Neue Binnenmarktstrategie: Weniger Hürden, attraktivere Bedingungen für Unternehmen
Hindernisse sollen abgebaut und der Dienstleistungssektor gestärkt werden – Unterstützung von Klein- und Mittelunternehmen sowie Vereinfachung durch Digitalisierung sollen durch neue Binnenmarktstrategie der Europäischen Kommission priorisiert werden – Der europäische Binnenmarkt stellt mit 18 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung den zweitgrößten Wirtschaftsraum der Welt dar

Am 21. Mai 2025 legte die Europäische Kommission eine neue Binnenmarktstrategie vor, die dabei helfen soll, bestehende Hindernisse für den Handel abzubauen und innerhalb der EU zu investieren. Dabei werden Klein- und Mittelunternehmen (KMU) bei ihren Geschäftstätigkeiten und deren Ausweitung unterstützt und alle Unternehmen durch die Förderung der Digitalisierung entlastet. Der EU-Binnenmarkt soll demnach zur besten Wahl für Unternehmen, Beschäftigte sowie Verbraucherinnen und Verbraucher gemacht werden.
Die neue Binnenmarktstrategie soll auch den EU-Markt als Motor für die Wettbewerbsfähigkeit des Kontinents stärken. Der EU-Markt hat nach Angaben der Kommission das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der EU um mindestens 3 bis 4 Prozent gesteigert und seit seiner Errichtung 3,6 Millionen Arbeitsplätze geschaffen.
Exekutiv-Vizepräsident Stéphane Séjourné: "Mit der Strategie wird der Binnenmarkt einfacher, nahtloser und stärker"
Stéphane Séjourné, Exekutiv-Vizepräsident der Europäischen Kommission, zuständig für Wohlstand und Industriestrategie, betonte:
"In der heutigen, unsicheren Welt müssen wir als Europäerinnen und Europäer selbst die Partner unserer Wahl sein. Es ist an der Zeit, dass sich europäische Unternehmen ‘europäisieren‘, bevor sie sich ‘internationalisieren‘. Mit der Strategie wird der Binnenmarkt einfacher, nahtloser und stärker – Unternehmen wird das Leben erleichtert und die wichtigsten, nach wie vor bestehenden Hindernisse für den Handel innerhalb der EU werden beseitigt. Mit der Strategie werden ein neues Konzept und eine neue Methode vorgestellt. Indem wir unsere Bemühungen bündeln, können wir den Nutzen des Binnenmarkts – des wirtschaftlichen und sozialen Eckpfeilers Europas – für alle vergrößern."
Die Prioritäten der Binnenmarktstrategie
Die neue, von der Europäischen Kommission vorgelegte Binnenmarktstrategie konzentriert sich auf folgende Prioritäten:
- Abbau von Hindernissen: Die Strategie konzentriert sich auf den Abbau der 10 größten Hindernisse des Waren- und Dienstleistungsverkehrs, die es sowohl Unternehmen als auch Bürgerinnen und Bürgern erschweren, den europäischen Binnenmarkt in vollem Umfang zu nutzen. Zu diesen Hindernissen zählen laut Europäischer Kommission die folgenden:
- 1. komplizierte Niederlassung und Geschäftstätigkeit;
- 2. komplexe EU-Vorschriften;
- 3. mangelnde Eigenverantwortung der EU-Mitgliedstaaten;
- 4. beschränkte Anerkennung von Berufsqualifikationen;
- 5. Fehlen einheitlicher Standards;
- 6. fragmentierte Verpackungsvorschriften;
- 7. mangelnde Produktkonformität;
- 8. restriktive und divergierende nationale Vorschriften für Dienstleistungen;
- 9. aufwendige Vorschriften für die Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in risikoarmen Sektoren;
- 10. ungerechtfertigte territoriale Angebotsbeschränkungen, die zu hohen Preisen für die Verbraucherinnen und Verbraucher führen.
- "Neuer Schwung" im europäischen Dienstleistungssektor: Um dem europäischen Dienstleistungssektor zu "beleben", schlägt die neuen Binnenmarktstrategie die Vorlage einer Rechtsvorschrift für Baudienstleistungen und einer neuen EU-Rechtsvorschrift für Lieferdienste vor, um die Bestimmungen sowohl im Bau- als auch im Post- und Paketsektor zu modernisieren. Des Weiteren wird eine Erleichterung branchenbezogener Dienstleistungen wie Installations-, Wartungs- und Reparaturdienstleistungen vorgeschlagen. Zusätzlich sollen die EU-Mitgliedstaaten bei der Befreiung regulierter Unternehmensdienstleistungen von unnötiger Regulierung unterstützt werden.
- Unterstützung der Entwicklung und des Wachstums von KMU: Auch Klein- und Mittelunternehmen sollen dabei unterstützt werden, die Chancen des Binnenmarktes möglichst gut zu nutzen. Dazu führt die Kommission die neue Kategorie der "kleinen Unternehmen mit mittlerer Kapitalisierung" ein.
- Bestehende Vorschriften vereinfachen und Digitalisierung zur Regel machen: Eine weitere Priorität der Strategie ist es, den Regelungs- und Verwaltungsaufwand für Unternehmen zu verringern. Dazu veröffentlichte die Kommission ein 4. "Omnibus"-Vereinfachungspaket für Unternehmen. Die jährlichen Verwaltungskosten für Unternehmen sollen so um 400 Millionen Euro gesenkt werden. Unternehmen ist es zukünftig möglich, Dokumente digital einzureichen, um den Verpflichtungen aus bestimmten harmonisierten EU-Produktvorschriften nachzukommen und Produktanleitungen in digitaler Form statt auf Papier bereitzustellen.
- Mehr gemeinsame Verantwortung für den Binnenmarkt: Um den Binnenmarkt zu stärken, sollen die EU-Mitgliedstaaten eine hochrangige Vertreterin, einen hochrangigen Vertreter ("Sherpa") benennen, die, der die Umsetzung der EU-Vorschriften überwacht. Des Weiteren werden die EU-Mitgliedstaaten aufgefordert, nationale Maßnahmen auf ihre Verhältnismäßigkeit zu prüfen, um Hemmnisse zu vermeiden.
Hintergrund: Der europäische Binnenmarkt
Der europäische Binnenmarkt fungiert bereits seit mehr als 30 Jahren als starke Triebkraft für Wachstum, Wohlstand und Solidarität in Europa. Mit 18 Billionen Euro entspricht Europas Bruttoinlandsprodukt rund 18 Prozent der Weltwirtschaft. Damit ist Europa heute der zweitgrößte Wirtschaftsraum der Welt – mit 26 Millionen Unternehmen und 450 Millionen Verbraucherinnen und Verbrauchern.
Im April 2024 hatte der Europäische Rat die Europäische Kommission dazu aufgefordert, bis Juni 2025 eine horizontale Binnenmarktstrategie zu entwickeln. Diese Aufforderung wurde zudem von den zuständigen Ministerinnen und Ministern für Wettbewerbsfähigkeit unterstützt, welche die Kommission um einen detaillierten Fahrplan mit einem klaren Zeitplan baten. Auch Schlussfolgerungen aus den Berichten von Enrico Letta und Mario Draghi aus dem Jahr 2024 sowie der Jahresbericht 2025 der Kommission über den Binnenmarkt und die Wettbewerbsfähigkeit zielten auf die nun präsentierte Binnenmarktstrategie ab. Aus diesen Aufforderungen und Berichten wurde deutlich, dass die Schaffung eines wirklich integrierten Binnenmarkts für die Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz Europas von entscheidender Bedeutung ist.
Weiterführende Informationen
- Weniger Hürden im Binnenmarkt für attraktivere Bedingungen in Europa, Europäische Kommission
- Fragen und Antworten zur Binnenmarktstrategie, Europäische Kommission
- Kommission schlägt Vereinfachungsmaßnahmen vor, um EU-Unternehmen weitere 400 Millionen Euro pro Jahr einzusparen, Europäische Kommission