Staatssekretär Pröll: Regierung legt Grundstein für umfassende Justizreform

Ministerrat beschließt Einrichtung einer unabhängigen und weisungsfreien Bundesstaatsanwaltschaft

"Wir haben uns als Bundesregierung das Motto gesetzt: sanieren, reformieren und wachsen. Was wir heute präsentieren, ist der Anstoß für eine weitere große Reform: die geplante Einführung der Bundesstaatsanwaltschaft", sagte Staatssekretär Alexander Pröll beim Pressefoyer nach dem Ministerrat im Parlament. Gemeinsam mit Justizministerin Anna Sporrer und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger erläuterte der Staatssekretär die Eckpfeiler der Justizreform, die darauf abzielt, die Rechtsstaatlichkeit in Österreich weiter zu stärken.

Pröll: Einführung einer Bundesstaatsanwaltschaft ist integraler Bestandteil eines großen Reformprozesses

"Unsere Demokratie lebt vom Vertrauen in unsere Institutionen, in den Rechtsstaat und dem Vertrauen in eine funktionierende, unbeeinflusste Strafverfolgung", so Pröll weiter. Über das bisherige System der Strafverfolgung sei über viele Jahrzehnte diskutiert worden, insbesondere die Fragen der Unabhängigkeit, Transparenz und Effizienz. International gebe es unterschiedliche Modelle der Weisungsspitze in Strafverfahren. "Das bisherige österreichische System weist dabei höchste Schutzmechanismen auf", betonte der für Digitalisierung, Verfassung, öffentlichen Dienst, Koordinierung und Kampf gegen Antisemitismus zuständige Staatssekretär. Rund 20 Jahre nach der letzten großen Reform der Strafprozessordnung sei die Einführung einer Bundesstaatsanwaltschaft ein legitimes, gemeinsames Ziel, das als integraler Bestandteil eines großen Reformprozesses im Regierungsprogramm verankert sei.

Transparenz, Nachvollziehbarkeit und effiziente Strafverfolgung sicherstellen

"Unsere gemeinsamen politischen Ziele für die Reform sind klar: Wir wollen die Rechtsstaatlichkeit weiter stärken und damit das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat fördern. Wir wollen mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit durch eine effektive parlamentarische Kontrolle schaffen. Und wir wollen sicherstellen, dass es in Zukunft keinen Staat im Staat gibt, sondern dass eine funktionierende und effiziente Strafverfolgung sichergestellt wird", erläuterte Staatssekretär Pröll. Gleichzeitig sei es wichtig, auch die Rechte von Beschuldigten weiter auszubauen: "Das ist für einen modernen Rechtsstaat unerlässlich." Das neue System der Strafverfolgung müsse "besser und effizienter sein als das bisherige".

Dies sei der Beginn einer umfassenden Justizreform, so Pröll. Die Änderungen des bisherigen Systems sollen "in ausgewogener Art und Weise" und unter intensiver Einbindung des Parlaments vorgenommen werden. Zentral sei dabei auch der Austausch mit Expertinnen und Experten. Die Regierung werde im Zuge der Reformvorhaben "sensibel und behutsam vorgehen", so der Staatssekretär, der abschließend betonte: "Wir gehen diesen Weg mit Überzeugung, mit Verantwortung und mit Offenheit für den Dialog. Eine unabhängige und rechtsstaatliche Strafverfolgung ist ein Grundpfeiler jeder funktionierenden Demokratie. Die Reform ist ein Meilenstein für den Rechtsstaat und ein starkes Signal an alle Bürgerinnen und Bürger."

Sporrer: Bundesstaatsanwaltschaft mit unabhängiger Weisungsspitze – "Höchstes Niveau rechtsstaatlicher Anforderungen"

Justizministerin Anna Sporrer zeigte sich erfreut über den beschlossenen Ministerratsvortrag, der den Grundstein für eine unabhängige Weisungsspitze an der Spitze der Staatsanwaltschaften lege und damit auch europäisch auf dem höchsten Niveau rechtsstaatliche Anforderungen stehe. "Wir beseitigen damit die mögliche Verquickung von Justiz und Politik, die sich in den letzten Jahren mitunter als problematisch erwiesen hat, und stärken den Rechtsstaat. Es wird klargestellt, dass nicht einmal eine theoretische Möglichkeit besteht oder der Anschein erweckt werden kann, dass es sich jemand richten kann", so Sporrer. Der Ministerratsvortrag enthalte die wesentlichen Eckpunkte, nun werde mit den konkreten legistischen Ausarbeitungen begonnen. In einem engen Austausch mit dem Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes und den legistischen Abteilungen des Justizministeriums sollen die entsprechenden Bestimmungen ausgearbeitet und nach einem breiten Konsultations- und Begutachtungsprozess dem Parlament vorgelegt werden.

Auswahlkommission bestehend aus Fachleuten

Als wesentliche Eckpunkte nannte die Justizministerin die unabhängige und weisungsfreie Spitze der Bundesstaatsanwaltschaft, welche die Justizministerin bzw. den Justizminister als oberste Fachaufsicht der Staatsanwaltschaften ablösen soll. Vorgesehen sei eine kollegiale, also gleichberechtigte Dreierspitze. "Der Bestellvorgang für diese neuen Generalanwältinnen und Generalanwälte soll durch eine Auswahlkommission stattfinden, die mit Fachleuten besetzt ist. Der Nationalrat soll auf Vorschlag dieser Kommission die Persönlichkeiten auswählen, die hier in Hinkunft tätig sein werden. Die Funktionsdauer beträgt 6 Jahre, eine Wiederwahl soll nicht zulässig sein, um eine mögliche Einflussnahme auch in dieser Hinsicht hintanzuhalten. Die Ernennung erfolgt wie stets bei solchen Funktionen durch den Bundespräsidenten", führte die Justizministerin aus.

Meinl-Reisinger: Vertrauen in die Justiz als Säule in liberalen Demokratien

Außenministerin Beate Meinl-Reisinger sprach von einem Tag der großen Freude und betonte, dass man mit der heutigen Einigung einen Meilenstein in der Rechtsstaatlichkeit schaffe. "Umfragen und der Demokratiemonitor zeigen, dass die Frage des Vertrauens in die demokratischen Institutionen und in die Unabhängigkeit der Justiz eine ganz wesentliche Säule in liberalen Demokratien ist", so Meinl-Reisinger. Diskussionen und Korruptionsfälle der vergangenen Jahre hätten gezeigt, wie wichtig dieses Vertrauen sei. "Die Bundesstaatsanwaltschaft wirkt sich ganz konkret auf das Verhältnis zwischen Bürgerinnen und Bürgern auf der einen Seite und dem Staat auf der anderen Seite aus. Wir stärken jetzt die Unabhängigkeit der Justiz und damit auch die Demokratie", betonte die Außenministerin beim Pressefoyer.

Die Strafrechtspflege sei eine besonders wichtige, verantwortungsvolle und heikle Aufgabe des Staates. "Wir kommen jetzt wirklich unserer staatspolitischen Verantwortung nach, diese Regelung auf den Weg zu bringen. Es ist wichtig, dass die Ernennung durch den Bundespräsidenten für die Dauer von 6 Jahren erfolgt", so Beate Meinl-Reisinger. Vorgeschlagen werde die Spitze von einer unabhängigen Kommission aus anerkannten Persönlichkeiten aus Justiz, Wissenschaft oder Verwaltung, bevor dann die Wahl durch das Parlament stattfinde. "So sichern wir auf der einen Seite fachliche Expertise und auf der anderen Seite politische Unabhängigkeit. Das Abstimmungsverhalten ist immer transparent, damit auch die Verantwortlichkeit garantiert ist", betonte die Außenministerin. Die nächsten Wochen würden der konkreten Ausgestaltung der Bestimmungen und dem Dialog mit Fachexpertinnen und -experten sowie der breiten Öffentlichkeit dienen, "damit wir diesen wesentlichen Reformschritt rasch über die Bühne bringen können".

Bilder vom Pressefoyer nach dem Ministerrat sind über das Fotoservice des Bundeskanzleramts kostenfrei abrufbar.