Europäische Kommission legt Sicherheitsstrategie "ProtectEU" vor

Neue hybride Bedrohungen bekommen neue sicherheitspolitische Maßnahmen der EU entgegengesetzt – Cyberattacken, Terrorismus oder Menschenhandel: Umfassende Maßnahmen stellen die innere Sicherheit und die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt – EU-Kommissar Brunner: "Veränderte Denkweise angesichts sich wandelnder Bedrohungslage notwendig"

2 polnische Polizisten in einer Allee während des Lockdowns
Foto: EC - Audiovisual Service, Bartosz Siedlik

Am 2. April 2025 präsentierte die Europäische Kommission die Strategie "ProtectEU – eine Europäische Strategie für die innere Sicherheit". Diese soll den EU-Mitgliedstaaten dabei helfen, die innere Sicherheit für die eigene Bevölkerung zu gewährleisten. Die Strategie beinhaltet unter anderem einen Arbeitsplan für die kommenden Jahre, in dem eine Verschärfung rechtlicher Instrumentarien, ein verbesserter Informationsaustausch und stärkere Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten vorgesehen sind. 

Die Neu-Evaluation der inneren Sicherheit Europas wurde nach Angaben der Kommission vor dem Hintergrund einer veränderten geopolitischen Weltlage notwendig: Hybride Bedrohungen, aber auch organisierte Kriminalität und deren Netzwerke sowie Terrorismus, die sich verstärkt im Online-Bereich bewegen, prägen die aktuelle Sicherheitslage.

Kommissionspräsidentin von der Leyen: "Sicherheit Voraussetzung für eine florierende Wirtschaft"

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte anlässlich der Vorstellung der Strategie "ProtectEU": 

"Sicherheit ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für offene und lebendige Gesellschaften und eine florierende Wirtschaft. Deshalb bringen wir eine wichtige Initiative auf den Weg, um Sicherheitsbedrohungen wie Terrorismus, organisierte Kriminalität, zunehmende Cyberkriminalität und Angriffe auf unsere kritische Infrastruktur besser zu bewältigen. Wir werden Europol stärken und der Strafverfolgung zeitgemäße Instrumente zur Kriminalitätsbekämpfung an die Hand geben. Aber auch Forscherinnen und Forscher, Unternehmen und sogar die Bürgerinnen und Bürger können zu mehr Sicherheit für alle beitragen."

Magnus Brunner, EU-Kommissar für Inneres und Migration, ergänzte:

"In der heutigen sich rasch wandelnden Bedrohungslage lautet der Auftrag: Sicherheit. Das erfordert eine veränderte Denkweise. Die 'ProtectEU'-Strategie wird dazu beitragen, eine neue Sicherheitskultur in der EU zu fördern und uns mit besseren Mitteln auszustatten, um Bedrohungen für unsere innere Sicherheit zu antizipieren, ihnen vorzubeugen und darauf zu reagieren."

Ziele und Maßnahmen der Strategie

In der europäischen Gesamtschau stellt die Strategie "ProtectEU" eine Ergänzung zur "Strategie für eine krisenfeste Union" sowie zum "Weißbuch zur europäischen Verteidigung" dar. Im Folgenden werden die zentralen Ziele und Maßnahmen von "ProtectEU – eine Europäische Strategie für die innere Sicherheit" im Detail aufgezeigt: 

  • Neue europäische Governance-Struktur für die innere Sicherheit
    • Kommissionsinitiativen sind von Anfang an und während des gesamten Verhandlungsprozesses auf ihre sicherheitspolitischen Auswirkungen hin zu evaluieren.
    • Regelmäßige Bedrohungsanalysen.
    • Eine regelmäßige Berichterstattung an das Europäische Parlament und den Rat der EU soll die Umsetzung und Nachvollziehbarkeit wichtiger Initiativen unterstützen. 
  • Antizipieren von Bedrohungen
    • Verschiedene Bedrohungs- und Risikoanalysen sollen Einsicht in Bedrohungen der inneren Sicherheit innerhalb der Europäischen Union geben.
    • Die EU-Mitgliedstaaten sollen Erkenntnisse mittels eines Einheitlichen Analyseverfahrens (Englisch: "Single Intelligence Analysis Capacity", kurz: SIAC) verstärkt untereinander weitergeben.
    • Besserer Informationsaustausch zwischen EU-Mitgliedstaaten, Agenturen und Institutionen der EU.
  • Bessere Instrumente bei der Strafverfolgung und stärkere Agenturen in der Justiz sowie im Bereich Inneres
    • Die EU strebt eine bessere Abwehr gegen hybride Bedrohungen an, indem kritische Infrastrukturen besser geschützt, die Cybersicherheit gestärkt und Online-Bedrohungen bekämpft werden.
    • Die Richtlinie über die Resilienz kritischer Einrichtungen und die Richtlinie über Maßnahmen für ein hohes gemeinsames Cybersicherheitsniveau in der Union sollen von den Mitgliedstaaten vollständig umgesetzt werden.
    • Ein neuer Rechtsakt zu Cybersicherheit und Maßnahmen zur Sicherung von Cloud- und Telekommunikationsdiensten sowie zur Entwicklung technologischer Souveränität sollen eingeführt werden.
    • Im Bereich der Verringerung der Abhängigkeiten von einzelnen ausländischen Lieferanten sollten Maßnahmen umgesetzt werden, insbesondere auch zur Reduzierung von Abhängigkeiten von Hochrisikolieferanten.
    • Vergabevorschriften sollen überarbeitet werden.
    • Verkehrsknotenpunkte sollen durch eine Strategie für die Häfen der EU sicherer gemacht werden.
    • Ein neues Meldesystem soll Luftsicherheit, Verkehr und Lieferketten stärken.
    • Ein Aktionsplan zur Abwehr chemischer, biologischer, radiologischer und nuklearer Bedrohungen soll eingeführt werden. 
  • Bekämpfung schwerer und organisierter Kriminalität
    • Neuer Rechtsrahmen, um organisierte Kriminalität mit strengeren Vorschriften zu bekämpfen.
    • Neue Rechtsnormen gegen unerlaubten Handel mit Feuerwaffen.
    • Neue EU-Strategien gegen Menschenhandel und für Opferrechte.
    • Neue Strategie und Aktionsplan zur Bekämpfung von Drogen und deren Handel.
    • Aktionsplan zum Schutz von Kindern vor Kriminalität.
    • Stärkung des "Follow the Money"-Ansatzes, um bei der Strafverfolgung Finanzströme stärker in den Fokus zu nehmen. 
  • Bekämpfung von Terrorismus und gewaltbereitem Extremismus
    • Neue EU-Agenda zur Prävention und Bekämpfung von gewalttätigem Extremismus und Terrorismus.
    • Neuer Instrumentenkoffer, um Radikalisierung zu verhindern.
    • Machbarkeitsstudie für ein neues EU-weites System zum Aufspüren von Terrorismusfinanzierung.
  • EU als globale Sicherheitsakteurin
    • Stärkung der Partnerschaften mit wichtigen Regionen wie Südamerika oder dem Mittelmeerraum.
    • Internationale Abkommen mit Europol und Eurojust, um unter anderem gemeinsame Einsatzteams mit Strafverfolgungsbehörden bereitzustellen.
    • Informationsaustausch mit vertrauenswürdigen Drittländern forcieren.
    • Visa-Aussetzungsmechanismen überarbeiten und in der zukünftigen Visa-Strategie Sicherheitsbedenken berücksichtigen.

Hintergrund: "ProtectEU – eine Europäische Strategie für die innere Sicherheit"

Die Strategie "ProtectEU" basiert unter anderem auf dem von Europol verfassten Bericht "Bewertung der Bedrohungslage im Bereich der schweren und organisierten Kriminalität" (auf Englisch: "EU Serious and Organised Crime Threat Assessment", kurz: EU-SOCTA). Darin werden Kriminalitätsbereiche analysiert, mit denen die EU in den nächsten 4 Jahren konfrontiert sein wird. 
 

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