Veranstaltung "Frauen und Finanzbildung" zur Nationalen Finanzbildungsstrategie

Expertinnenrunde im Bundesministerium für Finanzen zur Finanzbildung – Finanzminister Brunner: "Kluger Umgang mit Geld ist die Grundlage für eine nachhaltige Lebensführung" – Nationale Finanzbildungsstrategie ist im österreichischen EU-Aufbauplan verankert

Finanz im Dialog: "Frauen und Finanzbildung"

Unter dem Titel "Frauen und Finanzbildung" lud Finanzminister Magnus Brunner am 4. November 2022 zu einer hochkarätig besetzten Veranstaltung im Rahmen der Reihe "Finanzbildung im Dialog" in das Dachgeschoß des Finanzministeriums. Auf dem Podium diskutierte Brunner mit Bettina Fuhrmann, Universitätsprofessorin an der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien, Andrea Herrmann, Finanzvorständin der Wiener Börse AG, und Valerie Hackl, Geschäftsführerin von Austro Control GmbH.

Vor dem Hintergrund, dass zwei Drittel aller armutsgefährdeten Personen Frauen sind, die Pensionshöhe für Männer im Schnitt höher ausfällt und der "Gender Pay Gap" in Österreich bei 19 Prozent liegt, fand ein Austausch über signifikante Unterschiede zwischen Männern und Frauen in Bezug auf Finanzbildung sowie mögliche Lösungsstrategien statt.

Finanzminister Brunner betonte eingangs: "Es heißt immer, über Geld spricht man nicht. Aber sollte man nicht gerade in Zeiten von hoher Inflation und Teuerungen genau darüber sprechen? Ein kluger Umgang mit Geld ist schließlich die Grundlage für eine nachhaltige Lebensführung. Mit guter Finanzbildung kann man fundierte Entscheidungen in täglichen Konsumfragen treffen, mit dem persönlich verfügbaren Budget besser haushalten und auch Vorsorge- und Sparprodukte einordnen und für sich nutzen. Frauen fühlen sich jedoch in Finanzfragen oft weniger gut informiert. Deshalb ist es mir besonders wichtig, hier einen Fokus zu setzen, um dieses Ungleichgewicht auszugleichen. Unser Ziel ist, dass Frauen in Finanzfragen ein größeres Selbstbewusstsein aufbauen und sich fit und informiert fühlen, um eigene nachhaltige Finanzentscheidungen unabhängig treffen zu können."

Berufswahl, Erwerbsunterbrechungen, Teilzeit und unbezahlte (Care-)Arbeit

Universitätsprofessorin Bettina Fuhrmann sprach in ihrem Kurzimpuls über das Finanzverhalten von Frauen, das sich signifikant von jenem der Männer unterscheide, und zeigte dabei auf, dass zahlreiche Gründe dafür nicht zuletzt auch in den Erwerbsbiografien liegen würden, sprich, bei Berufswahl, Erwerbsunterbrechungen und Teilzeitarbeitsverhältnissen sowie unbezahlter (Care-)Arbeit. Diese würden dazu beitragen, dass Frauen häufig finanziell schlechter gestellt seien als Männer.

Aktien in Form von Fondsprodukten als renditestärkste Form der Anlage

Andrea Herrmann, Finanzvorständin der Wiener Börse AG, betonte in ihrem Vortrag, dass Frauen nicht nur über ein geringeres Finanzwissen, sondern vor allem über ein geringeres finanzielles Selbstvertrauen verfügen würden, das es zu stärken gelte. Man müsse sich von dem Mythos verabschieden, dass Anlegen nur auf "reiche" oder mathematisch besonders begabte Personen ausgerichtet sei. Bereits monatlich 50 bis 100 Euro würden zu einem regelmäßigen Vermögensaufbau signifikant beitragen. Als renditestärkste Form der Anlage empfahl Herrmann Aktien in Form von Fondsprodukten.

Finanzbildung bereits in der Elementarpädagogik notwendig

Im Rahmen der anschließenden Diskussionsrunde verwies Valerie Hackl, Geschäftsführerin der Austro Control GmbH, darauf, dass das Thema Finanzbildung bereits in der Elementarpädagogik besonders wichtig sei und auch das Elternhaus entscheidend dazu beitragen könne. Einig waren sich die Diskutantinnen darüber, dass man daher schon "bei den Kleinsten" ansetzen müsse. So würden bereits Mädchen 20 Prozent weniger Taschengeld als Buben bekommen. Wirtschaftliches Grundlagenwissen und eine umfassende Berufsberatung im Schulunterricht seien notwendig, um Mädchen auf dem Weg zur finanziellen Unabhängigkeit zu begleiten und Altersarmut vorzubeugen.

Unterschiedlichste Stakeholder mit gemeinsamer Zielrichtung

In einem abschließenden Stakeholder-Panel lieferten Doris Zingl vom Bankenverband, Claudia Prudic vom Verein "Wendepunkt", Alexandra Wolk von "Let's empower Austria" und Fiona Springer von der Finanzmarktaufsicht weitere Impulse und Anregungen – unter anderem, dass es bei Finanzbildung nicht nur darum gehe, dass Frauen ihr Geld investieren sollen, sondern vielmehr darum, Informationen und Wissen zu vermitteln, damit Frauen die finanziell gesehen "richtigen" Entscheidungen treffen. Gerade in ökonomisch herausfordernden Zeiten sei es wichtiger denn je, nicht darauf zu vertrauen, dass die Altersvorsorge aus der Partnerschaft komme.

Finanzminister Brunner: Ziel ist eine "breite Kompetenzvermittlung" in Finanzfragen

Mit der Nationalen Finanzbildungsstrategie sollen Wissenslücken der Bevölkerung in Finanz- und Geldbelangen geschlossen und damit Finanzentscheidungen durch konkrete Maßnahmen unterstützt werden. Die Maßnahmen richten sich nach 8 Lebensphasen:

  • Schule,
  • Weiterbildung,
  • erster Beruf,
  • Arbeitsleben,
  • erste große Anschaffung,
  • Vorsorgen für die Zukunft,
  • Familienleben,
  • Ruhestand.

Mit Stand Dezember 2022 wurden von öffentlichen und auch privaten Akteuren 90 Maßnahmen eingemeldet. Die Projekte reichen von Arbeitsblättern für Schülerinnen und Schüler über Schuldnerberatung bis hin zu "Green Finance", Informationen für Kleinanlegerinnen und -anleger sowie Börseninformationen für Lehrkräfte und Kurzvideos über die Aufgaben der Österreichischen Nationalbank (OeNB). "Ziel bleibt weiterhin eine breite Kompetenzvermittlung über den zielführenden Umgang mit den eigenen Finanzen, von der Kreditaufnahme bei gleichzeitigem Vermeiden von Konsumschulden bis hin zum persönlichen Vermögensaufbau", so Finanzminister Magnus Brunner.

Hintergrund: Nationale Finanzbildungsstrategie

Die im Herbst 2021 präsentierte Nationale Finanzbildungsstrategie ist im österreichischen EU-Aufbauplan in der Komponente 4 "Gerechter Aufbau", Subkomponente 4-D "Resilienz durch Reformen", verankert. Sie wurde vor dem Hintergrund ins Leben gerufen, dass Österreich Aufholbedarf im Bereich Finanzbildung hat. Die Erarbeitung der Nationalen Finanzbildungsstrategie war gemeinsam mit der Europäischen Kommission, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD, kurz für "Organization for Economic Co-operation and Development") unter Einbindung von rund 50 nationalen Institutionen (Stakeholdern) aus dem Bereich Finanzbildung erfolgt.

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