Europäische Kommission veröffentlicht Bericht zur Rechtsstaatlichkeit in der EU 2025

6. Ausgabe zeigt: Positiver Trend zur Umsetzung wichtiger Reformen erkennbar

Statuette der Themis, Göttin der göttlichen Gerechtigkeit
Foto: European Union

Die Europäische Kommission veröffentlichte am 8. Juli 2025 ihren 6. jährlichen Bericht über die Rechtsstaatlichkeit. Es handelt sich um den 1. Bericht im Rahmen des neuen Mandats der Kommission von 2024 bis 2029. Der diesjährige Bericht befasst sich – wie bereits im Jahr 2024 – nicht nur mit den 27 EU-Mitgliedstaaten, sondern behandelt auch die Entwicklung in den 4 EU-Beitrittskandidatenländern Albanien, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien. Zudem wird verstärkt auf die Binnenmarktdimension der Rechtsstaatlichkeit eingegangen.

Der Bericht zur Rechtsstaatlichkeit 2025 bestätigt, dass es in vielen EU-Mitgliedstaaten einen positiven Trend gibt, da wichtige Reformen in den Schlüsselbereichen des Berichts – Justizsysteme, Rahmen für die Korruptionsbekämpfung, Freiheit und Pluralismus der Medien, institutionelle Gewaltenteilung – eingeleitet worden sind, während nach Angaben der EU-Kommission weiterhin Herausforderungen in den EU-Mitgliedstaaten bestehen und die Lage in einigen davon ernst sei.

Henna Virkunnen, Exekutiv-Vizepräsidentin der Europäischen Kommission: "Die Achtung der Rechtsstaatlichkeit ist einzige Option"

Henna Virkunnen, Exekutiv-Vizepräsidentin der Kommission und für technologische Souveränität, Sicherheit und Demokratie zuständig, erklärte dazu:

"Eines ist ganz klar, die Rechtsstaatlichkeit ist ein Eckpfeiler unserer Demokratien. Sie ist aber auch unerlässlich für die Zukunft unserer Volkswirtschaften und für die Sicherheit Europas. Indem wir unsere Instrumente wie den Bericht über die Rechtsstaatlichkeit gezielt nutzen, verteidigen wir nicht nur unsere Grundwerte, sondern schaffen auch Vertrauen, ziehen Investitionen an und fördern das Wachstum. Die Achtung der Rechtsstaatlichkeit ist nicht eine Option unter vielen – sie ist die einzige Option."

Der Bericht über die Rechtsstaatlichkeit der EU 2025 deckt die folgenden 4 Hauptthemen ab:

1. Justizsysteme

Im Jahr 2024 haben mehrere EU-Mitgliedstaaten Justizreformen zur Stärkung der richterlichen Unabhängigkeit, der Staatsanwaltschaften sowie zur Verbesserung von Qualität und Effizienz der Justiz umgesetzt. Gleichzeitig bestehen weiterhin wesentliche Herausforderungen durch Ressourcenmangel, was Qualität und Effizienz der Justiz beeinträchtigen kann. In den Erweiterungsländern gibt es fortgesetzte Bemühungen zur Umsetzung von Justizreformen, jedoch gilt es insbesondere in diesen Staaten, unzulässigen Einflussnahmen und Versuchen, die Unabhängigkeit von Richterinnen und Richtern zu untergraben, Einhalt zu gebieten.

2. Rahmen für die Korruptionsbekämpfung

Aus dem Bericht geht hervor, dass mehrere EU-Mitgliedstaaten neue Strategien zur Korruptionsbekämpfung entwickelt und ihre Institutionen diesbezüglich gestärkt haben. Nach Angaben des Berichts braucht es jedoch weitere Maßnahmen und eine Aufstockung von Ressourcen in den Bereichen Prävention, Aufklärung und Verfolgung. In den Erweiterungsländern wurden laut Bericht die rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen gestärkt, wohingegen die Untersuchung, Verfolgung und Ahndung von Korruptionsfällen weiter verbessert werden müsse, so die EU-Kommission. Laut den Ergebnissen einer Eurobarometer-Umfrage über die Einstellung von Bürgerinnen und Bürgern zur Korruptionsbekämpfung in der EU, die im Juli 2025 parallel zum Rechtsstaatlichkeitsbericht veröffentlicht wurde, halten die meisten Europäerinnen und Europäer Korruption für "inakzeptabel": 64 Prozent der Befragten in den EU-Mitgliedstaaten beziehungsweise 54 Prozent der Befragten in Österreich sind demnach dieser Meinung.

3. Freiheit und Pluralismus der Medien

Nach Angaben des Berichts reformieren die EU-Mitgliedstaaten ihre Gesetze im Einklang mit dem Europäischen Medienfreiheitsgesetz , stärken öffentlich-rechtliche Medien (Unabhängigkeit, Finanzierung) und verbessern laufend Schutzmaßnahmen für Journalistinnen und Journalisten.

Darüber hinaus erweitern einige nationale Medienregulierungsstellen ihre Zuständigkeiten, um dem Gesetz über digitale Dienste  zu entsprechen. Laut Europäischer Kommission sind weitere Maßnahmen erforderlich, um die Transparenz von Eigentumsverhältnissen im Mediensektor zu erhöhen. Zudem sind bei der Vergabe staatlicher Werbeaufträge Transparenz und Fairness zu gewährleisten.  In den 4 untersuchten Erweiterungsländern besteht Besorgnis hinsichtlich der Politisierung der Medienregulierungsstellen, politischer Einflussnahme und der finanziellen Stabilität der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, so der Bericht.

4. Institutionelle Gewaltenteilung

In mehreren EU-Mitgliedstaaten laufen – unter Einbindung der Zivilgesellschaft – Reformen zur Stärkung der Gewaltenteilung.

In einigen Mitgliedstaaten stünden Organisationen der Zivilgesellschaft vor großen Herausforderungen und würden übermäßigen finanziellen Einschränkungen oder Kontrollen unterliegen, so die Kommission. 

In den 4 Erweiterungsländern bestehen laut Bericht Defizite bei der Wirksamkeit öffentlicher Konsultationen bei Gesetzgebungsverfahren sowie der systematischen Weiterverfolgung in der Umsetzung von Empfehlungen unabhängiger Gremien wie Ombudspersonen.

Binnenmarktdimension

Der Bericht hebt hervor, dass eine effiziente Justiz, wirksame Korruptionsbekämpfung, transparente Medien und verlässliche Gesetzgebung das Vertrauen von Unternehmen stärken und Investitionen fördern. Wichtige Faktoren sind dabei spezialisierte Handelsgerichte, die Durchsetzung gerichtlicher Entscheidungen, transparente Vergabeverfahren sowie ein berechenbarer regulatorischer Rahmen. Rechtsstaatliche Defizite könnten, so die EU-Kommission, hingegen das wirtschaftliche Umfeld spürbar beeinträchtigen.

Die nächsten Schritte

Die Europäische Kommission plant mehrere Maßnahmen zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit in der EU. Sie ruft das Europäische Parlament und den Rat dazu auf, die allgemeinen und länderspezifischen Diskussionen auf Grundlage des Berichts fortzusetzen und die Empfehlungen gezielt weiterzuverfolgen. Gleichzeitig werden nationale Parlamente, die Zivilgesellschaft und weitere Interessenträgerinnen und -träger dazu ermutigt, den Dialog über Rechtsstaatlichkeit – sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene – unter verstärkter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger weiterzuführen. Die EU-Mitgliedstaaten werden aufgefordert, die im Bericht benannten Herausforderungen aktiv anzugehen. Die Europäische Kommission bietet ihre Unterstützung bei der Umsetzung der Empfehlungen an.

Für die Erweiterungsländer wird die EU-Kommission die identifizierten Herausforderungen in künftigen Jahresberichten weiterverfolgen und entsprechend dem Vorbereitungsgrad im Beitrittsprozess auch neue Länder in den Bericht aufnehmen.

Hintergrund: Der jährliche Bericht über die Rechtsstaatlichkeit der EU

Der jährliche Bericht über die Rechtsstaatlichkeit ist das Ergebnis eines intensiven Dialogs mit den nationalen Behörden und Interessenträgerinnen und Interessenträgern. Der Bericht inkludiert alle EU-Mitgliedstaaten sowie 4 Erweiterungsländer auf der Grundlage einer einheitlichen und transparenten Methodik.
Der Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2025 umfasst:

  • Eine Mitteilung, in der die Lage in der EU insgesamt untersucht wird;
  • 27 Länderkapitel zu den wesentlichen Entwicklungen in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten;
  • 4 Länderkapitel zu den Entwicklungen in den ausgewählten 4 Erweiterungsländern; 
  • Teil des Berichts sind auch eine Bewertung der Empfehlungen an die EU-Mitgliedstaaten aus dem Jahr 2024 sowie, darauf basierend, erneut konkrete Empfehlungen an alle EU-Mitgliedstaaten.

Seit 2020 haben mehrere neue EU-Initiativen auf der Grundlage der Ergebnisse der Überwachung im Rahmen dieses Berichts gemeinsame Standards in für die Rechtsstaatlichkeit unmittelbar relevanten Bereichen angehoben: Dazu zählen das Europäische Medienfreiheitsgesetz und das Antikorruptionspaket.

Die Aufnahme der Erweiterungsländer in den Bericht über die Rechtsstaatlichkeit seit 2024 spiegelt die erzielten Fortschritte von Albanien, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien wider und unterstützt die Reformbemühungen dieser Länder – zur Erreichung und Beibehaltung von Bemühungen in den Bereichen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. In den politischen Leitlinien der Europäischen Kommission (2024 bis 2029) kommt zum Ausdruck, dass weitere Beitrittsländer – sobald diese bereit sind – in den Bericht aufgenommen werden können.

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