Frühjahrsprognose 2023: Europäische Wirtschaft weiterhin widerstandsfähig

Verbesserte wirtschaftliche Aussichten vor dem Hintergrund anhaltender globaler Herausforderungen – Niedrigere Energiepreise, weniger Lieferengpässe und starker Arbeitsmarkt führen zu Wirtschaftswachstum in der EU – Arbeitsmarkt in der EU und in Österreich stabil

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Trotz anhaltender globaler Herausforderungen erweist sich die europäische Wirtschaft weiterhin als widerstandsfähig: Das ist eine der zentralen Aussagen der von der Kommission am 15. Mai 2023 veröffentlichten Frühjahrsprognose 2023. Demnach haben niedrigere Energiepreise, weniger Lieferengpässe und ein starker Arbeitsmarkt zu einem moderaten Wirtschaftswachstum im ersten Quartal 2023 beigetragen. Der europäischen Wirtschaft sei es gelungen, die negativen Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine einzudämmen und die Energiekrise zu bewältigen, indem die Versorgung rasch diversifiziert worden und der Gasverbrauch erheblich gesunken sei, so die Kommission. Auch bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern würden die sinkenden Energiepreise ankommen, wenngleich der private Verbrauch gedämpft bleiben dürfte, da das Lohnwachstum hinter der Inflation zurückbliebe, so die Analyse der Kommission.

Exekutiv-Vizepräsident Dombrovskis: EU-Wirtschaft behauptet sich "bemerkenswert gut"

Valdis Dombrovskis‚ Exekutiv-Vizepräsident der Kommission und für das Ressort "Eine Wirtschaft im Dienste der Menschen" zuständig, erklärte dazu: "Die Wirtschaft der EU behauptet sich angesichts der Aggression Russlands gegen die Ukraine bemerkenswert gut, was zu einer Aufwärtskorrektur in der vorgelegten Wachstumsprognose für 2023 geführt hat." Darüber hinaus sehe man einen starken Arbeitsmarkt und eine auf ein Rekordtief gesunkene Arbeitslosenquote, sagte Dombrovskis, der zugleich die anhaltenden Risken für die EU-Wirtschaft hervorhob: "Die Kerninflation bleibt auf einem anhaltend hohen Niveau, was die Kaufkraft der Menschen schmälern, das Investitionswachstum bremsen und den Zugang zu Krediten einschränken könnte. Damit die Inflation im Zaum gehalten wird, ist es unabdingbar, eine weiterhin vorsichtige Haushaltspolitik zu gewährleisten und die Dynamik von Reformen und Investitionen aufrechtzuerhalten", so Dombrovskis.

Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni ergänzte: "Dank entschlossener Bemühungen, unsere Energieversorgungssicherheit zu stärken, eines bemerkenswert widerstandsfähigen Arbeitsmarkts und der Beseitigung von Lieferengpässen haben wir eine Winterrezession vermieden und sind auf Kurs, um dieses und kommendes Jahr ein moderates Wachstum zu erreichen. Die Inflation hat sich als hartnäckiger erwiesen als erwartet, dürfte aber im restlichen Jahresverlauf 2023 und 2024 allmählich zurückgehen. Bei den öffentlichen Finanzen ist mit Verbesserungen zu rechnen, da die Unterstützungsmaßnahmen im Energiebereich schrittweise zurückgenommen werden. Wir müssen wachsam bleiben und bereit sein, auf künftige Schocks mit der gleichen Geschlossenheit und Entschlossenheit zu reagieren, die uns in den letzten 3 stürmischen Jahren getragen hat."

Wachstumsausblick für die EU-Wirtschaft 2023 und 2024 angehoben

Vor diesem Hintergrund ist der Wachstumsausblick für die EU-Wirtschaft im Jahr 2023 auf 1 Prozent und für das Jahr 2024 auf 1,7 Prozent angehoben worden – in ihrer Winterzwischenprognose hatte die Europäische Kommission für 2023 noch 0,8 Prozent und für 2024 1,6 Prozent vorhergesagt. Für den Euroraum prognostiziert die Europäische Kommission für 2023 und 2024 ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIPs) von 1,1 Prozent beziehungsweise 1,6 Prozent und eine Inflation von 5,8 Prozent im Jahr 2023 sowie 2,8 Prozent im Jahr 2024. Für Österreich wird erwartet, dass die hohen Endkundinnen- beziehungsweise Endkundenenergiepreise im Laufe des Prognosehorizonts allmählich zurückgehen und die Wirtschaftstätigkeit mit einem prognostizierten realen BIP-Wachstum von 0,4 Prozent im Jahr 2023 und 1,6 Prozent im Jahr 2024 leicht anziehen wird.

Gesamtinflation der EU-Wirtschaft weiter rückläufig

Die Inflation erreichte im März 2023 mit 7,6 Prozent einen historischen Höchststand, dürfte aber während des Prognosezeitraums schrittweise zurückgehen, da die Gewinnspannen den höheren Lohndruck absorbieren und sich die Finanzierungsbedingungen verschärfen. Die Kerninflation im Euro-Währungsgebiet 2023 dürfte bei durchschnittlich 6,1 Prozent liegen, bevor sie 2024 auf 3,2 Prozent sinkt und somit in beiden Prognosejahren über der Gesamtinflation bleiben könnte. Im Jahr 2023 wird die Inflationsrate für Österreich wird den Prognosen zufolge 7,1 Prozent erreichen, bevor sie allmählich auf 3,8 Prozent im Jahr 2024 zurückgeht.

Erwerbs- und Beschäftigungsquote auf Rekordhöhe

Die Widerstandsfähigkeit der EU-Wirtschaft wird durch den Arbeitsmarkt gestärkt: Demnach erreichte die Arbeitslosenquote in der EU im März 2023 mit 6 Prozent einen neuen Tiefststand – die Erwerbs- sowie die Beschäftigungsquote liegen dagegen auf Rekordhöhe. Für 2023 wird ein Beschäftigungswachstum von 0,5 Prozent prognostiziert, das 2024 auf 0,4 Prozent sinken dürfte.  Auch in Österreich hat sich der Arbeitsmarkt im Jahr 2022 gut entwickelt: So stieg die Beschäftigung um 2,6 Prozent und die Arbeitslosenquote sank auf 4,8 Prozent. Die Beschäftigung dürfte über den Prognosehorizont hinweg weiterhin leicht ansteigen, was vor allem auf eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen sowie älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zurückzuführen ist, so die Kommission. Die Zunahme des Arbeitskräfteangebots wird der Prognose zufolge das Beschäftigungswachstum übersteigen, so dass die Arbeitslosenquote leicht auf 4,9 Prozent im Jahr 2023 beziehungsweise 5,0 Prozent im Jahr 2024 ansteigen wird. Die Nominallöhne werden in Österreich voraussichtlich um 8,3 Prozent im Jahr 2023 und um 6,6 Prozent im Jahr 2024 steigen.

Schuldenquote der EU geht zurück – auch in Österreich

Nach Angaben der Kommission führten ein starkes nominales Wachstum und der Abbau der verbleibenden pandemiebedingten Maßnahmen dazu, dass das gesamtstaatliche Defizit der EU im Jahr 2022 auf 3,4 Prozent des BIP zurückging. Die sinkenden Energiepreise dürften es 2023 und 2024 ermöglichen, Unterstützungsmaßnahmen der EU-Mitgliedstaaten im Energiebereich auslaufen zu lassen, wodurch weitere Defizitsenkungen auf 3,1 Prozent für 2023 und 2,4 Prozent für 2024 des BIP vorangetrieben werden. Die aggregierte Schuldenquote der EU wird der Prognose zufolge im Jahr 2024 stetig zurückgehen und unter 83 Prozent (90 Prozent im Euro-Währungsgebiet) sinken, jedoch weiterhin über dem Niveau im Vergleich zur Schuldenquote vor der Covid-19-Pandemie liegen. Für Österreich prognostiziert die Kommission in ihren Berechnungen, dass das Defizit des Gesamtstaats in Österreich 2023 auf 2,4 Prozent des BIP beziehungsweise 1,3 Prozent im kommenden Jahr sinkt. Die Gesamtschuldenquote für Österreich hatte im Jahr 2022 78,4 Prozent betragen. 2023 soll diese auf 75,4 Prozent und 2024 auf 72,7 Prozent zurückgehen.

Hintergrund: Frühjahrsprognose für die europäische Wirtschaft 2023

Die Europäische Kommission veröffentlich jährlich 2 umfassende Prognosen, jeweils im Frühjahr und im Herbst, die durch 2 Zwischenprognosen im Winter und Sommer ergänzt werden. Die Zwischenprognosen enthalten jährliche und vierteljährliche BIP- und Inflationszahlen für das laufende und das folgende Jahr für alle EU-Mitgliedstaaten sowie die aggregierten Zahlen für die EU insgesamt und für die Eurozone. Die Frühjahrsprognose 2023 basiert auf einer Reihe technischer Annahmen in Bezug auf Wechselkurse, Zinssätze und Rohstoffpreise mit Stichtag 25. April 2023. Bei allen anderen herangezogenen Daten, auch den Annahmen zu staatlichen Maßnahmen, wurden in dieser Prognose Informationen bis einschließlich 28. April 2023 berücksichtigt. Den Projektionen liegt die Annahme einer unveränderten Politik zugrunde, es sei denn, es wurden konkrete neue politische Maßnahmen angekündigt.

Die Sommerprognose 2023 wird von der Europäischen Kommission plangemäß im Juli 2023 veröffentlicht.

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