewartet und verstärkt werden. Heute geben wir einen neuen Weg vor, mit dem die Sicherheit und Mobilität der EU-Bürgerinnen und -Bürger gewährleistet und gleichzeitig die Widerstandsfähigkeit des Schengen-Raums gegenüber Herausforderungen gestärkt wird. Natürlich ist Schengen erst dann komplett, wenn ihm alle unsere Mitgliedstaaten angehören. Ein Schengen-Raum, der mehr Mitgliedstaaten umfasst, wird stärker und sicherer sein."

Der Schengen-Raum beruht auf 3 Säulen:

  • Wirksames Management der EU-Außengrenzen
  • Stärkung der internen Maßnahmen zum Ausgleich des Wegfalls der Kontrollen an den Binnengrenzen, insbesondere in den Bereichen polizeiliche Zusammenarbeit, Sicherheit und Migrationsmanagement
  • Gewährleistung einer soliden Krisenvorsorge und Governance, einschließlich der Vollendung des Schengen-Raums

Die neue Strategie erweitert die 3 Säulen um folgende Ziele:

  • Mit dem bereits eingeleiteten Aufbau einer ständigen Reserve der Europäischen Grenz- und Küstenwache, der Interoperabilität der Informationssysteme für das Grenz- und Migrationsmanagement bis 2021 und mit der Digitalisierung von Visumanträgen und Reisedokumenten auf Grundlage eines neuen Vorschlags soll ein wirksames Management der EU-Außengrenzen gewährleistet werden. Des Weiteren soll das Screening von Personen, die ohne Genehmigung eine EU-Außengrenze überschreiten, als Teil des neuen Migrations- und Asylpakets zeitnah angenommen und umgesetzt werden.
  • Die neue Strategie sieht einen EU-Kodex für die polizeiliche Zusammenarbeit und eine Überarbeitung des "Prümer Beschlusses", als polizeiliches Vernetzungssystem für den Austausch von Informationen der DNA, Fingerabdrücke, Fahrzeugregistrierungen und Fluggastdaten vor. Der "Prümer Beschluss", dem aktuell 13 Mitgliedstaaten – darunter Österreich – beigetreten sind, sieht Erleichterungen der grenzüberschreitenden polizeilichen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten der EU vor, insbesondere in Hinblick auf Großveranstaltungen und Terrorismusbekämpfung sowie andere Formen der grenzüberschreitenden Strafverfolgung. Zu diesem Zweck soll eine gemeinsame Vorgehensweise beim Migrationsmanagement ein reibungsloses Funktionieren des Schengen-Raums gewährleisten. Mit diesen Ansätzen möchte die EU-Kommission den Schengen-Raum nach innen stärken und die enge Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei der Verhütung und Bekämpfung von Sicherheitsbedrohungen fördern.
  • Um den politischen Dialog zwischen den Schengen-Staaten zu unterstützen, schlägt die Kommission vor, regelmäßig Sitzungen des so genannten Schengen-Forums abzuhalten. Des Weiteren sollen der Schengen-Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus und der Schengener Grenzkodex überarbeitet werden, um die Widerstandsfähigkeit bei ernsten Bedrohungen zu erhöhen. Um den reibungslosen Güterverkehr zwischen den Schengen-Staaten auch bei künftigen Krisen zu gewährleisten, wird die Kommission einen Notfallplan vorlegen, der eine mögliche Anwendung des Systems der "Green Lanes" vorsieht. Hinzu möchte die EU-Kommission mit den Mitgliedstaaten in Bezug auf die Beendigung der teilweise dauerhaft wiedereingeführten Kontrollen an den Binnengrenzen Gespräche führen.
  • Der Schengen-Raum soll auf die EU-Mitgliedstaaten erweitert werden, welche dem Schengen-Raum noch nicht beigetreten sind. Dabei haben die Länder, denen eine Beitrittsreife attestiert wurde, eine rechtliche Verpflichtung, sich dem Schengen-Raum anzuschließen.

Mit der Überarbeitung des Schengener Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus sollen das Vertrauen in die Anwendung der Schengen-Vorschriften erhöht sowie mögliche Mängel identifiziert und behoben werden. Die Änderungen sollen die Durchführung der Evaluierung und das Verfahren für Fälle beschleunigen, bei denen mögliche Mängel vorliegen.

Hintergrund

Der Schengen-Raum ist eine Zone, in der 26 europäische Länder ihre Kontrollen an den Binnengrenzen für den freien Verkehr von Personen, Waren und Dienstleistungen abgeschafft haben. Heute leben mehr als 420 Millionen Menschen im Schengen-Raum und bis zu 3,5 Millionen Menschen, die täglich zwischen Schengen-Staaten pendeln. Die Schengen-Zone umfasst alle EU-Mitgliedstaaten ausgenommen Bulgarien, Irland, Kroatien, Rumänien und Zypern. Die Nicht-EU-Länder Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz sind ebenfalls Teil des Schengen-Raums.

Der freie Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten spielt eine wesentliche Rolle für die wirtschaftliche Erholung Europas nach der Covid-19-Pandemie. Es bedarf daher gemeinsamer Maßnahmen auf Unionsebene und einer Aktualisierung der Schengen-Vorschriften, um sich den neuen Herausforderungen anzupassen und auch bei zukünftigen Krisen gerüstet zu sein. Daher hat die Kommission eine Strategie zur Zukunft des Schengen-Raums vorgelegt und im Vorfeld umfassende Gespräche mit Abgeordneten des Europäischen Parlaments und den Innenministerinnen und Innenministern der Mitgliedstaaten im Rahmen des Schengen-Forums im November 2020 und Mai 2021 geführt.

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