Neue Strategie für einen Generationswechsel in der Landwirtschaft
Europäische Kommission veröffentlicht "Strategie für Generationswechsel in der Landwirtschaft" – Zahl der Junglandwirtinnen und -landwirte in der EU soll bis 2040 verdoppelt werden – Generationswechsel vor allem für die Ernährungssicherheit der EU notwendig – Umsetzung durch Zusammenarbeit auf EU- Ebene sowie national und regional
Das Durchschnittsalter von Landwirtinnen und Landwirten in der EU liegt nach Angaben der Europäischen Kommission bei 57 Jahren. 12 Prozent sind unter 40 Jahren. Und nur eine von 40 Landwirtinnen und Landwirten ist weiblich. Um das zu ändern, mehr Menschen in die Landwirtschaft zu bringen und junge Landwirtinnen und Landwirte zu unterstützen, hat die Europäische Kommission am 21. Oktober 2025 eine "Strategie für den Generationswechsel in der Landwirtschaft" vorgelegt.
Ziel der Strategie ist es, den Anteil der Junglandwirtinnen und -landwirte in der EU bis 2040 zu verdoppeln. Jung- und neue Landwirtinnen und Landwirte sollen bis dahin 24 Prozent des landwirtschaftlichen Sektors in der EU ausmachen. In Österreich liegt die Zahl der Junglandwirtinnen und -landwirte bereits jetzt bei 26 Prozent und damit über dem bis 2040 angestrebten Ziel der EU.
Die Europäische Kommission empfiehlt den EU-Mitgliedstaaten, mindestens 6 Prozent ihrer Agrarausgaben in Maßnahmen zur Förderung des Generationswechsels zu investieren, um das Ziel der Strategie zu erreichen. Diese Empfehlung richtet sich besonders an die EU-Mitgliedstaaten, die einen Nachholbedarf in dem Bereich haben. Neben dem Ziel, die Anzahl von Junglandwirtinnen und landwirten in der EU bis 2040 zu verdoppeln, sollen bis 2028 zudem nationale Pläne für den Generationswechsel in der Landwirtschaft entwickelt werden. In diesen Plänen sollen unter anderem aktuelle Probleme aufgegriffen und passende Fördermaßnahmen nach Vorgaben der Kommission definiert werden.
Junglandwirtinnen und -landwirten wichtig für Ernährungssicherheit in der EU
Der landwirtschaftliche Sektor steht vor zahlreichen Herausforderungen wie einer alternden Erwerbsbevölkerung, einer schrumpfenden ländlichen Bevölkerung sowie wirtschaftlichen und ökologischen Problemen, so die EU-Kommission. Um die Ernährungssicherheit der EU und einen lebendigen ländlichen Raum weiterhin zu erhalten, seien Junglandwirtinnen und -landwirte notwendig. Doch begrenzter Zugang zu landwirtschaftlichen Flächen und erschwinglichen Krediten, niedrigere Einkommen und ein Mangel an einschlägigen Kompetenzen machen den Beruf für Neueisteigerinnen und -einsteiger häufig unattraktiv. Die Europäische Kommission betont daher, dass die Bewältigung dieser Probleme sowohl eine strategische Notwendigkeit als auch eine soziale Verantwortung für die gesamte EU sei.
EU-Kommissar Hansen: "Unsere Ernährungssicherheit und die Zukunft unserer ländlichen Gemeinschaften hängen von der nächsten Generation ab"
Christophe Hansen, EU-Kommissar für Landwirtschaft und Ernährung, sprach sich für eine Unterstützung von Junglandwirtinnen und Junglandwirten aus:
"Unsere Ernährungssicherheit und die Zukunft unserer ländlichen Gemeinschaften hängen von der nächsten Generation ab. Wir machen die Unterstützung von Jung- und neuen Landwirtinnen und Landwirten zu einer politischen Priorität. Wir wollen, dass alle jungen Menschen, die von der Landwirtschaft träumen, auf dem Weg dorthin weniger Hindernisse und mehr Unterstützung vorfinden. Deshalb fordern wir unter anderem alle Mitgliedstaaten auf, konkrete nationale Strategien vorzulegen und reale Investitionen zu tätigen. Dabei geht es darum, Hindernisse abzubauen und Chancen zu bieten, damit die Landwirtschaft eine tragfähige und attraktive Berufswahl bleibt."
Umsetzung der Strategie: 5 Handlungsschwerpunkte
Die Strategie erkennt an, dass die nächste Generation von Landwirtinnen und Landwirten mit großen Herausforderungen konfrontiert ist. Diese sollen nach den Vorstellungen der Kommission auf EU-Ebene sowie auf nationaler und regionaler Ebene berücksichtigt werden.
Um dies zu erreichen, werden in der Strategie folgende 5 Handlungsschwerpunkte genannt: Zugang zu landwirtschaftlichen Flächen, Finanzmittel, Kompetenzen, ein fairer Lebensstandard in ländlichen Gebieten und Unterstützung bei der Nachfolge. Jeder dieser Schwerpunkte soll durch strategische Leitinitiativen umgesetzt werden. Mithilfe dieser Leitinitiativen sollen unter anderem folgende Ziele erreicht werden:
- Im Rahmen der nächsten Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (kurz: GAP) wurde ein obligatorisches "Starterpaket" für Junglandwirtinnen und -landwirte vorgeschlagen. Dieses soll deren Berufseinstieg und die Niederlassung in diesem Sektor durch ein umfassendes Maßnahmenpaket, inklusive eines Pauschalbetrags von bis zu 300.000 Euro für die Niederlassung, erleichtern.
- Die finanziellen Mittel sollen gezielt zugunsten von Junglandwirtinnen und ‑landwirten ausgerichtet werden.
- Der Zugang zu Finanzmitteln soll durch die Zusammenarbeit mit der Europäischen Investitionsbank (kurz: EIB) bei der Entwicklung von Garantieregelungen und/oder Zinszuschüssen erleichtert werden.
- Zur Verbesserung der Transparenz bei landwirtschaftlichen Flächen soll eine europäische Bodenbeobachtungsstelle entwickelt werden, um Landwirtinnen und Landwirte beim Zugang zu verfügbaren Flächen zu unterstützen, die Hofnachfolge zu erleichtern, die Grundlage für politische Entscheidungen zu liefern und Bodenspekulationen zu verhindern, damit Neueinsteigerinnen und -einsteiger einfacher eine landwirtschaftliche Tätigkeit aufnehmen können.
- Junge Landwirtinnen und -landwirte werden dazu aufgefordert, sich an der Initiative "Erasmus für junge Unternehmer" zu beteiligen, damit sie bewährte landwirtschaftliche Verfahren im Ausland erlernen oder ihre Einnahmen durch neues Wissen zu anderen Sektoren diversifizieren können.
- Gute Lebensbedingungen in ländlichen Gebieten bei gleichzeitiger Unterstützung der lokalen Entwicklung und der Einbeziehung von Jugendlichen und Frauen sollen außerdem gefördert werden.
- Die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben soll verbessert werden, indem Vertretungsdienste, die die Landwirtinnen und Landwirte bei Krankheit, Urlaub oder Pflege ersetzen, kofinanziert werden.
Die Umsetzung der Strategie soll auf mehreren Ebenen, die miteinander verbunden werden, erfolgen. Zu den Ebenen zählen die derzeitige und zukünftige GAP, ergänzende politische Maßnahmen der EU, von den EU-Ländern geleitete Maßnahmen in Bereichen wie Zugang zu landwirtschaftlichen Flächen, Besteuerung, Bildung und Pensionen sowie Initiativen von Interessenträgerinnen und -trägern.
Hintergrund: Die Landwirtschaft in der EU
Im landwirtschaftlichen Sektor schreitet die Überalterung schneller voran als in anderen Sektoren der EU. So liegt das Durchschnittsalter der Landwirtinnen und Landwirten in der EU bei 57 Jahren. Nur 12 Prozent von ihnen fallen in die Kategorie "Junglandwirtinnen und -landwirte" und sind unter 40 Jahre alt. In Österreich zählen 26 Prozent zu dieser Gruppe. Langfristig gefährdet die Überalterung die Ernährungssicherheit, die strategische Autonomie der EU bei der Lebensmittelerzeugung und die Nachhaltigkeit der europäischen Agrarlandschaften.
Auch die Anzahl junger Menschen geht im ländlichen Raum zurück. Zwischen 2013 und 2019 sank die Zahl der jungen Menschen im Alter von 15 bis 24 Jahren, die in ländlichen Gebieten der EU-Mitgliedstaaten leben, von 3,6 Millionen auf 1,9 Millionen, und die Zahl der jungen Menschen im Alter von 25 bis 29 Jahren ging von 6,9 Millionen auf 5,9 Millionen zurück.
Für Junglandwirtinnen und Junglandwirte sind der Zugang zu landwirtschaftlichen Flächen und erschwinglichen Krediten sowie ein Mangel an grundlegenden Kompetenzen häufig große Herausforderungen. Während viele ältere Landwirtinnen und Landwirte ihre Grundstücke besitzen, sind jüngere Generationen oft auf Pacht beschränkt. EU-weit werden rund 15 Millionen Hektar gepachtet, während 10 Millionen Hektar in Eigentum betrieben werden. Im Jahr 2022 waren Junglandwirtinnen und landwirte in den 27 EU-MItgiedstaaten mit einer Finanzierungslücke von 14,1 Milliarden Euro konfrontiert, was 22 Prozent des Gesamtdefizits des Sektors entspricht.
Weiterführende Informationen
- Strategie für den Generationswechsel in der Landwirtschaft, Pressemitteilung der Europäischen Kommission
- Fragen und Antworten zur Strategie der Kommission für die Erneuerung der Generationen in der Landwirtschaft, Website der Europäischen Kommission
- Junge Landwirtinnen und Landwirte in der Europäischen Landwirtschaft, Website der Europäsichen Kommission (Englisch) (PDF)
- Hofübernahme im Fokus, Website der Österreichs Land- & Forstwirtschaft
- Junge Landwirte in der EU sollen mehr Unterstützung erhalten, Pressemitteilung der Europäischen Kommission, Vertretung in Österreich
- Erasmus für junge Unternehmer, Website der Europäischen Kommission