Nehammer bleibt bei seinem Nein zur Schengenerweiterung

Arbeitsgespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz in Salzburg

"Ich freue mich sehr, dass erstmals seit über 10 Jahren ein Bundeskanzler der Republik Deutschland wieder in offizieller Funktion in Österreich ist. Wir sind nicht nur Nachbarn, sondern auch kulturell oder in Fragen der wirtschaftlichen Beziehungen eng miteinander verwoben. Wenn wir unsere Grenzregionen anschauen, so sind das in Wahrheit keine Grenzregionen mehr, denn die Menschen haben in ihren Lebenswirklichkeiten – sei es als Wirtschaftstreibende oder bei Familiengründungen – diese Grenzen schon längst überwunden. Und so sind wir ein Stück weit zusammengewachsen", sagte Bundeskanzler Karl Nehammer im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Olaf Scholz in der Universität Mozarteum Salzburg. Der deutsche Bundeskanzler ist erstmals zu einem bilateralen Besuch nach Österreich gereist und wurde mit militärischen Ehren empfangen. Neben den bilateralen Themen wie der Energieversorgung standen der Kampf gegen die irreguläre Migration und die Grenzkontrollen innerhalb des Schengenraums im Fokus des Arbeitsgesprächs.

"Die Partnerschaft mit der Bundesrepublik Deutschland ist deshalb ganz besonders wichtig, weil wir sehr oft Verbündete in der Frage sind, wie wir europäische Politik gestalten und die EU weiterentwickeln wollen, stets mit Rücksicht darauf, dass es auch unterschiedliche Interessen geben kann. Neben den exzellenten Wirtschaftsbeziehungen ist Deutschland einer unserer wichtigsten Partner im Tourismus. Daher haben wir hier viele Anknüpfungspunkte", hielt der Kanzler fest.

Sicherheit stärken bedeutet Vertrauen der Menschen in das europäische Projekt gewinnen

Politisch-inhaltlich seien gemeinsam große Herausforderungen zu stemmen: auf der einen Seite der Angriffskrieg der Russischen Föderation auf die Ukraine mit allen Folgen, auf der anderen Seite die irreguläre Migration. Die beiden Regierungschefs seien sich darüber einig, dass man, um einen effizienten Außengrenzschutz zu haben, in der Lage sein müsse, jene die nicht bleiben dürfen, rasch in ihre Herkunftsländer zurückzubringen. Dass bedeute aber auch, dass man stabile und tragfähige Beziehungen zu den Herkunftsländern auf- und ausbauen und Perspektiven in diesen Ländern schaffen müsse, führte der Bundeskanzler aus: "Hier stehen Deutschland und Österreich auf einer Seite. Denn nur, wenn wir einen glaubhaften Außengrenzschutz und schnelle und rasche Asylverfahren haben und wenn wir in geordneter Zeit für Ordnung und Sicherheit innerhalb der Europäischen Union sorgen können, gewinnen wir das Vertrauen der Menschen in das europäische Projekt."

Auch das Thema Schengen sei erörtert worden. Der Bundeskanzler habe die österreichische Sicht dargestellt und geschildert, dass 2022 in Österreich 112.000 Asylanträge gestellt worden seien, davon seien 75 Prozent das erste Mal registriert worden, obwohl die Antragstellenden ein EU-Land durchquert hätten. "In Österreich gehen die Zahlen zurück, gleichzeitig steigen sie aber in Deutschland. Wir sind eine solidarische Gemeinschaft innerhalb der EU, daher sind uns die Zahlen nicht egal. Und solange das derzeitige Schengen-System nicht funktioniert, wie man an den Grenzkontrollen von Deutschland zu Österreich deutlich sieht, braucht es gemeinsame Anstrengungen in Europa, um den Außengrenzschutz zu stärken. Wir werden daher Deutschland zur Seite stehen, wenn es darum geht, die Maßnahmen der Kommission voranzutreiben", so Nehammer. Es gebe Schritte in die richtige Richtung, so etwa Pilotprojekte an der rumänischen und bulgarischen Grenze und ein Abkommen mit Tunesien, das aus der Sicht des Kanzlers zukunftsweisend sein werde.

Energieversorgung mit grünem Wasserstoff aus Afrika für die Zukunft sichern

Deutschland sei aber auch ein wichtiger Partner in der Frage der Energiesicherheit. Österreich habe es heuer bereits im August geschafft, die eigenen Gasspeicher zu 90 Prozent zu füllen, die Gasversorgung sicherzustellen und damit die Unabhängigkeit von Russland zu stärken, freute sich der Kanzler. Dies sei auch mit der Hilfe von Deutschland gelungen, das mitgeholfen habe, Gasalternativen aufzustellen. Man arbeite an der Konnektivität zwischen Österreich und Deutschland, um von den errichteten Flüssiggasterminals zu profitieren, die in weiterer Folge für die österreichische Versorgungssicherheit eine wichtige Rolle spielen werden.

Deutschland sei auch in Zukunft ein wichtiger Partner Österreichs, wenn es darum gehe, grünen Wasserstoff über eine Pipelineinfrastruktur nach Österreich zu bringen. So sei konkret ein Südkorridor mit Italien geplant, um grünen Wasserstoff von Afrika über Italien nach Österreich und Deutschland zu bringen. "Das sind die Themen, die uns für die Zukunft bewegen – mit dem Ziel, unabhängiger von fossiler Energie zu werden, Versorgungsicherheit für die Menschen herzustellen und weiter daran zu arbeiten, dass die gute Partnerschaft und Freundschaft zwischen unseren beiden Nationen innerhalb der Europäischen Union weiterentwickelt wird", so der Bundeskanzler abschließend.

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Bilder aus Salzburg sind über das Fotoservice des Bundeskanzleramts kostenfrei abrufbar.