Integrationsministerin Plakolm: Kopftuch schränkt Sichtbarkeit und Freiheit ein
Umfangreiche Begleitmaßnahmen zum Kopftuchverbot sollen tief verankerte kulturelle und familiäre Zwänge durchbrechen
"In Österreich soll jedes Mädchen frei, selbstbestimmt und sichtbar aufwachsen können – ohne Zwang, ohne Angst und vor allem ohne vorgeschriebene Rolle. Wenn kleine Mädchen verschleiert werden, wenn sie durch patriarchale Zwänge und falsche Ehrvorstellungen in ihrer Entwicklung behindert werden, dann können und dürfen wir nicht wegsehen", sagte Integrationsministerin Claudia Plakolm bei einer Pressekonferenz zu den Begleitmaßnahmen zum Kinderkopftuchverbot, die sie gemeinsam mit Sonia Koul, Leiterin des ÖIF-Frauenzentrums, und der Integrationsexpertin Emina Saric im Bundeskanzleramt abhielt.
Beim Kopftuchverbot gehe es nicht um ein Stück Stoff – hier gebe sie den Kritikerinnen und Kritikern des neuen Gesetzes recht – sondern um viel mehr: "Es ist ein Symbol der Unterdrückung, das die Sichtbarkeit und Freiheit von Mädchen einschränkt", hielt Plakolm fest. Wenn islamistische Influencer gegen das Kopftuchverbot in Österreich hetzen und dazu auffordern, dass junge Mädchen die Schule verlassen sollen, dann zeige das, dass mit dem neuen Gesetz ein "wunder Punkt" getroffen worden sei. Frei aufwachsende und selbstdenkende Mädchen seien für Extremisten scheinbar eine große Bedrohung ihrer veralteten patriarchalen Strukturen. "Unsere Aufgabe als Staat ist hier klar: Wir müssen Kinder und ganz besonders Mädchen vor diesen Strukturen schützen, damit sie sich frei entwickeln können. Ein achtjähriges Mädchen ist ganz einfach ein Kind, kein Sexobjekt, das versteckt werden muss. Diese frühzeitige Sexualisierung hat in der Kindheit absolut nichts verloren. Das Kinderkopftuchverbot ist für uns deswegen eine ganz wichtige Maßnahme zum Schutz der Kinderrechte", führte die Integrationsministerin aus.
Begleitmaßnahmen basieren auf 3 Säulen: Empowerment für Mädchen, Burschen- und Elternarbeit
Das Verbot des Kopftuchs reiche aber nicht aus, um tief verankerte kulturelle und familiäre Zwänge zu durchbrechen. Das habe auch der Verfassungsgerichtshof in der Vergangenheit bereits kritisiert. Deshalb habe sich die Bundesregierung auf Begleitmaßnahmen zum Kinderkopftuchverbot verständigt, die auf 3 Säulen basieren. Zum einen solle beim Empowerment für Mädchen diese in ihrer Selbstwahrnehmung ermutigt werden. Die zweite Säule betreffe die Burschenarbeit, bei der Alternativen zu patriarchalen Strukturen vermittelt werden sollen. Im dritten Bereich, der Elternarbeit, würden Familien dabei unterstützt, ihren Kindern österreichische Werte vorzuleben. Dabei solle ein Familienleben als Teil einer freien, gleichberechtigten Gesellschaft ermöglicht werden.
"Zu diesen Begleitmaßnahmen gibt es ein umfassendes Förderpaket. Schon jetzt gibt es über 30 Einreichungen von Projekten zur Burschen- und Mädchenarbeit in einem Ausmaß von mehr als 6,5 Millionen Euro. Anfang November wird die Auswahlkommission darüber entscheiden, an wen die Zuschläge vergeben werden. Im Fokus bei der Integrationsarbeit sollen ganz klar die Bereiche Wertebildung, Selbstbestimmung und Gleichstellung liegen", so Plakolm.
HEROES und ÖIF-Frauenzentrum als Beispiele der vielfältigen Begleitprojekte
Die Integrationsministerin stellte zwei konkrete Projekte vor, die die Breite der Begleitmaßnamen zeigen soll. Das Projekt HEROES arbeitet mit jungen Männern aus ehrkulturellen Milieus. Dabei werden sie zu positiven Vorbildern ausgebildet und führen nach einer intensiven Trainingsphase Workshops zu Themen wie Ehre, Identität, Gewaltfreiheit und Gleichberechtigung an Schulen durch. Das Frauenzentrum des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) unter der Leitung von Sonia Koul wiederum stärkt Frauen und Mädchen, ihre Rechte zu kennen, Selbstbestimmung zu leben und Gewalt zu überwinden. Dabei werden auch Männer und Väter beim ÖIF aktiv eingebunden.
"Diese beiden Projekte zeigen, dass das Verbot des Kinderkopftuchs von einem breiten Maßnahmenpaket begleitet wird. Neben den vorgestellten Projekten wird es auch Maßnahmen im Bildungsbereich geben. Der Fonds LEA wird sich gezielt um Frauen- und Mädchen-Empowerment kümmern. Am Donnerstag endet die Begutachtungsfrist. Das Gesetz soll noch heuer im Parlament beschlossen werden. Ich bin überzeugt: Mit dem Kinderkopftuchverbot und den Begleitmaßnahmen ermöglichen wir jungen Mädchen eine freie und selbstbestimmte Entwicklung", so die Integrationsministerin abschließend.
Bilder von dieser Pressekonferenz sind über das Fotoservice des Bundeskanzleramts kostenfrei abrufbar.