Regierungsklausur im Zeichen der Bekämpfung der Inflation und der Ankurbelung der Wirtschaft
Pressekonferenz nach Abschluss des ersten Tages
"Unsere Regierungsklausur setzt sich heute und morgen mit 2 ganz zentralen Fragestellungen auseinander: Wie können wir gemeinsam den Aufschwung schaffen? Und wie können wir gemeinsam die Teuerung in den Griff bekommen? Oberstes Ziel dieser Bundesregierung ist es, Arbeitsplätze zu sichern und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Republik zu stärken, weil das die Grundlage für unseren Wohlstand und die Aufrechterhaltung unseres Sozialstaates ist", hielt Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer bei der Pressekonferenz am ersten Tag der Regierungsklausur fest, die er gemeinsam mit Finanzminister Markus Marterbauer und Staatssekretär Josef Schellhorn abhielt.
Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer: Maßnahmenpaket der Regierung setzt klares Signal
Die Lage sei mehr als herausfordernd: sei es die hohe Inflation, das verhaltene Wachstum, der begrenzte Budgetspielraum oder die geopolitischen Unsicherheiten. "Der Aufschwung ist kein Sprint, der Aufschwung ist ein Marathon. Und diese Bundesregierung ist bereit, beide Herausforderungen auch konsequent anzugehen", so der Wirtschaftsminister. Mit dem Maßnahmenpaket der Bundesregierung setze man ein ganz klares und unmissverständliches Signal, Investitionen in Österreich stärken, Entbürokratisierung und die Beschleunigung von Verfahren vorantreiben und geleistete Arbeitsstunden erhöhen zu wollen. "Darüber hinaus gibt es das ganz klare Bekenntnis zu einem 'Kosten-runter-Paket' für die Menschen, insbesondere was die Preise im Bereich der Lebensmittel, der Energie, der Mieten oder auch Gebühren, die der Staat vorschreibt, betrifft", bekräftigte Hattmannsdorfer.
Sofortpaket: Investitionsfreibetrag wird temporär verdoppelt
Um die Inflation und die damit einhergehende extreme Zurückhaltung der heimischen Wirtschaft, was Investitionen betrifft, zu bekämpfen, habe die Regierung heute ein Sofortpaket beschlossen, mit dem der Investitionsfreibetrag zeitlich befristet bis zum Ende des Jahres 2026 verdoppelt wird. "Da geht es um abnutzbare Wirtschaftsgüter, vor allem um Maschinen, da geht es um Wertschöpfungen im Inland, weil wir einfach merken, dass viele Unternehmen zurückhaltend sind mit der Entscheidung, ob sie investieren oder nicht. Das ist ein eindeutiger Anreiz, Investitionen vorzuziehen", so der Wirtschaftsminister.
Die zweite zentrale Maßnahme sei, den Industriestrombonus in die Umsetzung zu bekommen, um jene Industriebetriebe, die einen Verbrauch von über einer Gigawattstunde hätten, gezielt zu unterstützen. Dafür würden für die Jahre 2025 und 2026 in Summe 150 Millionen Euro aufgewendet. Anders als 2022 gebe es klare Vorgaben für die Förderung: diese müsse zu 80 Prozent reinvestiert werden, davon 50 Prozent in Energieeffizienzmaßnahmen.
Vergaberecht reformieren, Standortfonds schaffen
"Die dritte Maßnahme für den Wirtschaftsstandort ist, dass wir das Vergaberecht Rot-Weiß-Rot machen: dass wir die sogenannte Schwellenwertverordnung ins Dauerrecht heben und so die Möglichkeit schaffen, abseits der Abschreibevorgaben auch Direktaufträge heimisch vergeben zu können. Das ist vor allem in der regionalen Wirtschaft ein Boost für Investitionen", so Hattmannsdorfer. Weiters werde ein Standortfonds geschaffen, der sich einerseits mit der Unterstützung von Start-ups befassen werde, um den Abfluss von jährlich europaweit rund 330 Milliarden Euro zu vermeiden, weil keine entsprechenden Venture-Capital-Rahmenbedingungen vorhanden seien. Andererseits werde man einen staatlichen Infrastrukturfonds einrichten, durch den privates Kapital mobilisiert werden soll. "Das heißt, dass wir den Staat aufgrund seiner Bonität nutzen, was Haftungsübernahmen und Garantien betrifft, um vor allem im Bereich der Energieinfrastruktur die ganz großen Erfordernisse im Netzausbau stemmen zu können", führte der Wirtschaftsminister weiter aus.
Verfahrensbeschleunigungen
Ein weiterer Maßnahmenbereich betreffe die Verfahrensbeschleunigung: Bis Ende der Woche werde das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz in die Begutachtung geschickt und damit im Bereich der Beschleunigung von Verfahren 2 Paradigmenwechsel vollzogen: "Die Einführung eines One-Stop-Shop-Prinzips ist schon ein Paradigmenwechsel bei der Beschleunigung der Verfahren. Und wir führen ganz klar ein, dass der Erneuerbaren-Ausbau öffentliches Interesse und damit auch in den Verfahren das höhere Gut ist", so der Wirtschaftsminister. Damit würde die Verfahrensdauer, was die erneuerbaren Projekte betrifft, um die Hälfte reduziert werden können und einen wesentlichen Beitrag zur Reduktion der Energiekosten leisten.
Finanzminister Marterbauer: Ängste nehmen und Planungssicherheit geben
Im Rahmen seiner Ausführungen beim Pressebriefing wies Finanzminister Markus Marterbauer darauf hin, dass man im Zuge der Konjunkturprognosen Rahmenbedingungen schaffe und konkrete, gezielte Maßnahmen setze. "Wenn international wegen der Unsicherheit wenig investiert wird, merken das unsere Betriebe. Zudem haben wir kein Geld für umfangreiche Konjunkturimpulse. Was wir tun können, ist bei unterschiedlichen Ausgangspositionen für Verlässlichkeit und Kompromisse zu sorgen", erläuterte der Finanzminister. Man wolle den Menschen die Ängste nehmen, Sicherheit geben und den Unternehmen Planungssicherheit bieten.
"Wir stärken jetzt insbesondere auch die Qualifizierung am Arbeitsmarkt, jetzt, da es bei hochproduktiven Firmen den Bedarf an Fachkräften gibt. Wir wollen, dass hier im Dienste der Menschen und Unternehmen offene Stellen rasch besetzt werden. In gewissen Bereichen sehen wir eine gewisse Belebung, die sich hoffentlich in den nächsten Monaten noch verstärken wird", ergänzte Marterbauer. Man sehe erste Branchen mit einem leichten Rückgang der Arbeitslosigkeit.
Staatenallianz bei Preissteigerungen
Im Bereich der Preissteigerungen, die ähnlich wie ein Zoll für kleine Länder wirkt, wolle man eine Allianz der kleinen EU-Mitgliedstaaten anstreben. Die Europäische Kommission werde dabei Unterstützung leisten. Lösungen solle es auch durch Gespräche mit dem Lebensmitteleinzelhandel geben, um dort die Preiserhöhungen hintanzuhalten. "Wir haben vereinbart, dass es bis Jahresende eine gesetzliche Grundlage gibt, die für mehr Transparenz bei der Shrinkflation sorgen soll", so der Finanzminister. Bei den Verpackungsgrößen soll es noch heuer gesetzliche Vorgaben geben. "Wir wollen insbesondere auch die Stellung der Bundeswettbewerbsbehörde stärken, weil wir glauben, dass im Bereich der Lebensmittelpreise der Wettbewerb intensiviert werden muss", hielt Marterbauer fest, der zudem auf weitere Maßnahmen bei nichtregulierten Mieten und bei den Energiepreisen hinwies. "Für das Gelingen der Transformation sind niedrige Strompreise zentral – dadurch stärken wir den Industriestandort."
Derzeit liege man budgetär auf einem guten Kurs, insbesondere beim Bund. Man habe eine stärkere Einnahmenentwicklung, aber auch ein Ausgabenwachstum. Entscheidend für das zweite Halbjahr werde der Vollzug der Sanierungsmaßnahmen sein. "Es sind keine Mehrausgaben über das hinaus, was im Doppelbudget verankert ist, möglich. Der Vollzug des Budgets erfordert sehr viel Arbeit, auch von den Kolleginnen und Kollegen innerhalb der Bundesregierung", betonte Marterbauer abschließend.
Staatssekretär Schellhorn: Gesetze entrümpeln und entschlacken
Staatssekretär Josef Schellhorn stellte den Vertrauensfaktor beim Thema Investitionsbereitschaft in den Mittelpunkt: "Unternehmertum, Wachstum, Investitionsbereitschaft sind ein Thema von 50 Prozent Rechenstift und 50 Prozent Psychologie." Der Staat müsse dabei mit gutem Beispiel vorangehen und dürfe "die Teuerung nicht treiben". Neben dem Investitionsfreibetrag brauche es spürbare Entlastungen für Klein- und Mittelbetriebe: "Die einzige Entlastungsmöglichkeit neben Investitionsanschüben ist Entbürokratisierung." Der Staat müsse hier die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Investitionen und für die Klein- und Mittelbetriebe schaffen, erläuterte Schellhorn. Deshalb plane die Regierung: "im Herbst auch Gesetze zu entrümpeln und zu entschlacken". Gerade die mittelbaren Behörden, die Bezirkshauptleute, bräuchten klare Verhältnisse, um gut arbeiten zu können.
"Once-Only-Prinzip", digitaler Akt und die Reduktion der Berichtspflichten
Schellhorn kündigte auch an, veraltete Vorschriften "auf den Prüfstand" zu stellen: "Wir werden die veralteten Gesetze entrümpeln" und künftige Regelungen "digitaltauglich gestalten". Geplant seien der digitale Akt in Behördenverfahren, die Reduktion unnötiger Berichtspflichten sowie das "Once-Only-Prinzip" (Daten und Nachweise müssen den Behörden nur ein einziges Mal übermittelt werden). Verfahren sollen beschleunigt werden, um Infrastruktur- und Energieprojekte rascher umzusetzen. "Im Herbst kommt ein Ministerrat, der sich alleine um Vereinfachungen, Streichungen und Einsparungen bürokratischer Natur kümmert", so Schellhorn, mit dem Ziel, Industrie- und KMU-Projekte zu erleichtern, "damit sie wieder das Licht am Ende des Tunnels sehen."
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