Bundeskanzler Stocker: Österreich und Frankreich arbeiten Seite an Seite für ein starkes und souveränes Europa
Arbeitsmittagessen mit Staatspräsident Macron im Élysée – Wettbewerbsfähigkeit, mehrjähriger Finanzrahmen, Verteidigung, Ukraine und Nahost auf der Agenda
Bundeskanzler Christian Stocker ist am Freitag in Paris vom französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron im Élysée-Palast zu einem Arbeitsgespräch empfangen worden. Im Mittelpunkt des Gesprächs standen zentrale europapolitische und internationale Themen sowie auch der Vorschlag der EU-Kommission für die nächste EU-Finanzplanung von 2028 bis 2034. Darüber hinaus wurden auch die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit sowie die Bereiche Sicherheit und Verteidigung diskutiert. Auch der weiterhin tobende russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die aktuelle Lage im Nahen Osten wurden erörtert.
Bundeskanzler Stocker erklärte: "In den letzten drei Wochen habe ich mit Friedrich Merz, Giorgia Meloni und nun mit Emmanuel Macron die drei wichtigsten EU-Regierungschefs besucht und intensive Gespräche mit ihnen geführt, um für die Interessen Österreichs einzutreten. Wir werden den regelmäßigen Austausch fortsetzen. Ich freue mich sehr, heute in Paris sein zu können. Frankreich ist auf vielen Ebenen ein enger und sehr wichtiger Partner für Österreich: bilateral, innerhalb der EU und auch im Rahmen von internationalen Organisationen. Wir haben ähnliche Prioritäten in wichtigen Bereichen wie Wettbewerbsfähigkeit, Multilateralismus und internationalen Kooperationen, zuletzt auch wieder bei dem uns so wichtigen Thema der EU-Erweiterung."
Frankreich wichtige Exportnation für Österreich
Auch im Wirtschaftsbereich arbeite man eng zusammen: Frankreich sei im Jahr 2024 Österreichs achtgrößter Handelspartner weltweit gewesen. Für Österreich als Exportnation sei Frankreich mit 6,9 Milliarden Euro für österreichische Waren eine enorm wichtige Exportdestination.
Die Wettbewerbsfähigkeit sei, neben dem Kampf gegen Migration, eines der wichtigsten Themen des heutigen Gesprächs mit Präsident Macron gewesen. "Es ist gut, dass die Europäische Kommission mittlerweile einen klaren Fokus auf Vereinfachungen für Unternehmen legt. Viel zu lange haben wir die Innovation nach Amerika ausgelagert und die Produktion nach Asien – in Europa haben wir nur die Regulatorien behalten. Das geht sich langfristig nicht aus. Unsere wirtschaftliche Stärke ist das Fundament für alles andere. Ohne sie wird es weder einen wirkungsvollen Kampf gegen den Klimawandel, noch ein starkes Europa in einer turbulenten Welt geben", so der Bundeskanzler.
Mehrjähriger Finanzrahmen: Nicht mehr, sondern besser ausgeben
Zum Mehrjährigen Finanzrahmen sagte Stocker: "Europa steht vor historischen Herausforderungen, für die es gemeinsame Antworten braucht. Wir müssen unsere Wettbewerbsfähigkeit steigern, unsere Anstrengungen im Kampf gegen die illegale Migration weiter intensivieren und geopolitisch handlungsfähig bleiben." Dafür brauche es einen schlagkräftigen und effizienten EU-Haushalt. Der derzeitige Vorschlag der Kommission sei auf den ersten Blick noch recht weit entfernt von einer akzeptablen Lösung. Man müsse sparen. "Und wenn alle sparen müssen, dann muss das auch für die Kommission und die Union gelten. Man kann nicht alles mit mehr Geld lösen."
Gleichzeitig bedeute das jedoch nicht "weniger Europa". Es bedeute, dass man zielgerichteter mit jedem Euro umgehen müsse. Vor dem Hintergrund der EU-Fiskalregeln und den Sanierungsanstrengungen zahlreicher EU-Mitgliedstaaten setze sich Österreich weiterhin für einen angemessenen und fairen Beitragsschlüssel ein. "Wir sind als Nettozahler weiterhin bereit, unseren Beitrag zur Weiterentwicklung Europas zu leisten, aber Solidarität und Fairness sind keine Einbahnstraße."
Man werde im Rahmen der Verhandlungen auf jene Programme achten, die für Österreich besonders wichtig seien, dazu gehören u. a. Bildung und Forschung (Erasmus+ und Horizon), die Wettbewerbsfähigkeit und die GAP – hier gehe es ganz besonders um die ländliche Entwicklung. Die vorgeschlagene Abschaffung des Zwei-Säulen-Modells sei besonders für die kleinstrukturierte Landwirtschaft in Österreich äußerst problematisch: "Ich teile die Bedenken der Landwirtschaft und werde alles daransetzen, die kleinstrukturierte Landwirtschaft in Österreich und die EU-Agrarmittel zu erhalten." Eine adäquate Mittelausstattung in diesem Bereich müsse weiterhin sichergestellt werden. Österreich werde sich in den kommenden Jahren konstruktiv, aber hart in der Sache in die Verhandlungen einbringen, so Stocker.
Europa muss mehr für eigene Sicherheit und Verteidigung tun
Angesichts der aktuellen geopolitischen Lage stehe laut Stocker außer Frage, "dass Europa in Zukunft noch mehr für seine eigene Sicherheit tun muss. Wir sehen, dass wir in Europa sicherheitspolitisch mehr auf uns selbst gestellt sind. Wir müssen uns mehr um unsere eigene Sicherheit und eine eigene Verteidigung kümmern. Das gilt für Europa, aber auch für Österreich. Deshalb haben wir im Aufbauplan vorgesehen, dass bis 2032 das Budget für das Bundesheer auf 2 Prozent des BIP angehoben wird."
Europaweit komme in Fragen der Sicherheit und Verteidigung Frankreich, nicht nur aufgrund seiner großen Verteidigungsindustrie, eine bedeutende Rolle zu. „Die beschlossenen Erhöhungen der Verteidigungsetats müssen besonders der europäischen Wirtschaft zugutekommen. Dazu braucht es gemeinsame europäische Beschaffungen und Produktion."
In Migrationsfragen an einem Strang ziehen
"Beim Thema Migration freut es mich, dass sich Frankreichs Position in den letzten Jahren immer mehr jener von Österreich angenähert hat. Gerade wenn es darum geht, wie wir mit denjenigen umgehen, die kein Recht haben, bei uns zu sein, ziehen wir mittlerweile an einem Strang. Rückführungen müssen möglich sein. Wer kein Recht hat, hier zu sein, muss auch außer Landes gebracht werden können. Ein sicheres Drittstaatenkonzept ist etwas, das wir teilen. Die Verfahren an der Außengrenze, der gemeinsame Asyl- und Migrationspakt, das alles sind gemeinsame Interessen. Da ist von Österreich viel ausgegangen. In Österreich ist es uns zuletzt gelungen, die erste erfolgreiche Abschiebung eines Straftäters nach Syrien seit 2011 durchzuführen. Das war ein wichtiger Präzedenzfall und wir werden diese Asylpolitik fortsetzen", bekräftigte der österreichische Regierungschef.
EU-Erweiterung um Westbalkan-Staaten vorantreiben
Bezüglich der EU-Erweiterung betonte Christan Stocker, dass es seit Langem ein besonderes Anliegen Österreichs sei, die Europäische Union um die Staaten des Westbalkans zu erweitern: "Die Westbalkan-Staaten sind eine Region, in der Österreich eine wichtige Vorreiterrolle einnimmt. Der Erweiterungsprozess muss anhand klarer Maßstäbe erfolgen, die für alle Beitrittskandidaten gleich sind. Es geht insbesondere darum, dass wir die Region nicht anderen Akteuren überlassen. Auch Frankreich unterstützt diesen Kurs."
Bilder aus Paris sind über das Fotoservice des Bundeskanzleramts kostenfrei abrufbar.