Modernisierte EU-Fahrvorschriften für mehr Sicherheit auf Europas Straßen

Neue EU-Führerscheinrichtlinie bringt moderne Ausbildungsstandards, eine Probezeit für Fahranfängerinnen und -anfänger sowie die Einführung des digitalen Führerscheins – Hauptziel ist die Erhöhung der Verkehrssicherheit – Neue Statistiken zeigen Rückgang der Zahl der Verkehrstoten: minus 2 Prozent im EU-Schnitt, minus 13 Prozent in Österreich

Trafic automobile en Belgique
Foto: © EU/Christophe Licoppe

Das Europäische Parlament hat am 21. Oktober 2025 einer umfassenden Reform der EU-Führerscheinvorschriften zugestimmt. Ziel der EU-Führerscheinrichtlinie ist es, die Verkehrssicherheit in der EU zu erhöhen und die Zahl der Verkehrsunfälle nachhaltig zu senken. Nach Angaben der Europäischen Kommission kommen jährlich in der EU noch immer fast 20.000 Menschen im Straßenverkehr ums Leben. Die neuen Regeln sollen dazu beitragen, diese Zahl deutlich zu reduzieren.

Berichterstatterin des Europäischen Parlaments: "Bürgerinnen und Bürger in ganz Europa werden unmittelbar von diesen greifbaren Verbesserungen profitieren"

Die EU-Abgeordnete und Berichterstatterin des Europäischen Parlaments für den Führerschein, Jutta Paulus, erklärte: 

"Bis 2030 wird die neue europäische Führerscheinrichtlinie einen digitalen Führerschein einführen und den Bürgerinnen und Bürgern zugleich die volle Wahlfreiheit zwischen einer App und einer physischen Karte lassen. Die Fahrausbildung wird künftig mehr Elemente zur Sicherheit von Fußgängerinnen und Fußgängern sowie Radfahrenden enthalten. Ehrenamtliche wie Feuerwehrleute und Rettungskräfte werden Einsatzfahrzeuge künftig leichter fahren dürfen. Neue Vorschriften zu Ausbildung und Anerkennung werden die Verkehrsberufe attraktiver und zugänglicher machen. Bürgerinnen und Bürger in ganz Europa werden unmittelbar von diesen greifbaren Verbesserungen profitieren."

Neue Anforderungen an Ausbildung und Prüfung

Künftig müssen Fahrschülerinnen und Fahrschüler bei der Prüfung nachweisen, dass sie die Gefahren des sogenannten "toten Winkels" kennen, die Funktionsweise moderner Fahrerassistenzsysteme verstehen und über die Gefahr möglicher Ablenkungen – etwa durch die Nutzung von Mobiltelefonen am Steuer – Bescheid wissen. Außerdem soll in der Fahrausbildung künftig stärker auf das Bewusstsein für Fußgängerinnen und -gänger sowie Radfahrerinnen und -fahrer und andere gefährdete Verkehrsteilnehmende geachtet werden.

Einheitliche Gültigkeitsdauer und erforderliche Gesundheitschecks

Führerscheine für Personenkraftwagen (Pkw) und Motorräder sollen künftig in der Regel 15 Jahre lang gültig sein, jene für Lastkraftwägen (Lkw) und Busse 5 Jahre lang. Die 27 EU-Mitgliedstaaten dürfen die Fristen verkürzen, etwa wenn der Führerschein auch als Ausweisdokument dient oder die Inhaberin beziehungsweise der Inhaber ein Alter von 65 Jahren erreicht hat. Vor der erstmaligen Ausstellung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis soll eine Gesundheitsprüfung erfolgen, die auch Sehtests und Untersuchungen des Herz-Kreislauf-Systems umfasst. Den EU-Mitgliedstaaten bleibt es dabei freigestellt, auch auf Formulare zur Selbsteinschätzung oder nationale Bewertungsverfahren zurückzugreifen.

Strengere Regeln für Fahranfängerinnen und Fahranfänger

Für neue Führerschein-Inhaberinnen und -Inhaber gilt künftig eine Probezeit von mindestens 2 Jahren. Während dieser Zeit sollen Verstöße gegen Verkehrsregeln, insbesondere Fahren unter Alkoholeinfluss oder die Missachtung der Gurtpflicht, strenger geahndet werden.

Was in Österreich bereits seit Jahren als "L17" erfolgreich umgesetzt ist, kommt nun auch auf EU-Ebene: Jugendliche werden bereits mit 17 Jahren einen Pkw-Führerschein (Klasse B) erwerben dürfen, müssen jedoch bis zum 18. Geburtstag in Begleitung erfahrener Fahrerinnen oder Fahrer unterwegs. Um dem Mangel an Berufskraftfahrerinnen und -fahrern entgegenzuwirken, können 18-Jährige künftig einen Lkw-Führerschein (Klasse C) und 21-Jährige einen Busführerschein (Klasse D) erwerben, sofern sie eine entsprechende Ausbildung abgeschlossen haben.

Einführung des digitalen Führerscheins

Ein weiterer Schritt in Richtung Digitalisierung ist der neue EU-weite digitale Führerschein. Er soll spätestens mit Ende 2030 als Standardformat dienen und über das Smartphone abrufbar sein. Auf Wunsch bleibt es aber weiterhin möglich, einen physischen Führerschein zu beantragen, der in der Regel innerhalb von 3 Wochen ausgestellt werden soll.

Einheitliche Regeln zur Aberkennung der Fahrerlaubnis

Die neue EU-Führerscheinrichtlinie sieht zudem eine stärkere grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Behörden vor. Wenn einer Person in einem EU-Land die Fahrerlaubnis entzogen oder diese eingeschränkt wird, so soll dies künftig automatisch an jenen EU-Mitgliedstaat gemeldet werden, der den Führerschein ausgestellt hat. Damit sollen schwere Verkehrsdelikte wie Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss, tödliche Unfälle oder erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen konsequenter geahndet werden.

Die nächsten Schritte

Die Bestimmungen der EU-Führerscheinrichtlinie treten 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Die EU-Mitgliedstaaten haben 3 Jahre Zeit, die Vorgaben in nationales Recht zu überführen, und ein weiteres Jahr für die praktische Umsetzung.

Hintergrund: EU-Führerscheinvorschriften

Die Reform der EU-Führerscheinvorschriften ist Teil eines im März 2023 vorgestellten Verkehrssicherheitspakets der Europäischen Kommission. Sie steht im Zeichen der EU-Initiative "Vision Zero" ("Vision Null Straßenverkehrstote"), die darauf abzielt, die Zahl der Verkehrstoten und Schwerstverletzten in der EU bis 2030 um die Hälfte und bis 2050 auf nahezu null zu senken.

Verkehrssicherheit in Österreich und der EU – Rückgang der Unfallzahlen

Laut einer aktuellen Statistik, die am 17. Oktober 2025 von der Europäischen Kommission veröffentlicht wurde, ist die Zahl der Verkehrstoten in Österreich im Jahr 2024 deutlich gesunken – um 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Insgesamt kamen 2024 351 Menschen im österreichischen Straßenverkehr ums Leben. Damit liegt Österreich mit 38 Todesfällen pro 1 Million Einwohnerinnen beziehungsweise Einwohner unter dem EU-Durchschnitt von 45.

Nach Angaben der EU-Kommission deuten die vorläufigen Daten für die ersten 6 Monate des Jahres 2025 auf stabile bis leicht sinkende Unfallzahlen in mehreren EU-Mitgliedstaaten hin.

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