Bundeskanzler Nehammer: Dialog ist Grundlage für demokratisches Handeln

Erklärung im Nationalrat anlässlich des Amtsantrittes – Präsentation der Arbeitsschwerpunkte

Karl Nehammer

"Nach der Ernennung zum Bundeskanzler war es mir wichtig, rasch den Dialog zu suchen, Gespräche zu führen. Es gab auch einen vertrauensvollen Austausch mit den Oppositionsparteien. Dialog ist eine Grundlage für demokratisches Handeln", betonte Bundeskanzler Karl Nehammer bei seiner Erklärung im Nationalrat anlässlich seines Amtsantritts. Er bedankte sich bei Bundespräsident Van der Bellen und Vizekanzler Werner Kogler für die vertrauensvollen Gespräche, die dieser Ernennung vorausgegangen seien. Ebenso richtete er Dankesworte an die ausgeschiedenen und neuen Mitglieder der Bundesregierung.

"Unser Land ist auch in der Vertretung seiner Menschen vielfältig, deshalb war es mir ein Anliegen, mit den Landeshauptleuten und Sozialpartnern sowie mit Expertinnen und Experten rasch ins Gespräch zu kommen. Ich erachte den Dialog als Schlüssel dafür, die Krise gemeinsam auch tatsächlich zu bewältigen", hielt der österreichische Regierungschef im Parlament fest.

Impfung als Schlüssel, die Freiheit zurückzubekommen

"Ich bin froh, dass es uns gelungen ist, den Lockdown für alle ab dem 12. Dezember zu beenden. Und vor allem, dass wir alle diese Öffnungsschritte mit dem Sicherheitsgurt der Vorsicht gesetzt und weiterentwickelt haben", so Nehammer. Mit den Landeshauptleuten habe die Regierung ein Mindestmaß an Schutzmaßnahmen definiert, das nicht unterschritten werden dürfe: "Dazu gehört auch, dass der Lockdown für Ungeimpfte erhalten bleibt, dass die FFP2-Maske eine zentrale Rolle spielt, dass 2G nach wie vor gilt. Wir haben ein Sicherheitsnetz angeboten, das aus starken Seilen geflochten worden ist. Die Bundesländer sind die Manager der Intensivbettkapazitäten und damit sind sie es, die die Freiheit brauchen, entsprechend zu entscheiden und nachzujustieren." Er erläuterte, dass er auch die enge Bindung zum Parlament als Bundeskanzler nicht verlieren werde: "Ich halte diesen Diskurs als einen der zentralen Elemente der parlamentarischen Demokratie."

Das Coronavirus kenne keine Partei- und Landesgrenzen, aber es kenne die Impfung als Grenze: "Sie ist der Schlüssel dafür, dass wir es gemeinsam erreichen können, die Freiheit zurückzubekommen, die uns allen so wichtig ist. Die Wissenschaft gibt uns die Möglichkeit dazu. Es ist wichtig, jene Menschen anzusprechen, die nach wie vor Angst haben, die sich unsicher fühlen in dieser Frage. Mir ist bewusst, dass sie unsicher sind und gleichzeitig gibt es die Chance für uns alle, die Freiheit gemeinsam zu erreichen. Wenn diese Menschen uns als Politiker misstrauen, dann bitte ich sie, dass sie auch Telegram- und Facebook-Gruppen misstrauen, die mit Inhalten überfüllt sind, die sogar lebensbedrohlich sein können. Ich ersuche jene Menschen, dass sie das Gespräch mit dem Arzt oder der Ärztin ihres Vertrauens suchen."

Ökosoziale Steuerreform zur Entlastung der Menschen

Als Regierung habe man weiter den Anspruch das zu tun, was für die Menschen in diesem Land wichtig sei: "Der Wirtschaftsstandort und die Entlastung ist der erste wichtige Punkt. Wir müssen die ökosoziale Steuerreform weiterentwickeln, damit die Menschen wirklich etwas davon haben. Bis zum Jahr 2025 soll es 18 Milliarden Euro an Entlastung geben, die die Menschen erreichen müssen. Das umfasst die Familien, die Menschen mit kleineren Einkommen und jene, die für Arbeitsplätze sorgen. Daraus kann der Wohlstand generiert werden, den wir uns verdienen." Der zweite große Bereich umfasse Bildung, Integration und Digitalisierung: "Es geht darum, den Familien und Kindern zu helfen, die durch Lockdowns entstandenen Defizite wettzumachen und sie auf ihrem Weg zu begleiten." Eltern seien durch die Organisation des Homeschoolings belastet gewesen. Hier soll es Hilfe durch Digitalisierung, digitale Kompetenz und den Ausgleich von Lerndefiziten geben. Wo der Migrationsdruck groß sei, seien diese Themenfelder besonders in den Mittelpunkt zu stellen.

Der dritte wesentliche Themenkomplex betreffe soziale Sicherheit und Pflege: "Es sind Maßnahmen zu setzen, damit Pflege weiter leistbar ist. Und es muss klar geregelt werden, wie wir Angehörige bestmöglich unterstützen und begleiten können." Ein weiterer wichtiger Bereich sei der Arbeitsmarkt: "Viele Herausforderungen gibt es dabei auch im Tourismus, bei der Hotellerie, bei der Gastronomie. Viele müssen aus der Kurzarbeit wieder in den Arbeitsmarkt integriert und ausgebildet werden. Es braucht ein Angebot in der Arbeitslosigkeit und Anreize, Arbeit anzunehmen und damit zum Wohlstand beizutragen", so Nehammer.

EU bietet Perspektiven durch Stabilität

Österreich habe in den letzten Jahren innerhalb der Europäischen Union an Bedeutung gewonnen: "Die europäische Dimension wird wichtiger, weil Herausforderungen auch übernational gelöst werden müssen, etwa bei Asyl und Migration. Wir leben in einer Welt der globalisierten Migration. Dazu braucht es fundierte Antworten mit einer starken EU, die Perspektiven bieten kann, indem Stabilität geschaffen wird. Betreffend Sicherheit bedarf es eines engen Netzwerks für die Entwicklung von Maßnahmen gegen die Gefährdungen des Rechtsstaates. Die EU ist für Österreich ein strategischer und zentraler Schlüssel, wenn es um die Durchsetzung unserer Interessen geht", sagte der Kanzler. Man müsse Brücken bauen, wo andere nicht weiterkommen, wie etwa beim Westbalkan, eine Region, die geostrategisch ein wichtiger Partner sei. "Und wir möchten auch klarmachen, dass die Beziehungen zu Israel weiter eine zentrale Bedeutung für diese Regierung haben. Wir möchten uns mit der Geschichte versöhnen, indem sich jüdisches Leben frei und ungefährdet weiterentwickeln kann."

Regierungserklärung von Bundeskanzler Karl Nehammer

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