Sicherer Online-Raum für Kinder: Leitlinien und App-Prototyp für Altersüberprüfung

Leitlinien zum Schutz Minderjähriger sowie Prototyp einer App zur Altersüberprüfung von der Europäischen Kommission vorgestellt – Praktische Empfehlungen für alle Plattformen – App zur Altersüberprüfung wird in einer Pilotphase vorerst in 5 EU-Mitgliedstaaten getestet

Kind mit Smartphone im Wald
Foto: Europäische Union

Die Europäische Kommission hat am 14. Juli 2025 Leitlinien zum Schutz Minderjähriger im Rahmen des Gesetzes über digitale Dienste (Englisch: "Digital Service Act", kurz: DSA) sowie den Prototyp einer App zur Altersüberprüfung im Internet vorgestellt. Die Leitlinien enthalten praktische Empfehlungen für alle Online-Plattformen, um Risiken durch schädliche oder nicht altersgerechte Inhalte proaktiv zu begegnen. Die App zur Altersüberprüfung soll zunächst in einer Pilotphase in Dänemark, Frankreich, Griechenland, Italien und Spanien getestet werden. Die EU-Mitgliedstaaten können demnach den Prototyp an ihre nationalen Bedürfnisse anpassen.

Exekutiv-Vizepräsidentin Virkkunen: "Überaus wichtig, dass unsere Kinder und Jugendlichen im Internet sicher sind"

Henna Virkkunen, Exekutiv-Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, zuständig für technologische Souveränität, Sicherheit und Demokratie, sagte dazu:

"Für die Kommission ist es überaus wichtig, dafür zu sorgen, dass unsere Kinder und Jugendlichen im Internet sicher sind. In Verbindung mit dem neuen Konzept der Altersüberprüfung stellen die Leitlinien zum Schutz Minderjähriger auf Online-Plattformen in dieser Hinsicht einen gewaltigen Schritt nach vorn dar. Plattformen werden nun keine Ausrede mehr dafür haben, an Praktiken festzuhalten, die Kinder in Gefahr bringen."

Leitlinien zum Schutz Minderjähriger

Die Leitlinien zum Schutz Minderjähriger sollen ein hohes Maß an Privatsphäre und Sicherheit auf Online-Plattformen für Kinder sicherstellen. Sie sind das Ergebnis einer inklusiven und umfassenden Konsultationsphase, in die auch junge Menschen mit einbezogen wurden.

Die Leitlinien enthalten unter anderem Empfehlungen zu folgenden 4 Punkten:

  • Suchterzeugende Gestaltung vermeiden: 
    Minderjährige sind nach Angaben der Kommission besonders anfällig für Praktiken, die Suchtverhalten fördern können. Die Leitlinien sehen vor, dass Minderjährige solchen Praktiken weniger ausgesetzt sind und Funktionsmerkmale deaktiviert werden sollten, die eine übermäßige Nutzung von Online-Diensten fördern, wie beispielsweise Visualisierungen häufig ausgeführter Tätigkeiten (Englisch: "Streaks") und "Lesebestätigungen" für Nachrichten.
  • Cybermobbing verhindern: 
    In den Leitlinien ist die Empfehlung enthalten, dass Minderjährige die Möglichkeit haben sollten, Nutzerinnen und Nutzer zu sperren oder stumm zu schalten, damit sie nicht ohne ihre ausdrückliche Zustimmung in Gruppen aufgenommen werden können. Ein Verbot, von Minderjährigen eingestellte Inhalte herunterzuladen oder "Screenshots" davon zu machen, soll die Verbreitung sexualisierter oder intimer Inhalte verhindern.
  • Schädliche Inhalte nicht anzeigen: 
    Die Leitlinien sollen jungen Nutzerinnen und Nutzern mehr Kontrolle darüber verschaffen, was sie zu sehen bekommen. Außerdem sollen Online-Plattformen aufgefordert werden, ausdrücklichen Rückmeldungen der Nutzerinnen und Nutzer Vorrang einzuräumen, anstatt sich auf die Verfolgung ihrer Internetnutzung zu verlassen. Wenn eine junge Nutzerin oder ein junger Nutzer angibt, dass er eine bestimmte Art von Inhalten nicht sehen möchte, sollten ihm solche Inhalte nicht erneut empfohlen werden.
  • Gefahr unerwünschter Kontaktaufnahmen durch Fremde verringern: 
    In den Leitlinien wird empfohlen, dass Plattformen die Konten minderjähriger Nutzerinnen und Nutzer standardmäßig auf "privat" einstellen, damit sie für andere Anwenderinnen und Anwender, die nicht ihrer Freundesliste stehen, nicht sichtbar sind, um das Risiko einer Online-Kontaktaufnahme durch Fremde so gering wie möglich zu halten.

Ebenso wie das Gesetz über digitale Dienste beruhen die Leitlinien auf einem risikobasierten Ansatz, wonach Online-Plattformen je nach Art, Größe, Zweck und Nutzerbasis unterschiedliche Arten von Risiken für Minderjährige darstellen können. Die Online-Plattformen sollten sicherstellen, dass die von ihnen ergriffenen Maßnahmen angemessen sind und diese die Rechte der Kinder nicht unverhältnismäßig oder unangemessen einschränken.

App-Prototyp zur Altersüberprüfung

Nach Angaben der Europäischen Kommission ist der entwickelte Prototyp der App zur Altersüberprüfung  benutzerinnen- und benutzerfreundlich, schützt die Privatsphäre und soll neue Standards für die Altersfeststellung im Internet setzen. Mit der Softwarelösung sollen Nutzerinnen und Nutzer beispielsweise beim Zugang zu beschränkten Online-Inhalten für Erwachsene leicht nachweisen können, dass sie über 18 Jahre alt sind, ohne die volle Kontrolle über alle anderen personenbezogenen Informationen wie das genaue Alter oder die genaue Identität der Nutzerin beziehungsweise des Nutzers aus der Hand zu geben. Auf diesem Weg soll sichergestellt werden, dass niemand verfolgen, sehen oder rekonstruieren kann, welche Inhalte einzelnen Nutzerinnen und Nutzern angezeigt werden.

Die Überprüfungs-App soll im Rahmen einer Pilotphase in Zusammenarbeit mit den EU-Mitgliedstaaten, Online-Plattformen und Endnutzerinnen und Endnutzern getestet und weiter angepasst werden. Die Vorreiter – Dänemark, Griechenland, Spanien, Frankreich und Italien – sollen als erste die technische Lösung verwenden können; die App soll aber auch als "Blueprint" ("Blaupause") für andere EU-Mitgliedstaaten dienen. Der Prototyp ist in eine nationale App integrierbar oder als eigenständige App verwendbar.

In den Leitlinien zum Schutz Minderjähriger ist dargelegt, wann und wie Online-Plattformen das Alter ihrer Nutzerinnen und Nutzer überprüfen sollten. Empfohlen wird eine Altersüberprüfung auf Plattformen mit nicht jugendfreien Inhalten und auf anderen Plattformen, die ein hohes Risiko für die Sicherheit Minderjähriger darstellen. Laut den Leitlinien sollten die Methoden der Altersfeststellung genau, verlässlich, robust, unaufdringlich und diskriminierungsfrei sein.

Hintergrund: Entwicklung des Konzepts der Altersüberprüfung

Die Ausarbeitung der Leitlinien zum Schutz Minderjähriger erfolgte in einem umfassenden Prozess. Dieser umfasste Untersuchungen, Rückmeldungen auf eine Aufforderung zur Stellungnahme, Workshops mit Interessenträgerinnen und Interessenträgern im Oktober 2024 und Juni 2025, die Einbeziehung von Expertinnen und Experten sowie eine gezielte öffentliche Konsultation.

Die Entwicklung des Konzepts der Altersüberprüfung bildet die Grundlage für eine künftige umfassendere Einführung altersgerechter Dienste und beruht auf denselben technischen Spezifikationen wie die europäische Brieftaschen für die digitale Identität (Englisch: "European Digital Identity", kurz: eID), die bis Ende 2026 eingeführt werden sollen. Es gewährleistet die Kompatibilität zwischen beiden und ermöglicht die Integration der Funktion der Altersüberprüfung in die künftigen eID-Brieftaschen.

Die Leitlinien und das Konzept der Altersüberprüfung bauen auf den Diskussionen in der Arbeitsgruppe zum Schutz Minderjähriger auf, die Teil des Europäischen Gremiums für digitale Dienste (Englisch: "European Board for Digital Services“, kurz: EBDS) ist. Beide Arbeitsgruppen unterstützen die Tätigkeit der Europäischen Kommission im Bereich des Kinder- und Jugendschutzes im Internet im Rahmen der Strategie für ein besseres Internet für Kinder, der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste und von künftigen Initiativen wie dem Rechtsakt über digitale Fairness.

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