Bundesregierung beschließt Erarbeitung einer gesamtstaatlichen Afrikastrategie

Respektvolle Partnerschaft mit Fokus auf Frieden, Sicherheit, wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie Kooperation in Bereichen wie Migration, Bildung und Kultur

Die Bundesregierung hat in der heutigen Sitzung des Ministerrats die Ausarbeitung und Implementierung einer umfassenden, österreichischen Afrikastrategie beschlossen. Ziel der Strategie ist "die Intensivierung einer gleichberechtigten Partnerschaft mit unseren afrikanischen Partnern", wie im Ministerratsvortrag festgehalten wird. Geleitet von gemeinsamen Interessen und einem werte- und menschenrechtsbasierten Ansatz sollen die Beziehungen dementsprechend weiterentwickelt und "nutzbringend für beide Seiten" gestaltet werden. Der Fokus soll dabei auf folgenden Handlungsfeldern liegen: Frieden, Sicherheit und Resilienz, wirtschaftliche Zusammenarbeit im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit, Zusammenarbeit in den Bereichen Migration und Mobilität sowie Kultur-, Bildungs- und Wissenschaftskooperation.

Die Beweggründe und Details zur künftigen Afrikastrategie Österreichs wurden im Pressefoyer nach dem Ministerrat von Außenministerin Beate Meinl-Reisinger, Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer und Staatssekretärin Michaela Schmidt präsentiert.

Meinl-Reisinger: "Afrika ist ein Chancenkontinent"

Die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten betonte eingangs, dass Afrika "ein Chancenkontinent" sei, der "enormes volkswirtschaftliches Potenzial" aufweise: "Nirgendwo auf der Welt gibt es vergleichbares Potenzial für Wirtschaftswachstum. Schon heute zählen 11 afrikanische Staaten zu den 20 am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt." Afrika sei zudem geprägt durch seine "rasant wachsende und immer besser ausgebildete und vergleichsweise junge Bevölkerung" sowie "damit einhergehende, dynamische Märkte". Meinl-Reisinger wies auch darauf hin, dass bereits viele österreichische Unternehmen vor Ort präsent seien. Österreichs Know-how und Bereitschaft zur Zusammenarbeit werde geschätzt, das sei in Gesprächen am Rande der UN-Generalversammlung auch Thema gewesen. Gerade auch wenn es um den Kampf gegen den Klimawandel und erneuerbare Energien gehe, "haben wir hier Verbündete auf dem afrikanischen Kontinent".

Beitrag zur Stabilisierung leisten – Sicherheit in Europa stärken

"Der zweite wichtige Punkt, warum wir eine Afrikastrategie brauchen, ist eine enorme sicherheitspolitische Herausforderung", so die Außenministerin mit Verweis auf "Konflikte, Kriege und damit einhergehend Problematiken wie zum Beispiel Terror aber auch Migration". Österreich sei zwar ein kleines Land, könne aber dennoch einen Beitrag zur Stabilisierung von Regionen durch Entwicklungsprojekte und humanitäres Engagement leisten. Es gehe aber auch um einen "effektiven Institutionenaufbau, weil wir damit unsere Sicherheit in Europa stärken, wenn wir Terror und illegale Migration bekämpfen".

Als dritten, zentralen Aspekt für die Afrikastrategie verwies die Außenministerin auf die zunehmenden Abhängigkeiten afrikanischer Länder von China, etwa im Rahmen großer, kreditfinanzierter Infrastrukturprojekte. "China ist heute Afrikas größter Handelspartner." Zudem baue Russland seine militärische Präsenz aus. Dies sei nicht im Interesse Österreichs und Europas. "Wir können und wollen hier auch eine Rolle spielen und diesen Sicherheitsaspekt nicht außer Acht lassen", so Meinl-Reisinger. In der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit solle daher künftig ein noch stärkerer Fokus gesetzt werden. In der gesamtstaatlichen Afrikastrategie werde es eine "Bündelung verschiedener Interessenslagen von Bildungspartnerschaften über wirtschaftliche Kooperation bis hin zur Verschränkung mit unserer Entwicklungspolitik unter Federführung des Außenministeriums" geben.

Ernennung einer/eines Afrikabeauftragten

Um die Operationalisierung der Strategie voranzutreiben, soll im Außenministerium die Position eines Afrikabeauftragten etabliert werden. Mit dem Ministerratsvortrag sei der "Startschuss für die weitere Erarbeitung der Afrikastrategie" erfolgt. Aufbauend auf bestehenden Vorarbeiten werde das Außenministerium die federführende, koordinierende Rolle übernehmen und für eine enge Zusammenarbeit mit anderen Ressorts und eine breite Einbindung von Parlament und Zivilgesellschaft sorgen, erläuterte Meinl-Reisinger. Dem Nationalrat werde 2026 eine gesamtstaatliche Afrikastrategie vorgelegt werden, die dann ab 2027 implementiert werden könne, "natürlich auch mit den entsprechenden, regelmäßigen Berichten", versicherte die Außenministerin.

Hattmannsdorfer: "Mit der Afrikastrategie bauen wir Brücken für heimische Betriebe"

Wolfgang Hattmannsdorfer, Bundesminister für Wirtschaft, Energie und Tourismus, ging in seinen Ausführungen insbesondere auf die Stärkung der heimischen Exportwirtschaft und die wirtschaftlichen Kooperationen Österreichs mit afrikanischen Ländern ein. "Jobs und Wachstum gibt es nur mit internationaler Ausrichtung, denn Österreich ist ein Exportmeister und verdient 6 von 10 Euro im Export. Darum brauchen wir neue Horizonte, und Afrika ist ein solcher", betonte Hattmannsdorfer. Afrika sei nach Asien die am zweitschnellsten wachsende Region der Welt, mit einer jungen Bevölkerung und unverzichtbaren Rohstoffen. "Mit der Afrikastrategie bauen wir Brücken für heimische Betriebe und schaffen Wertschöpfung auf beiden Seiten."

Rohstoffe und Resilienz der Lieferketten – erneuerbare Energie und Wasserstoff

Afrika sei ein Zukunftsmarkt für die heimische Exportwirtschaft, nicht nur aufgrund der hohen Wachstumsraten und Dynamik in der Region, sondern auch, "weil wir hier eine enorme Quelle an Rohstoffen und Energie vorfinden, bis hin zu Seltenen Erden". Daher sei Afrika für österreichische Unternehmen "nicht nur eine Option, sondern eine wirtschaftspolitische Notwendigkeit". Chancen für heimische Betriebe sieht der Wirtschaftsminister in zahlreichen Bereichen, wie "Infrastruktur und Bauwirtschaft, erneuerbaren Energien, Umwelt, Wassertechnologien, Kreislaufwirtschaft, Gesundheitswesen und Pharma sowie alles im Bereich digitale Lösungen bis hin zu Smart Cities".

Ein wichtiger Fokus der Afrikastrategie werde auf dem Bereich der Rohstoffe und der Resilienz der Lieferketten liegen. Hier bestünden "enorme Chancen für unsere Technologien, auf Wertschöpfung in Österreich und in Europa". Beim Thema erneuerbare Energie und Wasserstoff sei vor allem eine Allianz mit nordafrikanischen Staaten wie Algerien und Tunesien wichtig. Bei der Gasversorgung seien Libyen und Algerien wichtige Partner. "Zusammengefasst ist für die österreichische Wirtschaft, auch für die Versorgungssicherheit und Stabilität was Energie betrifft, eine aktive Partnerschaft mit Afrika von zentralem Interesse", so Hattmannsdorfer.

Schmidt: Afrika ist ein Kontinent voller Vielfalt, Potenzial und Chancen

Staatssekretärin Michaela Schmidt erklärte, warum sich die Bundesregierung dem Thema Afrika widme: "Afrika wird eine relevante und zentrale Rolle in der Zukunft spielen. Bis zum Jahr 2050 wird rund ein Viertel der gesamten Weltbevölkerung in Afrika leben. Diese Dynamik bringt enorme Chancen mit sich." Afrika sei ein Kontinent voller Vielfalt, Potenzial, junger Menschen und Aufbruchsstimmung, gleichzeitig natürlich auch ein Kontinent mit Konflikten, mit Herausforderungen wie Armut und Hunger und natürlich mit dramatischen Folgen des Klimawandels.

"Gerade deshalb ist ein prosperierendes Afrika, ein Afrika, in dem auch Frieden herrscht, das sich dynamisch und nachhaltig entwickelt, im Interesse Österreichs, der EU und eigentlich der gesamten internationalen Gemeinschaft. Die Strategie ist klar: Wir wollen eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe zum beiderseitigen Nutzen, denn dies bietet für unsere Unternehmen enorme Exportchancen. Gleichzeitig profitieren auch die Menschen in Afrika von unserem Know-how, unseren Technologien und Standards. Es geht um Investitionen, die Arbeitsplätze und Wohlstand schaffen, nicht nur in Afrika, sondern auch in Österreich", so Schmidt.

Afrika sei nicht nur ein Markt, "unser Ansatz ist werte- und menschenrechtsbasiert". Man wolle die Beziehungen auf allen Ebenen gemeinsam weiterentwickeln – nachhaltig, fair und natürlich mit Respekt vor kulturellen und sozialen Besonderheiten. Es gehe auch um die Intensivierung der bilateralen Beziehungen Österreichs zu den Staaten Afrikas. "Da wird es einen engen Austausch mit der Afrikanischen Union geben, aber natürlich auch mit regionalen Organisationen, internationalen Partnern und der Zivilgesellschaft." Besonders wichtig sei auch, "dass wir in den Bereichen Bildung und Wissenschaft Kooperationen schaffen wollen", denn Bildung sei der Schlüssel zu einer nachhaltigen Entwicklung. Auch der kulturelle und intellektuelle Austausch solle vertieft werden. Zudem gehe es bei der Afrikastrategie um das Thema der Sicherheit. Österreich werde sich weiterhin an den Friedensmissionen der Vereinten Nationen sowie an der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU beteiligen. "Ich glaube, es ist sehr klar, dass Stabilität in Afrika auch mehr Sicherheit in Europa bedeutet", so Schmidt.

Bilder vom Pressefoyer sind über das Fotoservice des Bundeskanzleramts kostenfrei abrufbar.