Bundeskanzler Kurz in Berlin: Europas Wettbewerbsfähigkeit stärken, um Gesundheit und Arbeitsplätze zu erhalten

Treffen mit Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble und Charité-Chef Drosten sowie Rede beim "Tag der Industrie"; Videokonferenz mit Angela Merkel im Vorfeld

Bundeskanzler Sebastian Kurz ist heute anlässlich der Konferenz "Tag der Industrie", die sich unter dem Motto #ChoicingTheNew 3 Tage mit Zukunftsoptionen und deren Priorisierung auseinandersetzt, nach Berlin gereist. Er traf dabei mit hochrangigen CEOs wie Martina Merz von ThyssenKrupp oder Martin Brudermüller von BASF zusammen. Zuvor standen Treffen mit Parlamentspräsident Wolfgang Schäuble und dem Leiter der Berliner Charité, Christian Drosten, auf dem Programm.

Verbesserungen in den Bereichen Krisen-Resilienz, Digitalisierung und Gesetzesanpassungen vornehmen

"Wir haben ein sehr herausforderndes Jahr hinter uns, wir mussten viele Dinge tun, die ich nie tun wollte: Schließungen, massive Freiheitseingriffe und -einschränkungen, die auch wirtschaftlich einen massiven Schaden angerichtet haben. Und umso mehr bin ich froh, dass wir öffnen konnten. Wir haben es durch intensive Testungen aber auch durch FFP2-Masken geschafft, die dritte Welle zu stemmen", sagte Bundeskanzler Kurz in seiner Rede zum Thema "Generation Europa – Welche Strategien und Innovationen haben sich in der Krise bewährt?" und zog dabei ein vorläufiges Resümee über die Corona-Pandemie und die Zeit danach. Nun sei alles wieder geöffnet und das habe eine positive und unmittelbare Auswirkung auf die Wirtschaft. Die Prognosen würden laufend nach oben revidiert und die Arbeitslosigkeit sei auf 5 Prozent zurückgegangen.

Jetzt sei daher der richtige Moment, selbstkritisch zu überlegen, wo man besser werden könne. Es seien 3 Bereiche, in denen man in Österreich nachschärfen wolle: "Das erste Thema ist die Krisen-Resilienz. Auch wenn wir auf die erste Welle der Pandemie sehr schnell reagiert haben, müssen wir zugeben, dass wir weder in Europa noch in Österreich auf Krisen vorbereitet sind, gleich ob es Cyber-Attacken, Blackouts oder anderes ist. Wir müssen hier deutlich besser werden und das ist einer der Bereiche, wo wir stark fokussieren wollen", so der Kanzler. Die Pandemie habe weiters vor Augen geführt, dass es notwendig sei, sich im Bereich der Digitalisierung zu verbessern. "In den Schulen und in der Verwaltung haben wir einen enormen Aufholbedarf und wir werden in den nächsten Jahren hier massiv investieren." Zum Dritten dürfe man sich nicht selbst im Weg stehen: Viele Regelungen im Bereich des Datenschutzes und manche Verfassungsbestimmungen hätten in der Pandemie die Reaktionsgeschwindigkeit gehemmt. Auch hier wolle man sich die Bestimmungen nach der Krise stressfrei anschauen, so Sebastian Kurz.

Kurz fordert Debatte zu Wettbewerbsfähigkeit auf europäischer Ebene: "Wir müssen den Anspruch haben, erfolgreich zu sein"

Im Hinblick auf die Zukunft der Europäischen Union stellte der Bundeskanzler fest, dass Großbritannien, die USA und China mit enormen Wachstumszahlen viel schneller aus der Krise herauskämen. Österreich wolle sich im Herbst daher in 3 Bereichen auf europäischer Ebene einbringen: "Das Thema Wettbewerbsfähigkeit findet in den Debatten oftmals nicht statt. Die Pandemie hat gezeigt, was wichtig ist: die Gesundheit, aber auch einen Arbeitsplatz zu haben, um für die Familie und sich selbst sorgen zu können. All das gibt es ohne ein wettbewerbsfähiges Europa nicht", so Sebastian kurz. Eine große Lehre aus der Pandemie sei es daher, dass man den Anspruch haben müsse, erfolgreich zu sein und da gehöre das Thema Wettbewerbsfähigkeit zentral dazu.

Zudem sei er davon überzeugt, dass man den digitalen Binnenmarkt stärken müsse. Die Grenzschließungen und die teilweise Einschränkung der Lieferketten hätten gezeigt, wie wesentlich der Binnenmarkt sei. In Europa könnte man einen starken Binnenmarkt von 450 Millionen Menschen anbieten, wenn es gelinge, die Regelungen zu vereinheitlichen und einfacher zu gestalten. Gerade der digitale Binnenmarkt sei eine große Chance.

Das dritte Thema betreffe den Klimaschutz: "Was wir einfordern, auch in der europäischen Debatte, dass alle Ziele des Klimaschutzes immer in Einklang gebracht werden müssen mit der Wettbewerbsfähigkeit. Wir müssen technologieneutral agieren, wir müssen von anderen Teilen der Welt einfordern, dass Standards, die wir in Europa festlegen, auch eingehalten werden, weil wir ansonsten eine Wettbewerbsverzerrung schaffen. Wir müssen vor allem dafür sorgen, dass für energieintensive Branchen Lösungen gefunden werden. Alles andere kann am Ende des Tages gut gemeint sein, aber es wird im Ergebnis nicht gut sein, denn wir haben nichts davon, wenn nicht nur die Emissionen, sondern auch die Unternehmen in andere Teile der Welt abwandern", so Kurz, der sich in diesem Sinne für einen respektvollen Umgang mit der Natur bei gleichzeitiger Einhaltung von wirtschaftlichen Notwendigkeiten aussprach.

Entwicklung der Corona-Pandemie im Zentrum der Gespräche mit Schäuble und Drosten

Die Entwicklung der Pandemie und die Einschätzung der Lage im Sommer und Hebst standen bereits am Vormittag im Zentrum des Austauschs mit dem Virologen Christian Drosten. Die Kanzler zeigte sich nach dem Gespräch optimistisch: "Die wichtigste Nachricht ist: Die Impfung wirkt. Die Impfung schützt vor allen Varianten des Virus, auch vor der Delta-Variante." Zur Debatte, dass man die Fehler des Vorjahres nicht wiederholen dürfe, hielt er fest, dass diese viel zu oberflächlich geführt werde: Die Pandemie komme in Wellen und trete extrem saisonal und regional auf. Diese Frage sei daher nicht zielführend. Vielmehr müsse man auf das Sicherheitsnetz aus Testen und Impfen setzen. Die Deltavariante habe sich verbreitet, "es ist absurd, so zu tun, als ob sie verschwinden würde, und es ist ein Irrglauben zu meinen, dass wir das auslöschen können. Man darf die Menschen nicht total verunsichern", so Sebastian Kurz, der hervorhob, dass es keinen Grund zur Panik gebe, es werde aber wichtig sein, "dass sich möglichst viele zweimal impfen lassen. Zahlen aus Großbritannien zeigen, dass man mit 2 Impfungen von Biontech/Pfizer oder AstraZeneca sehr gut gegen die Delta-Variante geschützt ist".

Die Corona-Pandemie und aktuelle politische Entwicklungen waren auch zentrale Themen bei einem Arbeitsgespräch mit Bundestagspräsident Schäuble, bei dem er sich für den herzlichen Empfang und das freundschaftliche Verhältnis bedankte: "Es ist immer eine Freude, mit Ihnen erörtern zu dürfen."

Austausch mit Angela Merkel zu COVID-Pandemie und EU-Gipfel

Im Vorfeld seiner Deutschland-Reise hat Bundeskanzler Sebastian Kurz am Montag in einer Videokonferenz mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel über die erfreuliche Pandemie-Entwicklung in Europa sowie über die deutlich besser als erwartet ausfallenden Prognosen zum Wirtschaftswachstum ausgetauscht. Dies habe in beiden Ländern eine schnelle Erholung auch auf dem Arbeitsmarkt zur Folge.

Ein weiterer Schwerpunkt des Gesprächs lag auf der EU-Außenpolitik, insbesondere das Verhältnis zu Russland kam dabei zur Sprache. Merkel und Kurz waren sich darüber einig, dass das Treffen zwischen Russlands Präsident Wladimir Putin und US-Präsident Joe Biden positiv zu bewerten sei, ein Dialog zwischen der EU und Russland sei aber ebenfalls anzustreben: "Die Differenzen, die wir haben, müssen wir klar ansprechen und auch weiterhin Konsequenzen ziehen, wenn es zu Verletzungen der Menschenrechte oder internationalen Rechts kommt. Aber gerade wenn man unterschiedlicher Meinung ist, gerade in einem so angespannten Verhältnis wie jenem zwischen der Europäischen Union und Russland, braucht es auch Dialogkanäle", so der Bundeskanzler.

Bilder von diesen Terminen sind über das Fotoservice des Bundeskanzleramts kostenfrei abrufbar.