Europäische Einblicke für österreichische Gemeinderätinnen und Gemeinderäte

Informationsreise von 25 österreichischen Europa-Gemeinderätinnen und -Gemeinderäten nach Brüssel – Besuche an der Ständigen Vertretung Österreichs bei der EU sowie bei 3 europäischen Institutionen – Treffen unter anderem mit EU-Kommissar Magnus Brunner und 5 österreichischen Mitgliedern des Europäischen Parlaments 

Gruppenbild Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte
Foto: BKA/Valentin Brauneis

25 Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte, 9 Bundesländer, 1 Ziel – die europäische "Hauptstadt" Brüssel! Von 14. bis 16. Juli 2025 konnten Europa-Gemeinderätinnen und -Gemeinderäte aus ganz Österreich erneut exklusiv einen Blick hinter die Kulissen der EU-Institutionen werfen. Wofür ist der Rat der EU, wofür die Kommission beziehungsweise das Europäische Parlament zuständig? Wie könnte der mehrjährige Finanzrahmen (der "EU-Haushalt") ab 2028 aussehen? Wie möchte die EU die Bereiche Sicherheit und Verteidigung stärken? Und wie kann die Kommunikation von EU-Themen besser gelingen, vor allem auf Gemeinde-Ebene? Die vom Bundeskanzleramt organisierte Informationsreise bot mit ihrem abwechslungsreichen Programm zahlreiche Antworten, Ideen und Anregungen von Politikerinnen und Politikern, aber auch von Expertinnen und Experten.

Tag 1: Rat der EU und Ständige Vertretung Österreichs bei der EU

In Empfang genommen wurde die Gruppe der Gemeinderätinnen und Gemeinderäte – nach einer reibungslosen Anreise aus Wien – am 14. Juli 2025 von einer Österreicherin: Nicole Bayer, Direktorin für Kommunikation im Generalsekretariat des Rates der EU, führte durch das Justus-Lipsius- sowie das Europa-Gebäude. Sogar ein kurzer "Abstecher" in den Sitzungssaal, in dem üblicherweise die 27 EU-Staats- und Regierungschefinnen und -chefs tagen, und in die Räumlichkeiten des aktuellen dänischen EU-Ratsvorsitzes  war möglich.

Nicht weit entfernt von den Gebäuden des Rates befindet sich in der Avenue de Cortenbergh die Ständige Vertretung Österreichs bei der EU. Unter dem Dach der Ständigen Vertretung in Brüssel arbeiten rund 180 EU-Expertinnen und -Experten aus allen österreichischen Bundesministerien, der Verbindungsstelle der österreichischen Bundesländer sowie Vertreterinnen und Vertreter der Sozialpartner, der Industriellenvereinigung, der Oesterreichischen Nationalbank sowie des Gemeinde- und Städtebundes.

Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte in Brüssel
Foto: BKA/Valentin Bauneins

An diesem Ort – der "EU-Botschaft Österreichs", gleichzeitig der größten diplomatischen Mission Österreichs weltweit – laufen seit dem österreichischen EU-Beitritt vor 30 Jahren zahlreiche Fäden zusammen, die für die Vertretung österreichischer Interessen auf europäischer Ebene entscheidend sind: Gesetzesvorschläge der Europäischen Kommission werden analysiert und geprüft, alle Tagungen des Rates der EU sowie des Europäischen Rates vorbereitet, bei Verhandlungen mit den EU-Institutionen und anderen EU-Mitgliedstaaten "rot-weiß-rote" Interessen bestmöglich vertreten. Wie das in der Praxis funktioniert, erläuterten die an der Ständigen Vertretung tätigen Expertinnen und Experten. Ein abendlicher Empfang auf Einladung der Abteilung Bundeskanzleramt an der Ständigen Vertretung bot den Europa-Gemeinderätinnen und -Gemeinderäten Gelegenheit zur Vernetzung, unter anderem mit den Verbindungsbüros der Bundesländer in Brüssel.

Tag 2: Europäische Kommission

Gruppenbild: Magnus Brunner und die Europa-Gemeinderäte und -Gemeinderätinnen
Foto: x.com

Am 15. Juli 2025 öffnete die Europäische Kommission ihre Türen für die Besucherinnen und Besucher aus Österreich. Am Programm im Charlemagne-Gebäude standen Fachvorträge zur Rolle und Arbeitsweise der Europäischen Kommission, zu Wettbewerbsfähigkeit und Bürokratieabbau, zur Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU sowie zum mehrjährigen Finanzrahmen der EU ab 2028. Die 25 Europa-Gemeinderätinnen und -Gemeinderäte erhielten zudem Informationen zur "Building Europe with Local Councillors"-Initiative (BELC) der Europäischen Kommission. Nach dem Vorbild der österreichischen Europa-Gemeinderäte-Initiative entsteht auch auf europäischer Ebene ein Netzwerk an kommunalen und regionalen Politikerinnen und Politikern, die sich für EU-Themen engagieren.

Tweet von Magnus Brunner, 15. Juli 2025
x.com/magnusbrunner Foto: x.com

Zu den Highlights der 3-tägigen Informationsreise zählte für zahlreiche Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte anschließend ein ausführlicher Austausch mit dem aus Österreich stammenden EU-Kommissar Magnus Brunner. Der Vorarlberger ist seit Dezember 2024 als Mitglied der Europäischen Kommission für Inneres und Migration zuständig. Brunner berichtete über die geänderte geopolitische Lage der Welt und seine Arbeitsschwerpunkte seit der Übernahme seiner Funktion als EU-Kommissar vor einem halben Jahr. Dazu zählen etwa der "Pakt für Migration und Asyl", der bis Juni 2026 von allen EU-Mitgliedstaaten umzusetzen ist, oder das EU-Konzept für effizientere Asylverfahren und sichere Drittstaaten. Wichtig, so Brunner, sei es, beim "sensiblen Thema Migration" zwischen legaler und illegaler Zuwanderung zu differenzieren und für "pragmatische Lösungen" einzutreten. Vor allem in der Zusammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitländern müsse die EU auf mehr Zusammenarbeit mit Drittstaaten weltweit setzen. Den Europa-Gemeinderätinnen und -Gemeinderäten gab er für ihre Tätigkeit Folgendes mit auf den Weg: "Sie haben den direkten Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern, der uns in Brüssel häufig fehlt. Sie sind vor Ort und verstehen daher besser, wie die Bevölkerung unterschiedliche Themen einschätzt. Ihnen vertrauen die Menschen am meisten. Ich wünsche Ihnen für diese wichtige Aufgabe weiterhin viel Erfolg!"

Tag 3: Europäisches Parlament

Der letzte Besuchstag galt dem Europäischen Parlament (EP), das seit 1979 direkt von den EU-Bürgerinnen und -Bürgern gewählt wird; zuletzt war dies 2024 der Fall. Im neu renovierten Besucherinnen- und Besucherzentrum des Parlaments in Brüssel erfuhren die Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte mehr über die Zusammensetzung und Arbeit des Europäischen Parlaments.

Europäisches Parlament
Foto: EP/Alain Rolland

Aktuell vertreten 720 Mitglieder des Europäischen Parlaments (MdEP) die Interessen der Bevölkerung; 20 davon kommen aus Österreich – und 5 nahmen sich am 16. Juli 2025 Zeit für einen angeregten Dialog mit der Reisegruppe aus Österreich.

Den Anfang machte der aus der Steiermark kommende MdEP Reinhold Lopatka (ÖVP; Fraktion der Europäischen Volkspartei; Delegationsleiter der ÖVP im EP), der insbesondere auf außen- und sicherheitspolitische Entwicklungen, etwa die Lage im Nahen Osten oder Entscheidungen in den Vereinigten Staaten von Amerika, einging. Lopatka plädierte zudem für eine rasche Erweiterung der EU um die 6 Westbalkan-Staaten. Anschließend stand MdEP Thomas Waitz (Die Grünen; Fraktion der Grünen / Freie Europäische Allianz; Delegationsleiter der Grünen im EP) den Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäten Rede und Antwort. Der Land- und Forstwirt aus der Steiermark sprach vor allem über den europäischen „Green Deal“ und die künftigen budgetären Schwerpunkte der EU, insbesondere die notwendige Planungssicherheit für die Gemeinsame Agrarpolitik und ländliche Entwicklung in der EU. Um die Bedeutung von Mitbestimmung auf europäischer Ebene, die EU-Verkehrs- und -Wohnpolitik ging es beim Gespräch der Gemeinderätinnen und Gemeinderäte mit MdEP Andreas Schieder (SPÖ; Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten; Delegationsleiter der SPÖ im EP). Der Wiener strich hervor, dass es seit 2024 zum ersten Mal einen EU-Kommissar für Wohnen gibt, ging aber auch auf weitere aktuelle Themen wie Sicherheitspolitik im Zusammenhang mit Österreichs Neutralität ein. Für MdEP Helmut Brandstätter (NEOS; Fraktion Renew Europe; Delegationsleiter der NEOS im EP), ebenfalls aus Wien, stehen die Themen Desinformation und demokratische Resilienz im Mittelpunkt seiner parlamentarischen Arbeit. Er berichtete von den umfangreichen Tätigkeiten des "Sonderausschusses für den Europäischen Schutzschild für die Demokratie im EP". MdEP Elisabeth Dieringer-Granza (FPÖ; Fraktion Patrioten für Europa) wiederum rückte das Thema Kinderschutz, Rechte der Frauen und den europäischen Binnenmarkt in den Fokus. Die Kärntnerin unterstrich im Gespräch mit den Gemeinderätinnen und Gemeinderäten die Bedeutung von Subsidiarität – Entscheidungen sollten möglichst auf der niedrigsten politischen Ebene getroffen werden – und gab zudem Einblicke in den vielfältigen, mehrsprachigen Arbeitsalltag als Mitglied des Europäischen Parlaments.

Nach der Besichtigung des Plenarsaals des Europäischen Parlaments, in dem vor allem die zahlreichen Dolmetschkabinen (für die 24 Amtssprachen der EU) und die Sitzzuteilung (diese erfolgt nach politischer Zugehörigkeit, nicht nach Staatsbürgerschaft) auf großes Interesse stießen, machten sich die Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte auf den Rückweg nach Österreich.

3 Tage, 3 EU-Institutionen, unzählige Erfahrungen, Eindrücke und Kontakte: All dies konnten die 25 Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte aus Brüssel mit in ihre Heimat nehmen, um dort mit frischer Energie und neuen Ideen über die EU zu kommunizieren.

Häuserfront in Brüssel
Foto: BKA/Valentin Brauneis

Hintergrund: Die Initiative "Europa fängt in der Gemeinde an"

Die parteiübergreifende Initiative "Europa fängt in der Gemeinde an" existiert in Österreich seit 2010 und wird von 5 Partner-Institutionen getragen: federführend vom Bundeskanzleramt, des Weiteren vom Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (BMEIA), von der Europäischen Kommission – Vertretung in Österreich, vom Europäischen Parlament – Verbindungsbüro in Österreich sowie vom Österreichischen Gemeindebund.

Das mittlerweile annähernd 1.600 Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte zählende Netzwerk baut österreichweit die kommunikative "Brücke" zwischen den Menschen auf lokaler und regionaler sowie den Institutionen auf österreichischer und europäischer Ebene. Die Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte vermitteln EU-Inhalte, erklären Europa vor Ort und halten die Bürgerinnen und Bürger über aktuelle Entwicklungen auf dem Laufenden. Sie tragen relevante Anliegen und Anregungen der Bürgerinnen und Bürger an die österreichische Bundesregierung sowie die Partner-Institutionen der Initiative heran.

Für die Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte besteht regelmäßig die Möglichkeit der Teilnahme an einer 3-tägigen Informationsreise nach Brüssel. Die Brüssel-Studienreise im Juli 2025 wurde vom Bundeskanzleramt finanziert und in Kooperation mit der Europäischen Kommission – Vertretung in Österreich und dem Europäischen Parlament – Verbindungsbüro in Österreich organisiert.

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