Rat der EU und Europäisches Parlament einigen sich auf Abfallreduzierung von Lebensmitteln und Textilien
Vorläufige Einigung: Erstmals konkrete Ziele für Abfallreduktion in der EU – Pro-Kopf-Verschwendung von Lebensmitteln soll bis 2030 um 30 Prozent sinken – Textilproduzentinnen und -produzenten sind in der Verantwortung, die Lebensdauer von Kleidung zu erhöhen

Am 18. Februar 2025 konnten der Rat der EU und das Europäische Parlament eine vorläufige Einigung über eine Überarbeitung der Abfallrahmenrichtlinie erzielen. Dies gilt als wichtiger Fortschritt bei der Reduktion von Lebensmittel- und Textilabfällen.
Das Ziel: 30 Prozent weniger Abfälle bis 2030
Inhaltlich bedeutet dieser Schritt, so die vorläufige Einigung, dass die EU-Mitgliedstaaten bis 2030 die Lebensmittelverschwendung bei der Herstellung und Verarbeitung um 10 Prozent im Vergleich zum Niveau von 2021 – 2023 reduzieren sollen. Im Einzelhandel und im Verbrauch – konkret zählen hier Restaurants, Lebensmitteldienstleistungen und private Haushalte dazu – soll die Pro-Kopf-Verschwendung sogar um 30 Prozent im Vergleich zu 2021 2023 reduziert werden. Unternehmen können dieses Ziel unter anderem dadurch erreichen, indem sie abgelaufene, aber noch genießbare Produkte, die nicht verkauft wurden, spenden. Diese Vorgaben stehen vor dem Hintergrund der Ziele der Vereinten Nationen (auf Englisch: United Nations, kurz UN), der "Sustainable Development Goals" (SDGs), die unter anderem eine Halbierung der Pro-Kopf-Lebensmittelverschwendung bis 2030 weltweit vorsehen (SDG 12).
Paulina Hennig-Kloska, polnische Klima- und Umweltschutzministerin: "EU setzt erstmals Ziele zur Verringerung von Lebensmittelabfällen fest"
Paulina Hennig-Kloska, Ministerin für Klima und Umweltschutz in Polen, das im ersten Halbjahr 2025 den EU-Ratsvorsitz innehat, erklärte angesichts der erzielten vorläufigen Einigung:
"Die EU setzt erstmals Ziele für die Verringerung der Lebensmittelabfälle fest, um die Nachhaltigkeit der Lebensmittelsysteme in unserer Europäischen Union zu verbessern. Außerdem ist die Einigung über Textilabfälle ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer robusten, kreislauforientierten und wettbewerbsfähigen EU-Wirtschaft, wobei das Verursacherprinzip gewahrt bleibt."
Jessika Roswall, Kommissarin für Umwelt, resiliente Wasserversorgung und wettbewerbsfähige Kreislaufwirtschaft, begrüßte die Einigung mit folgenden Worten:
"Dieses Abkommen zeigt das Engagement Europas für die Förderung einer nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Wirtschaft. Textilien und Lebensmittel sind 2 Bereiche, in denen viele wertvolle Ressourcen verschwendet werden, daher freue ich mich, dass wir uns gemeinsam mit den gesetzgebenden Organen auf einen Weg geeinigt haben, dies zu ändern. Die neuen Vorschriften werden die Schaffung eines Binnenmarkts für Textilabfälle vereinfachen und Investitionen in Innovationen für die Bewirtschaftung von Textilabfällen erleichtern."
Textilabfälle der Kreislaufwirtschaft zuführen
Die vorläufige Einigung zwischen dem Rat der EU und dem Europäischem Parlament sieht vor, dass eine erweiterte Herstellerinnen- beziehungsweise Herstellerverantwortung für Modemarken und Textilproduzenten etabliert wird. Herstellerinnen und Hersteller sollen demnach für Textil- und Schuhabfälle verantwortlich gemacht werden und müssen voraussichtlich die Sammlung und Behandlung ihrer Textilien finanzieren – je nachdem, wie einfach die Wiederverwendbarkeit ihrer Textilien konzipiert wird. Produzentinnen und Produzenten sollen ihre Kleidungsstücke stärker der Kreislaufwirtschaft und Wiederverwendbarkeit zuführen und sich von “Fast Fashion“ -Wirtschaftsmodellen abwenden. Die EU-Mitgliedstaaten werden nach Angaben der Europäischen Kommission Gebühren, die sich an Modemarken und Textilproduzenten richten, einheben können – nach dem Grundsatz, wie lange die Lebensdauer der jeweiligen Kleidungsstücke tatsächlich ist. Diese Einigung soll gleiche Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen schaffen, da diese gleichermaßen in den Geltungsbereich der erweiterten Herstellerinnen- beziehungsweise Herstellerverantwortung fallen und einen harmonisierten Zugang zu Infrastrukturen bekommen sollen, die sich mit der Sammlung und Behandlung von weggeworfenen Textilien widmen.
Um den Verwaltungsaufwand zu verringern, haben Kleinstunternehmen nach Einführung der erweiterten Herstellerinnen- und Herstellerverantwortung ein weiteres Jahr Zeit, diesen Verpflichtungen nachzukommen (insgesamt 3,5 Jahre nach Inkrafttreten der neuen Vorschriften).
Die nächsten Schritte
Die vorliegende vorläufige Einigung zwischen dem Rat der EU und dem Europäischen Parlament muss noch formell von beiden Institutionen gebilligt werden. Nach einer formellen Annahme haben die EU-Mitgliedstaaten einen Zeitrahmen von 20 Monaten, um den nationalen Rechtsbestand in Bezug auf die Richtlinie anzupassen.
Der Europäischen Kommission kommt die Rolle zu, die Richtlinie in einzelnen Aspekten zu prüfen. Hierzu gehört die Prüfung der Finanzierung der erweiterten Herstellerinnen- beziehungsweise Herstellerverantwortung, mögliche Zielvorgaben bei den Textilabfällen, die Rolle der Primärproduktion von Lebensmittelabfällen, Auswirkungen von Änderungen des Produktionsniveaus und mögliche aktualisierte Zielvorgaben für 2030 und 2035.
Hintergrund: Überarbeitung der EU-Abfallrahmenrichtlinie
Die Abfallrahmenrichtlinie regelt die Abfallvermeidung und -bewirtschaftung in der Europäischen Union. Die Europäische Kommission schlug am 15. Juli 2023 die Überarbeitung dieser Richtlinie vor, um speziell die Aspekte der Lebensmittel- und Textilabfälle anzupassen. Dieser Schritt entspricht unter anderem auch der "EU-Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien".
In der EU fallen nach Angaben der Europäischen Kommission jährlich mehr als 59 Tonnen an Lebensmittelabfällen an. Umgerechnet bedeutet das ein Verlust von jährlich 132 Millionen Euro. Weltweit produzieren 30 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Flächen Nahrungsmittel, die unverzehrt weggeworfen werden. In der EU fallen auch 12,6 Millionen Tonnen an Textilabfällen pro Jahr an. Von diesen Textilabfällen entstehen 5,2 Millionen Tonnen durch weggeworfene Kleidung und Schuhe; pro Jahr sind das 12 Kilogramm an Kleidungsabfällen pro Kopf in der EU.
Weiterführende Informationen
- Rat der EU und Europäisches Parlament beschließen Essensabfälle zu reduzieren und neue Regeln für Textilverschwendung, Pressemitteilung des Rates der EU
- Kommission begrüßt vorläufige Einigung zur Verbesserung der Kreislauffähigkeit von Textilien und zur Verringerung der Lebensmittelverschwendung, Pressemitteilung der Europäischen Kommission
- Essensverschwendung, Website der Europäischen Kommission (Englisch)
- Sustainable Development Goal 12: Responsible Consumption and Production, Website der Vereinten Nationen (Englisch)
- EU strategy for sustainable and circular textiles, Website der Europäischen Kommission (Englisch)
- Nachhaltige Entwicklung – Agenda 2030 / SDGs