Europäische Kommission schlägt Richtlinie zur Mindestbesteuerung multinationaler Konzerne vor

Konzerne mit jährlichen Gesamterträgen von mehr als 750 Millionen Euro sollen künftig mit einem Mindeststeuersatz von 15 Prozent belegt werden – Die EU erfüllt damit eine im Oktober 2021 erzielte Einigung über eine globale Mindeststeuer auf Konzerngewinne zwischen 137 Ländern

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Die Europäische Kommission hat am 22. Dezember 2022 eine Richtlinie vorgeschlagen, die eine effektive Mindestbesteuerung der weltweiten Tätigkeiten multinationaler Konzerne sicherstellen soll. Damit sollen alle großen Konzerne, die in der EU tätig sind, mit einem globalen effektiven Mindeststeuersatz von 15 Prozent besteuert werden. Mit dem Vorschlag löst die EU ihre Zusage ein, die historische Vereinbarung über eine globale Steuerreform zwischen 137 Ländern und Gebieten vom Oktober 2021 umzusetzen, deren Ziel ein fairer, transparenter und stabiler Rahmen für die internationale Unternehmensbesteuerung ist. Die vorgeschlagenen Vorschriften gelten für alle großen Konzerne (unabhängig davon, ob sie auf rein nationaler oder auf internationaler Ebene tätig sind), deren jährliche Gesamterträge mehr als 750 Millionen Euro betragen und die entweder eine Muttergesellschaft oder eine Tochtergesellschaft in einem EU-Mitgliedstaat haben.  

Kommissions-Vizepräsident Dombrovskis: "Wichtiger Schritt nach vorn, um unsere Agenda für eine faire Besteuerung zu erfüllen" 

Kommissions-Vizepräsident und EU-Kommissar für Wirtschaft, Valdis Dombrovskis, erklärte dazu: "Indem wir der weitreichenden OECD-Vereinbarung rasch nachkommen, leistet Europa seinen Teil bei der Schaffung eines gerechteren globalen Systems für die Unternehmensbesteuerung. Dies ist besonders wichtig in einer Zeit, in der wir die öffentlichen Mittel für faires und nachhaltiges Wachstum und ebensolche Investitionen erhöhen und auch den öffentlichen Finanzierungsbedarf decken müssen – sowohl für die Bewältigung der Folgen der Pandemie als auch für die Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels." Des Weiteren werde die Umsetzung der OECD-Vereinbarung über die effektive Mindestbesteuerung in das EU-Recht "entscheidend für die Bekämpfung von Steuervermeidung und -hinterziehung sein, während gleichzeitig einer Konkurrenz um die niedrigsten Steuersätze mit einem ungesunden Steuerwettbewerb zwischen den Ländern vorgebeugt wird. Es ist ein wichtiger Schritt nach vorn, um unsere Agenda für eine faire Besteuerung zu erfüllen", so Dombrovskis.  

Der EU-Kommissar für Wirtschaft und Währung, Paolo Gentiloni, ergänzte: "Im Oktober dieses Jahres haben 137 Länder eine historische multilaterale Vereinbarung zur Umgestaltung der globalen Unternehmensbesteuerung unterstützt, damit seit langem bestehende Ungerechtigkeiten ausgeräumt werden und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit gewahrt wird. Gerade einmal 2 Monate später unternehmen wir den ersten Schritt, um den Wettbewerb um die niedrigsten Steuersätze zu beenden, der der Europäischen Union und ihren Volkswirtschaften schadet. Mit der von uns vorgeschlagenen Richtlinie wird sichergestellt, dass der neue effektive Mindeststeuersatz von 15 Prozent für Großunternehmen in einer Weise angewandt wird, die voll und ganz mit dem EU-Recht vereinbar ist. Als weiteren Schritt werden wir im kommenden Sommer eine zweite Richtlinie zur Umsetzung der anderen Säule der Vereinbarung – die Neuzuweisung von Besteuerungsrechten – vorlegen, sobald das entsprechende multilaterale Übereinkommen unterzeichnet wurde. Die Europäische Kommission hat sich mit aller Kraft dafür eingesetzt, den Abschluss dieses Abkommens voranzubringen, und ich bin stolz, dass wir bei seiner globalen Umsetzung an der Spitze stehen." 

Ausnahme für Einkünfte bis zu einem bestimmten Betrag

Für den Fall, dass der effektive Mindeststeuersatz nicht von dem Land angewandt wird, in dem ein niedrig besteuertes Unternehmen ansässig ist, kann der Mitgliedstaat der Muttergesellschaft gemäß den neuen Bestimmungen eine "Top-up-Steuer" erheben. Der Vorschlag gewährleistet auch die effektive Besteuerung in Fällen, in denen die Muttergesellschaft ihren Sitz außerhalb der EU in einem Niedrigsteuerland hat, das keine gleichwertigen Vorschriften anwendet. Des Weiteren ist in den Vorschriften eine Ausnahme für Einkünfte bis zu einem bestimmten Betrag vorgesehen, um die Befolgungskosten zu reduzieren. Demnach wird auf die in einem Gebiet erwirtschafteten Erträge und Gewinne eines Konzerns, die einen bestimmten Mindestbetrag nicht übersteigen, keine Top-up-Steuer erhoben, auch wenn der effektive Steuersatz unter 15 Prozent liegt. 

Die nächsten Schritte

Die Europäische Kommission sieht vor, bis Ende 2023 auch einen neuen Rahmen für die Unternehmensbesteuerung in der EU zu veröffentlichen. Dadurch sollen der Verwaltungsaufwand für Unternehmen, die in mehreren EU-Mitgliedstaaten tätig sind, reduziert sowie steuerliche Hindernisse beseitigt und ein unternehmensfreundlicheres Umfeld im Binnenmarkt geschaffen werden.

Hintergrund: Einigung zwischen OECD und G20 auf Mindestbesteuerung von Konzerngewinnen

Die Mindestbesteuerung von Unternehmen ist einer der beiden Arbeitsbereiche, mit denen sich die Mitglieder des Inklusiven Rahmens der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der "Gruppe der Zwanzig" (kurz G20, seit 1999 bestehender informeller Zusammenschluss aus 19 Staaten und der Europäischen Union, welcher die wichtigsten Industrie- und Schwellenländer repräsentiert) befasst haben. Diese Arbeitsgruppe, in der 141 Länder und Gebiete vertreten sind, konzentrierte sich auf einen Zwei-Säulen-Ansatz zur Bewältigung der steuerlichen Herausforderungen der digitalen Wirtschaft. Sie erarbeitete eine globale, einvernehmliche Lösung zur Reform des internationalen Rahmens für die Unternehmensbesteuerung, die im Oktober 2021 in einer globalen Einigung zwischen 137 Ländern und Gebieten ihren Abschluss fand. Im Fokus der Diskussionen standen 2 allgemeine Themen:  

  • Säule 1: die teilweise Neuzuordnung der Besteuerungsrechte,
  • Säule 2: die Mindestbesteuerung der Gewinne multinationaler Unternehmen.

Getreu ihrer Zusagen setzt die Kommission die Säule 2 der globalen Vereinbarung nun um, sodass die globale effektive Mindestbesteuerung in der EU ansässiger großer Konzerne Realität wird. Die Kommission wird 2022 einen entsprechenden Vorschlag zur Neuzuweisung von Besteuerungsrechten vorlegen, sobald die technischen Aspekte des multilateralen Übereinkommens geklärt sein werden.

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