Bundesministerin Plakolm: "Integration ist kein Angebot, sondern eine Verpflichtung"

Ministerrat gibt Startschuss für verpflichtendes Integrationsprogramm ab Tag 1 – Verbot von Zwangs- und Kinderehen

Anlässlich der heutigen Sitzung des Ministerrats präsentierten Integrationsministerin Claudia Plakolm, Justizministerin Anna Sporrer, Sozialministerin Corinna Schumann und Klubobmann Yannick Shetty die Pläne der Regierung zum Verbot von Kinderehen, zu einem verpflichtenden Integrationsprogramm für Asylwerberinnen und Asylwerber mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit und zur Reform der Sozialhilfe.

"Integrationsprogramm gilt ab Tag 1"

Die Integrationsministerin kündigte ein verpflichtendes Integrationsprogramm an, das im Ministerrat beschlossen wurde und "ab Tag 1" für Asylberechtigte, Vertriebene sowie Asylwerberinnen und Asylwerber mit hoher Anerkennungswahrscheinlichkeit gelten soll. Drei Jahre lang sollen individuell zugeschnittene Module in Deutsch, Grundregeln und eine Arbeitsmarktvorbereitung absolviert werden. Wer sich weigert oder Kurse nicht besteht, muss mit gekürzten Sozialleistungen, Selbstbehalten oder Verwaltungsstrafen rechnen. Eine Integrationsbeihilfe soll bis zum Abschluss der Module oder bis zum Erreichen ausreichender Versicherungszeiten die volle Sozialhilfe ersetzen, und gemeinnützige Arbeit ist als Einstieg vorgesehen. "Wer zu uns kommt, muss Teil werden – Integration ist kein Angebot, sondern eine Verpflichtung", betonte Plakolm.

Plakolm: "Kinderehen sind kulturelle, geschlechtsbezogene Gewalt"

Integrationsministerin Claudia Plakolm stellte auch eine vom Ministerrat beschlossene Regierungsvorlage vor, "mit der wir die Ehe von Minderjährigen ebenso verbieten wie die Ehe zwischen Cousins und Cousinen". Eine Eheschließung müsse in Österreich aus freiem Willen erfolgen und nicht, weil Familie oder Tradition dies verlangten. Zudem sei das Risiko genetischer Erkrankungen bei Verwandtenehen doppelt so hoch. Plakolm bezeichnete unfreiwillige Kinderehen als "kulturelle, geschlechtsbezogene Gewalt" und kündigte an, im nächsten Schritt auch gegen im Ausland geschlossene Scharia-Kinderehen vorzugehen, "um Kinder wirksam zu schützen".

Sporrer: Junge Menschen sollen sich auf Schul- und Berufsausbildung konzentrieren können

Justizministerin Anna Sporrer ging in ihrem Statement auf den Hintergrund der Gesetzesvorlage für das Verbot der Ehe unter 18 Jahren ein: "Wir wollen, dass sich junge Menschen insbesondere zwischen 16 und 18 Jahren hauptsächlich auf ihre Schul- und Berufsausbildung konzentrieren und nicht vorzeitig Verpflichtungen eingehen", so Sporrer. Auch Teenagerschwangerschaften, die oft ein Grund für eine vorzeitige Eheschließung seien, sollten kein Anlass sein. Hier wäre die Unterstützung durch das familiäre Umfeld sinnvoller als eine noch ungefestigte Partnerschaft. "Wir setzen einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einem modernen Eherecht, stärken die Rechte junger Menschen und gleichen unsere Rechtslage an internationale Menschenrechtsstandards an. Damit bekräftigen wir unsere klare Ablehnung von Zwangs- und Kinderehen", betonte die Justizministerin.

Schumann: "Wir brauchen gut integrierte Menschen"

"Integration ab dem ersten Tag ist eine ganz wesentliche Zielrichtung. Gut integrierte Menschen haben für sich selbst und für die Gesellschaft größere Chancen. Wir brauchen gut integrierte Menschen, um unseren Fachkräftebedarf abzudecken", sagte Arbeits- und Sozialministerin Korinna Schumann. Es sei daher wichtig, den Fokus auf eine gute Sprachausbildung zu legen, um den Menschen eine möglichst rasche Integration in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Darüber hinaus sei es wichtig, sich auch besonders dem Angebot für Frauen zu widmen, weil sie im familiären Bereich oftmals für die Weitergabe der Werte sorgen. Daher müsse man Frauen zu einem frühen Zeitpunkt den Spracherwerb ermöglichen, um ihnen so eine Teilnahme am Arbeitsmarkt zu ermöglichen. "Alle sollen gleichermaßen die Chance haben, in den Integrationsprozess einbezogen zu werden", so die Ministerin.

"Menschen die Chance geben, sich selbst zu erhalten"

In Bezug auf die "Sozialhilfe neu" führte Bundesministerin Schumann aus, dass eine einheitliche Sozialhilfe auf den Weg gebracht werden solle. Alle Menschen, die arbeitsfähig sind, sollen die Möglichkeit haben, vom Arbeitsmarktservice betreut zu werden. Dazu solle es eine Grundabsicherung für Kinder geben. "Die Menschen müssen die Chance haben, sich selbst zu erhalten. Darüber hinaus müssen wir auch in die Kinder investieren und ihnen Chancen geben, einen guten Weg zu gehen", so die Ministerin. Die "Sozialhilfe neu" werde in ganz enger Abstimmung mit den Ländern umgesetzt und müsse verfassungsrechtlichen Bestand haben. "Das ist ein Gesamtpaket. Wir sind auf einem sehr guten Weg und werden gemeinsam alles daransetzen, dass Integration ab dem ersten Tag auch wirklich funktioniert", so Schumann.

Shetty: 16-jährige Mädchen gehören auf die Schulbank, nicht vor das Standesamt

Klubobmann Yannick Shetty betonte in seinem Statement: "Die Kinderehe an sich bedeutet für junge Menschen eine massive Einschränkung von Freiheit und individuellem Gestaltungsspielraum. Wir sind der Meinung, dass ein 16-jähriges Mädchen auf die Schulbank gehört und nicht vor das Standesamt." Daher sei das Verbot der Kinderehe ein wichtiger Schritt, den die Bundesregierung damit setze. "Ich bin auch persönlich stolz darauf, dass wir das so rasch umsetzen können."

Zudem zeigte sich Shetty erfreut darüber, dass "wir auch mit den Regelungen für gleichgeschlechtliche Paare einen Erfolg erzielen können. Im Ausland geschlossene Ehen oder Adoptionen können in Österreich auch dann anerkannt werden, wenn sie im Ausland nicht anerkannt werden."

"Neustart der Integrationspolitik ist echter Paradigmenwechsel"

Beim Pressefoyer unterstrich Shetty: "Heute ist ein guter Tag für die Integrationspolitik in Österreich, weil wir einen Neustart mit einem echten Paradigmenwechsel wagen, der dringend notwendig ist: Integration ab dem ersten Tag." Integration solle nicht erst nach vielen Jahren beginnen, sondern ab dem ersten Tag, nachdem die Menschen in Österreich ankommen. Für all jene mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit solle sofort mit Integrationsmaßnahmen begonnen werden, "und zwar im Rahmen des verpflichtenden Integrationsprogramms, das aus drei Säulen besteht: erstens Deutsch, zweitens Werte, drittens Arbeit". Diese Säulen seien wichtig für die Selbsterhaltungsfähigkeit und der größte Hebel ist für die eigene persönliche Freiheit, so Shetty abschließend.

Bilder von diesem Termin sind über das Fotoservice des Bundeskanzleramts kostenfrei abrufbar.