Ministerin Plakolm: Gesetzesentwurf zum Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren geht in Begutachtung
Pressefoyer nach dem Ministerrat
Die Bundesregierung schickt ein neues Gesetz für ein Kopftuchverbot für alle Mädchen unter 14 Jahren in Begutachtung. Im Gesetzestext sind strenge Regeln und harte Sanktionen für Integrationsverweigerer in Schulen enthalten.
"Das Kinderkopftuch schränkt die Sichtbarkeit und die Freiheit von Mädchen ein – dabei bleibe ich. Damit ist das Kinderkopftuch für mich ganz klar ein Zeichen der Unterdrückung. Denn wenn wir uns anschauen, wo in der Welt überall Frauen verschleiert werden, dann ist es überall dort, wo der radikale Islam im Vormarsch ist und Frauenrechte mit Füßen getreten werden. Genau aus diesem Grund haben wir uns im Regierungsprogramm darauf geeinigt, ein Kopftuchverbot für Kinder umzusetzen", sagte Claudia Plakolm, Bundesministerin für Europa, Integration und Familie, beim Pressefoyer nach dem Ministerrat, das sie gemeinsam mit den Klubobleuten Philip Kucher und Yannick Shetty absolvierte.
"Es geht um die gleichen Chancen für alle Mädchen in Österreich"
In 6 Wochen werden dann die bis dahin eingelangten Stellungnahmen eingearbeitet. Das Kopftuchverbot für Kinder soll mit Beginn des zweiten Semesters in Kraft treten. "Es geht uns um den Schutz von Kindern und um die gleichen Chancen für alle Mädchen in Österreich. Ein 8-jähriges Mädchen gehört nicht hinter einem Stück Stoff versteckt. Ein Kind soll spielen, es soll klettern, es soll träumen, es soll sich bewegen, es soll lernen. Aber es soll nicht sexualisiert und schon gar nicht religiös verschleiert werden, wenn es zu viel Haut oder Haar zeigt. Wir wollen, dass Mädchen in unserem Land frei, sichtbar und selbstbestimmt aufwachsen können", betonte Plakolm.
Es habe bereits einmal einen Anlauf gegeben, ein Kinderkopftuchverbot umzusetzen. In den vergangenen Wochen und Monaten sei deshalb sehr intensiv daran gearbeitet worden, gemeinsam mit Expertinnen und Experten die rechtlichen Möglichkeiten auszustecken, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für ein solches Gesetz darzustellen und auch die Erfahrungen von Expertinnen und Experten in diesem Bereich einzuholen, sagte die Ministerin, die auch darüber informierte, dass man sich bei einem Austausch in Frankreich, wo ein solches Verbot bereits gelte, Erfahrungswerte dazu geholt habe.
"Wir haben auch auf Verfassungsjuristinnen und Verfassungsjuristen gehört, wenn es um die Erstellung der Gesetzestexte gegangen ist. Wir haben uns mit Expertinnen und Experten aus der Kinder- und Jugendhilfe, mit Pädagoginnen und Pädagogen ausgetauscht, genauso auch mit Islamexperten." Das Ergebnis dazu schicke die Bundesregierung nun in Begutachtung.
Verbot gilt an öffentlichen wie an privaten Schulen – Schule als Ort der Gleichberechtigung
"Mit der heute beschlossenen Regierungsvorlage verbieten wir das Tragen eines islamischen Kopftuches für Schülerinnen bis zur 8. Schulstufe, also bis zum 14. Lebensjahr. Mit 14 Jahren beginnt in Österreich die Mündigkeit und damit auch die Religionsmündigkeit. Dann kann jede junge Frau selbst entscheiden, ob sie ein Kopftuch tragen möchte oder eben nicht", erklärte Claudia Plakolm.
Das Verbot gelte an öffentlichen wie an privaten Schulen, "denn Schule soll insbesondere Werte wie Gleichberechtigung, die individuelle Freiheit und auch die soziale Integration vermitteln".
Eltern hätten das Recht, über die Erziehung ihrer Kinder zu bestimmen, aber das habe auch Grenzen: nämlich genau dann, wenn das Kindeswohl, insbesondere das Wohl des Mädchens gefährdet werde, so die Jugendministerin. "Besonders junge Mädchen aus patriarchal geprägten und muslimischen Familien sind hier in der Zwickmühle zwischen dem Recht auf freie Persönlichkeitsentfaltung und auf der anderen Seite, den Erwartungen ihrer Familie, den Erwartungen von Verwandten und auch von Gleichaltrigen, von muslimischen Klassenkollegen." Religion, Kultur, Tradition und familiäre Normen würden hier eine sehr prägende Rolle spielen.
Bei Missachtung Verwaltungsstrafen bis 1.000 Euro möglich
Das Kopftuch bei Mädchen werde als sichtbares Zeichen von Geschlechterungleichheit und auch von sozialer Kontrolle benutzt. "Deshalb verbieten wir das Kinderkopftuch. Wenn sich Eltern nicht daranhalten, gibt es Konsequenzen, wie es beispielsweise auch Konsequenzen gibt, wenn die Schulpflicht verletzt wird", so Plakolm. In einem ersten Schritt werde die Direktion Gespräche mit den betroffenen Mädchen führen und die Eltern schriftlich verständigen. In weiterer Folge werde die Bildungsdirektion eingeschaltet, dann auch die Kinder- und Jugendhilfe verständigt. Wenn dies zu keinem Erfolg führe, werden Verwaltungsstrafen in der Höhe von 150 bis 1.000 Euro verhängt. Im Extremfall sei eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Wochen vorgesehen.
"Wichtig ist, dass das Kinderkopftuchverbot nicht als Einzelmaßnahme umgesetzt wird", sagte die Ministerin, die weiter betonte: "Wir haben aus vielen Gesprächen heraus ein umfassendes Maßnahmenpaket mit Begleitmaßnahmen erarbeitet und mit auf den Weg gebracht. Zum einen Elterngespräche, die das Kindeswohl ins Zentrum stellen, weiters die Stärkung der Mädchen selbst, damit sie mutig und selbstbestimmt ihren Weg gehen können und auch die Förderung von Burschenarbeit, um Gruppendruck abzubauen und auch klare Regeln gegenüber Sittenwächtern zu schaffen, die Mädchen kontrollieren wollen."
Kopftuchverbot an Schulen verbessert die Bildungschancen von Mädchen
Damit werde das Kinderkopftuchverbot in einem breiten Rahmen an Kinderschutz- und Integrationsmaßnahmen eingebettet. Die Kritik des Verfassungsgerichtshofes habe man ernst genommen: "Das neue Gesetz ist begrenzt. Es ist sachlich gerechtfertigt und es ist auch verhältnismäßig. Ein Blick nach Frankreich zeigt, dass ein Kopftuchverbot an Schulen die Bildungschancen von Mädchen verbessert. Sie erreichen deutlich häufiger einen Schulabschluss, ohne dass durch das Verbot vermehrt muslimische Mädchen der Schule fernbleiben. Das Verbot des Kopftuches stärkt also die Integration. Das sehen wir anhand dieser Studie", so Plakolm.
"Das Kinderkopftuchverbot ist Symbolpolitik. Es ist ein Symbol dafür, dass Mädchen bei uns in Österreich die gleichen Chancen unserer freien, westlichen Gesellschaft haben, dass sie alle Entwicklungsmöglichkeiten haben und ihnen hier alle Türen gleichberechtigt mit den Burschen offenstehen. Ich will ein Gesetz, das schützt und ein Gesetz, das hält. Mit 14 Jahren ist dann jedes Mädchen frei und reif zu entscheiden, ob es sich verschleiern möchte oder ohne Kopftuch bleibt. Davor ist es unsere Aufgabe als Staat und meine Aufgabe als Jugendministerin, Kinder in ihrer Entwicklung zu schützen und ihnen ein freies und selbstbestimmtes Leben zu geben", betonte Ministerin Plakolm abschließend.
Kucher: Schulen sollen ein Ort des ungestörten Lernens und Entfaltens sein
Klubobmann Philip Kucher erinnerte daran, dass Österreich ein freies Land sei, in dem alle Kinder alle Chancen haben sollen. Besonders die Schulen sollen ein Ort des ungestörten Lernens und Entfaltens sein, an dem sich kleine Mädchen möglichst frei von Zwängen und Pflichten entwickeln können. Die einzige Pflicht, die in der Schule gelten solle, sei die Schulpflicht, so Kucher. Die Regierung sei sich dessen bewusst, dass es sich um ein verfassungsrechtlich sensibles Thema handle, weil es um den Eingriff in Persönlichkeitsrechte, um Religionsfreiheit und um das Recht auf Selbstbestimmung gehe. Vordergründig solle es aber um die Stärkung junger Mädchen gehen, so Kucher.
Shetty: Kopftuchverbot für unter 14-Jährige unterstützt Gleichbehandlung aller Schülerinnen
Klubobmann und Integrationssprecher Yannick Shetty erinnerte daran, dass frühzeitige geschlechtsspezifische Zuschreibungen die individuelle Entwicklung, Integration und Selbstbestimmung junger Mädchen in einer für die Entwicklung des Selbstwert- und Körpergefühls entscheidenden Lebensphase erheblich einschränken können. Ein Kopftuchverbot für unter 14-Jährige unterstütze daher die Gleichbehandlung aller Schülerinnen unabhängig von ihrer äußeren Erscheinung. Es trage dazu bei, dass alle Schülerinnen den gleichen Schutz und die gleiche persönliche Integrität erfahren – unabhängig von ihrer Kleidung. Geschlechtsspezifische Rollenzuschreibungen und damit verbundene soziale Bewertungen sollen damit verhindert werden. Damit entstehe ein schulisches Umfeld, in dem sich alle Mädchen frei und selbstbestimmt entfalten können, so Shetty.
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